Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines aufgrund einer Verwechselung der Steuernummern für einen Herstellungsbetrieb erlassenen Gewerbesteuermessbescheids
Leitsatz (redaktionell)
- Eine bei Auswertung einer tatsächlichen Verständigung aufgrund der Verwechselung der Steuernummern für einen zweiten Gewerbebetrieb des Stpfl. vorgenommene Minderung des Gewerbesteuermessbetrags kann nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO rückgängig gemacht werden, da der Stpfl. seine Zustimmung zur Änderung des offenkundig fehlerhaften Bescheids nicht ohne Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verweigern kann.
- War dem Stpfl. die Rechtswidrigkeit des Bescheides bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt, kann er sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.
- Eine Änderung des fehlerhaften Bescheids nach § 129 AO ist nicht zulässig, wenn bereits bei dessen Erlass die Festsetzungsfrist abgelaufen war.
Normenkette
AO §§ 129, 169 Abs. 1 Sätze 1-2, § 172 Abs. 1 Nr. 2a, § 174 Abs. 2
Streitjahr(e)
1990
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger betrieb im Streitjahr 1990 zwei Einzelfirmen:
die Herstellung von Maschinen für das Druckgewerbe (im folgenden Herstellungsbetrieb) und den Großhandelsbetrieb (im folgenden Großhandelsbetrieb).
Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids 1990 vom 26.8.2003, den der Beklagte unstreitig aufgrund einer Verwechselung der Steuernummern für den Herstellungsbetrieb erlassen hat.
Der Beklagte wollte einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid 1990 für den Großhandelsbetrieb erlassen; wegen der Einkünfte aus dieser Firma hatte der Kläger mehrere Klageverfahren geführt (u.a. 9 K 2678/00 G), die mit einer tatsächlichen Verständigung vom 8.7.2003 beendet wurden. Nach dem Inhalt der Verständigung war u.a. der Gewerbesteuermessbetrag des Großhandelsbetriebs für das Jahr 1990 um 96.855DM zu mindern, was der Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 26.8.2003 auch tun wollte, dabei aber die Steuernummern der zwei Firmen des Klägers verwechselte, so dass die Herabsetzung des Messbetrags um 96.855 DM fälschlicherweise bei dem Herstellungsbetrieb vorgenommen wurde (festgesetzter Messbetrag: 484.332 DM, davor seit 1997 bestandskräftig: 581.187 DM).
Dieser falsche Bescheid vom 26.8.2003 wurde dem (damaligen und jetzigen) Prozessvertreter mit dem Erläuterungstext:
„Auf das Ergebnis des Erörterungstermins bei Finanzgericht Düsseldorf vom 8.7.2003 wird hingewiesen.”
übersandt. Der Prozessvertreter erklärte daraufhin den Rechtsstreit für den Großhandelsbetrieb, Az 9 K 2678/00 G, in der Hauptsache für erledigt.
Dem Beklagten fiel die Verwechselung der Firmen bei der Auswertung der tatsächlichen Verständigung vom 8.7.2003 erst im Jahr 2005 nach einem Hinweis des städtischen Steueramts auf. Um den Fehler zu korrigieren, erließ der Beklagte am 29.4.2005 gegenüber dem Kläger einen Änderungsbescheid, mit dem der Gewerbesteuermessbetrag 1990 für den Herstellungsbetrieb auf die ursprüngliche Höhe wieder heraufgesetzt wurde. Als Änderungsvorschrift wurde § 129 AO, Änderung wegen offenbarer Unrichtigkeit, benannt.
Gleichzeitig nahm der Beklagte am 29.4.2005 die nunmehr zutreffende Änderung des Gewerbesteuermessbescheids 1990 für den Großhandelsbetrieb entsprechend der tatsächlichen Verständigung vom 8.7.2003 vor (Minderung des Messbetrages um 96.855 DM, d.h. von 105.168 DM auf 8.313 DM).
Gegen den wegen offenbarer Unrichtigkeit geänderten Bescheid vom 29.4.2005 für den Herstellungsbetrieb erhob der Kläger fristgerecht Einspruch und trug vor, eine Änderung nach § 129 AO sei unzulässig, weil hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages 1990 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Eine Berichtigungsmöglichkeit sei nach § 169 Abs. 1 S. 2 AO nur gegeben, wenn die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Es werde auch nicht die vom Beklagten erbetene Zustimmung zur Änderung des unrichtigen Bescheides vom 26.8.2003 erteilt (§ 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO). Die Voraussetzungen des § 174 AO lägen ebenfalls nicht vor.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 9.8.2006 als unbegründet zurück. Der Beklagte bezieht sich auf den Inhalt der tatsächlichen Verständigung im Klageverfahren vom 8.7.2003, wonach der Gewebesteuermessbetrag für den Großhandelsbetrieb um 96.855 DM zu mindern war, nicht aber auch noch zusätzlich derjenige des Herstellungsbetriebs. Der Kläger habe aufgrund des Auswertungsfehlers des Beklagten den entsprechenden Gewerbesteuer-Erstattungsbetrag zweimal erhalten. Die Fehlerhaftigkeit des ersten Bescheids vom 26.8.2003 könne ihm wegen der Unterschiedlichkeit der zugrundeliegenden Gewinne nicht verborgen geblieben sein. Eine korrekte Auswertung der Einigung vor dem Finanzgericht erfordere daher – neben dem Erlass des zutreffenden Bescheides – auch die am 29.4.2005 vorgenommene Änderung des unrichtigen Bescheides.
Dagegen hat der Kläger Klage erhoben, mit der er seine Ansicht, der unrichtige Bes...