Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Umsatzsteuererstattungen als außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Umsatzsteuererstattungen für zurückliegende Jahre sowie die darauf entfallenden Erstattungszinsen, die aus der Entscheidung des EuGH zur Steuerfreiheit von Umsätzen aus Geldspielerlösen resultieren, sind nicht als tarifbegünstigte außerordentliche Einkünfte aus der Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zu behandeln.
- § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ist bei Gewinneinkünften bilanzierender Stpfl. grundsätzlich nicht anwendbar.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 34 Abs. 2 Nr. 4; AO § 233a
Streitjahr(e)
2005
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Umsatzsteuererstattungen als außerordentliche Einkünfte i. S. § 34 Einkommensteuergesetz (EStG).
Der Kläger einen Spielsalon. Für die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb ist der Beklagte zuständig. In seiner Feststellungserklärung für 2005 erklärte der Kläger einen Gewinn in Höhe von 350.224,40 EUR. Darin enthalten ist die Erstattung von Umsatzsteuer der Jahre 1996 bis 2002 in Höhe von 295.338,35 EUR sowie Zinserträge nach § 233a Abgabenordnung (AO) in Höhe von 71.846,65 EUR, insgesamt 367.185,00 EUR.
Diese Erstattungsbeträge beruhen auf einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach Umsätze aus Geldspielerlösen umsatzsteuerfrei sein sollen. Die hieraus resultierenden Steuererstattungen der Jahre 1996 bis 2002 wurden nach dem Ergehen des EuGH-Urteils 2005 ausgezahlt. Im Streitjahr ergab sich daraus ein Gewinn, der weit über den sonst vom Kläger erwirtschafteten Überschüssen lag. Ohne die Erstattung der Umsatzsteuer hätte der Kläger im Streitjahr mit der Betriebstätte in „A” einen Verlust erwirtschaftet.
Der Beklagte folgte der Feststellungserklärung und erließ am 7. Mai 2007 einen Gewinnfeststellungsbescheid für 2005 über 350.224,00 EUR. Den Einspruch des Klägers vom 15. Mai 2007 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 25. April 2008 als unbegründet zurück. Dagegen richtet sich die Klage.
Der Kläger trägt vor:
Bei den im Gewinn enthaltenen Steuererstattungen handele es sich um außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 24 EStG i.V.m. § 34 EStG. Die rückwirkende Korrektur der Umsatzsteuerfestsetzung habe auch ertragsteuerliche Folgen. Der Erstattungssaldo aus zu erstattender Umsatzsteuer und gegenzurechnender Vorsteuer stelle einen außerordentlichen Ertrag dar und erhöhe damit den ertragsteuerlichen Gewinn.
Der Kläger beantragt,
den Gewinnfeststellungsbescheid 2005 vom 7. Mai 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. April 2008 abzuändern und die in dem festgestellten Gewinn enthaltenen Einkünfte von 367.185,00 EUR als außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 EStG zu behandeln,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er trägt vor:
Nach § 34 EStG kämen als außerordentliche Einkünfte nur die „Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten” in Betracht. Es müsse ein irgendwie gearteter Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung bestehen, ein wirtschaftlicher Grund für die Zahlung vorhanden sein. Die Steuererstattungen würden keine Tätigkeit abgelten. Sie seien dem Kläger lediglich aufgrund einer geänderten Rechtsprechung der Gerichtsbarkeit zugeflossen, ohne dass er hierfür etwas habe tun müssen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Die erstattete Umsatzsteuer der Jahre 1996 bis 2002 und die darauf entfallenden Zinsen sind keine – tarifbegünstigten – außerordentlichen Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 3 Nr. 4 EStG.
Es bestehen bereits erhebliche Bedenken, ob § 34 EStG auf Gewinneinkünfte wie die des Klägers überhaupt Anwendung findet.
Zu § 34 Abs. 3 EStG a.F. hat der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 28.Juni 1973 IV R 77/70, BFHE 110, 34, BStBl II 1973, 729; vom 22.Mai 1975 IV R 33/72, BFHE 116, 136, BStBl II 1975, 765; vom 17. Februar 1993 I R 119/91, BFH/NV 1993, 593; jeweils m. w. N.) die Rechtsauffassung vertreten, dass diese Vorschrift bei Gewinneinkünften (§ 2 Abs.2 Nr.1 EStG), grundsätzlich unanwendbar ist (ebenso Seeger in Schmidt, EStG, 28. Aufl. 2009, § 34 Tz. 34). § 34 EStG erstrecke sich nur auf „außerordentliche Einkünfte”. So sei es z.B. bei einem Freiberufler nicht ungewöhnlich, dass er in einer Summe für eine mehrjährige Tätigkeit entlohnt werde. Wenn er ein berufsübliches Honorar für eine mehrjährige Tätigkeit erhalte, sei dieses nicht den außerordentlichen, sondern den übrigen Einkünften zuzuordnen, weil der Freiberufler typischerweise der Höhe nach schwankende Einnahmen und damit auch Einkünfte erziele (vgl. BFH-Urteile vom 10.Mai 1961 IV 170/58 U, BFHE 73, 236, BStBl III 1961, 354; vom 10.Mai 1961 IV 275/59 U, BFHE 73, 730, BStBl III 1961, 532; in BFHE 110, 34, BSt...