Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbehaltungs- und Abführungspflicht nur für Umsatzsteuer im unternehmerischen Bereich
Leitsatz (redaktionell)
Wegen des entgegenstehenden Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung kann die in § 51 Abs. 2 Satz 1 UStDV enthaltene Verpflichtung des Unternehmers zur Einbehaltung und Abführung der Umsatzsteuer nicht entsprechend der Auslegungsregel des Abschn. 233 Abs. 1 Satz 4 UStR 1996 auf Leistungsbezüge für dessen nichtunternehmerischen Bereich erstreckt werden.
Normenkette
UStG § 18 Abs. 8, § 13b Abs. 2 S. 2; UStDV § 51 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, §§ 54-55; GG Art. 20 Abs. 3; UStR Abschn. 233 Abs. 1 S. 4
Streitjahr(e)
1990
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist eine Haftungsinanspruchnahme des Klägers nach § 18 Abs. 8 Umsatzsteuergesetz (UStG) i.V.m. § 55 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in der im Streitjahr gültigen Fassung.
Der Kläger tätigte seit 1986 infolge Option steuerpflichtige Umsätze aus der Vermietung eines Wohnobjektes. Darüber hinaus erzielte er im Streitjahr ab dem 01.06.1990 aus seiner Tätigkeit „Erstellung von wissenschaftlichen Studien für Unternehmen U” Umsätze in Höhe von 211.193,00 DM.
Er erwarb im Streitjahr ein privates Einfamilienhaus in A-Stadt, an dem er umfangreiche Umbauten und Renovierungen vornehmen ließ. Für die Durchführung dieser Arbeiten erhielt er unter anderem zwei Rechnungen vom 20. und 25.10.1990 der A-Firma, B-Stadt, Niederlande, in denen Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 20.496,00 DM offen ausgewiesen war. Mit seiner Einkommensteuer-Erklärung 1990 machte er die in den Rechnungen ausgewiesenen Einzelpositionen als Anschaffungs- beziehungsweise Vorbezugskosten geltend.
Das seinerzeit für die Besteuerung des Klägers zuständige Finanzamt C-Stadt sah in der Tätigkeit der Firma A eine umsatzsteuerpflichtige Leistung eines nicht im Erhebungsgebiet ansässigen Unternehmers an dem Kläger. Daher sei der Kläger nach § 51 Abs. 1 Satz 1 UStDV als Leistungsempfänger und Unternehmer verpflichtet gewesen, die Umsatzsteuer von der Gegenleistung einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Die Pflicht zur Einbehaltung erstreckte sich gemäß Abschnitt 233 Abs. 2 Satz 3 Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 1992 (= Abschnitt 233 Abs. 1 Satz 4 UStR 1996) auch auf den nichtunternehmerischen Bereich des Klägers. Das Finanzamt erließ einen entsprechenden, auf § 18 Abs. 8 UStG i.V.m. § 55 UStDV gestützten Haftungsbescheid über 20.496,00 DM gegen den Kläger.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kläger gegen die zurückweisende Einspruchsentscheidung vom 19.02.1997 die vorliegende Klage erhoben, mit der er im Wesentlichen vorträgt:
Zu der Firma A habe nie ein Vertragsverhältnis bestanden und es sei auch nie eine Zahlung an diese geleistet worden.
Von der Maklerin seien ihm seinerzeit die Herren E und F als erfahren und zuverlässig empfohlen worden. Aus Zeitmangel und räumlicher Entfernung (damaliger Wohnsitz in D-Stadt, 250 km entfernt) sei Herr E mit der Planung und Koordinierung der Umbauarbeiten als Bauleiter beauftragt worden. Als solcher habe er den Auftrag gehabt, einen zuverlässigen Bauunternehmer, nämlich Herrn F, einzuschalten und Aufträge an ihn zu vergeben. Tatsächliche Grundlage aller Arbeiten sei das geänderte Angebot von Herrn E vom 12.09.1990 gewesen.
Die Herren E und F hätten mehrere Unternehmen unterhalten:
Firma G GmbH (G) in E-Stadt, Firma H (H) in B-Stadt, Niederlande, und -unter gleicher Anschrift und Telefonnummer- Firma A in B-Stadt, Niederlande. Bei der Abwicklung des Auftrages hätten die Herren E und F nicht strikt und für den Kläger nachvollziehbar dokumentiert, welche Leistungen von welchem Unternehmen erbracht worden seien. Der Kläger habe in der Korrespondenz häufig die Herren E und F persönlich angesprochen. Zahlungen habe er auf Grund der diversen ihm vorgelegten Rechnungen verschiedener Firmen ausschließlich auf inländische Konten, nämlich auf das Konto des Herrn E bei der I Bank in E-Stadt und auf das Konto - wie er allerdings erst im nachhinein erfahren habe - der H bei der J Bank in J-Stadt, oder bar an die Herren E und F geleistet.
Die Herren E und F hätten durch die ständige Betreuung des Bauvorhabens und als alleiniger Ansprechpartner des Klägers dokumentiert, dass sie diejenigen Tätigkeiten, welche sie unter den Firmen H und Firma A abgerechnet hätten, von ihren Büros in E-Stadt und C-Stadt aus geleitet hätten. Beide niederländischen Firmen hätten im Streitjahr infolgedessen Betriebsstätten in Deutschland unterhalten. Sie hätten dort feste Geschäftseinrichtungen gehabt, insbesondere das Büro der G in E-Stadt. Von der G sei die Firma A auch als „durch Fusion zu unserer Firmengruppe gehörend” bezeichnet worden (Rechnung vom 12.12.1990). Telefax-Verkehr sei vom Kläger über die Büros in E-Stadt und C-Stadt geführt worden. Die Firmen hätten über inländische Konten verfügt. Alle mündlichen Absprachen betreffend das Bauvorhaben seien vor Ort, auf der Baustelle, getroffen...