Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsempfänger als Umsatzsteuerschuldner: Nicht steuerbare Geschäftsveräußerung durch Bauträger – Vermietungsgarantie - Unternehmereigenschaft bei langfristiger Grundstücksvermietung durch Bruchteilsgemeinschaft - Qualifikation als Vermietungs-GbR
Leitsatz (redaktionell)
- Die Veräußerung noch nicht fertiggestellter Wohnungen durch einen die Vermietung garantierenden, aber selbst nicht als Vermietungsunternehmen aktiven Bauträger stellt keine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen in Gestalt der Übertragung eines Vermietungsteilbetriebes dar.
- Der Erwerb von zwei Wohnungen zu Bruchteilseigentum von Eheleuten mit der Absicht der langfristigen Vermietung ist als unternehmerische Betätigung einer GbR zu qualifizieren, die im Fall der Option des Veräußerers zur Umsatzsteuerpflicht zum Übergang der Steuerschuld auf die GbR als Leistungsempfängerin führt.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1a, § 2 Abs. 1, § 4 Nr. 9a, § 9 Abs. 1, § 13b Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 S. 1; MwStSystRL Art. 9 Abs. 1 S. 3; BGB § 705
Streitjahr(e)
2012
Tatbestand
Die Klage richtet sich gegen die Umsatzsteuerfestsetzung für 2012, mit der die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - GbR -, bestehend aus den Eheleuten G als Gesellschaftern, für den Kauf zweier Wohnungen in Anspruch genommen wird.
Die Eheleute G erwarben durch notarielle Verträge vom 20.08.2012 als Anlageobjekte zwei noch zu errichtende Wohnungen mit Vermietungsgarantie für 25 Jahre (§ 6 der notariellen Kaufverträge) in einem Seniorenpflege- und -wohnzentrum zum Preis von ...... € und ...... € (brutto) von der I GmbH & Co. A KG jeweils zu hälftigem Miteigentum. In § 5 Abs. 3 der notariellen Verträge ist jeweils Folgendes vereinbart: „Der Verkäufer verzichtet auf die Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 2 UStG und weist darauf hin, dass für die Steuerschuld gemäß § 13 Abs. 1 b) UStG der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist.” Beabsichtigter Fertigstellungstermin im Sinne von Bezugsfertigkeit der Wohnungen war gemäß § 8 Abs. 2 der notariellen Kaufverträge der 01.10.2013. Nach Verkauf der Wohnungen war die I GmbH vertragsgemäß (§ 10 Abs. 2 der Kaufverträge) als Verwalterin der Abilien tätig und vermietete diese nach Fertigstellung langfristig an sich selbst. Auf den weiteren Inhalt der Kaufverträge wird in den Entscheidungsgründen Bezug genommen.
Nachdem die Eheleute G im Mai 2015 vom Finanzamt unter Hinweis auf § 13b Abs. 2 Nr. 3 Umsatzsteuergesetz - UStG - als Grundstückserwerber zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für 2012 aufgefordert worden waren, teilten sie dem Finanzamt mit Schreiben vom 23.06.2015 mit, dass sie die fälligen Umsatzsteuern seinerzeit an den Bauträger gezahlt hätten und eine Umsatzsteuererklärung aus ihrer Sicht nicht abzugeben sei, weil sie sich nicht als Unternehmer betrachteten. Dem Schreiben als Anlage beigefügt war ein Schreiben der Verkäuferfirma vom 30.09.2014, in dem diese Folgendes ausführt: „In der Anlage übersenden wir ihnen die Schlussrechnung und alle Unterlagen der Abrechnung. Es sind keine Zahlungen zu leisten. Bedenken sie jedoch, dass sie als Kostenschuldner gemäß § 13 b die Umsatzsteuer anmelden und gegebenenfalls als Vorsteuer geltend machen müssen.”
Mit Schreiben vom 03.07.2015 wies das Finanzamt darauf hin, dass sich die Steuerschuldnerschaft der Eheleute G aus § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG ergebe und die Umsatzsteuer auf den Verkauf der Immobilie nicht durch die Verkäuferfirma an das Finanzamt abgeführt worden sei.
Ende Juli 2015 reichten die Eheleute G ein weiteres Schreiben der Verkäuferfirma vom 13.07.2015 ein, in dem diese auszugsweise wie folgt ausführt: „Wie sie ihrer damals übersandten Abrechnung entnehmen können, war die Umsatzsteuer im Kaufpreis enthalten und wurde ihnen auch ordnungsgemäß erstattet. Bei der Schlussrechnung und im Kaufvertrag wurden sie darüber belehrt, dass sie als Steuerschuldner gemäß § 13b UStG die Umsatzsteuer (19 % auf den Nettokaufpreis) beim Finanzamt anmelden müssen.” Aus dem weiteren Inhalt des Schreibens ergibt sich, dass die hinsichtlich der Wohnungen zwischen den Eheleuten G und der I GmbH abgeschlossenen Mietverträge rückwirkend umsatzsteuerfrei gestellt wurden, nachdem die Vermieterfirma wohl ursprünglich versucht hatte, diesbezüglich zur Umsatzsteuerpflicht zu optieren. Die geänderten Mietverträge ohne Umsatzsteueroption vom 2.9.2014, die ihr die I GmbH übersandt hatte, fügten die Eheleute G dem Schreiben an das Finanzamt bei.
Durch Schreiben vom 26.08.2015 weigerten sich die Eheleute G erneut, eine Umsatzsteuererklärung einzureichen, da sie weder Unternehmer noch eine juristische Person seien. Dies sei gemäß § 13b Abs. 5 i.V.m. 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG Voraussetzung für einen Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger.
Unter dem 09.10.2015 erließ das Finanzamt daraufhin im Schätzungswege einen Umsatzsteuerbescheid für 2012, in dem es die steuerpflichtigen Umsätze aus dem Erwerb der beiden Wohnungen in Höhe von ........ € ansetzte, was eine Umsatzsteuer i.H.v. ........