Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufspaltung; Personelle Beherrschung durch Beherrschung der Geschäfte des täglichen Lebens
Leitsatz (redaktionell)
Eine personelle Beherrschung der Betriebsgesellschaft durch den Besitzunternehmer ist bereits dann anzunehmen, wenn er - ungeachtet eines Zustimmungserfordernis des Mitgesellschafters in über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Fällen - auf Dauer gesehen mit den Mitteln des Gesellschaftsrechts die Geschäfte des täglichen Lebens der Betriebsgesellschaft beherrscht.
Der erforderliche Buchnachweis für die Bildung und Auflösung einer Reinvestitionsrücklage ist nicht geführt, wenn die Einkünfte aus der pachtweisen Überlassung der Geschäftsgrundstücke an die Betriebsgesellschaft gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und die Veräußerung der Grundstücke als steuerlich unbeachtlicher Vorgang im Privatvermögen behandelt wird.
Wird in einem anhängigen Klageverfahren der Hilfsantrag auf Berücksichtigung einer Rücklage nach § 6 b EStG gestellt, so muss auch die Voraussetzung des Buchnachweises gemäß § 6 b Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 EStG in diesem Klageverfahren hilfsweise erfüllt werden, damit die begehrte Gewinnminderung im Urteil berücksichtigt werden kann.
Eine Vertagung zur Erfüllung dieser Voraussetzung ist nicht geboten, da das Wahlrecht auf Berücksichtigung einer Rücklage auch nach Ergehen des Urteils in der Tatsacheninstanz bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist ausgeübt werden kann.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1-3, §§ 5, 6b Abs. 1, 3, 4 S. 1 Nrn. 1, 5, § 15; AO § 175
Streitjahr(e)
1997
Tatbestand
Die Firma A betrieb bis zum Jahr 20.. einen Einzelhandel mit Möbeln in X. Das Unternehmen wurde 19... vom Vater des Klägers und seiner damaligen Ehefrau gegründet und als GmbH und Co KG geführt. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 19.. wurde der Kläger zum Gesellschafter und Geschäftsführer bestellt. Die Mitgesellschafterin F verstarb 1986 und wurde ebenfalls vom Kläger beerbt. Der Kläger führte das Unternehmen zunächst in der bisherigen Form als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer fort.
Zum 1.1.1994 brachte der Kläger die GmbH und Co KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die A GmbH (im folgenden GmbH) ein. Die betrieblich genutzten, nebeneinander liegenden Grundstücke des Möbelhauses (.....-straße…bis ..., .....-straße ..., ...-straße ...) sowie das Lagergrundstück (......-straße ...) befanden sich im Alleineigentum des Klägers und wurden vom Kläger zum 1.1.1994 nicht auf die GmbH übertragen, sondern der GmbH weiterhin pachtweise für den Betrieb des Möbelhauses überlassen. Die Pacht betrug laut Verträgen vom 26.7.1994 und 24.11.1994 für die .....-/......-/ .........-straße monatlich 25.000 DM, für die .....-straße monatlich 10.000 DM, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer und Nebenkosten.
Die steuerliche Würdigung der Gesellschaftsänderungen zum 1.1.1994 war Gegen-stand eines Klageverfahrens vor dem hiesigen Finanzgericht (Klageverfahren 9 K 1983/99 F). Der Kläger begehrte zum 1.1.1994 die Feststellung eines begünstigten Einbringungsgewinns nach dem Umwandlungssteuergesetz und machte u.a. geltend, die Zurückbehaltung der Grundstücke sei wie eine Entnahme zu behandeln. Das Gericht wies die Klage mit Urteil vom 11.10.2000 ab und stellte fest, dass zum 1.1.1994 keine Einbringung im Sinne des Umwandlungssteuergesetz stattgefunden habe. Zum 1.1.1994 seien vom Kläger die in seinem Sonderbetriebsvermögen befindlichen Grundstücke als wesentliche Betriebsgrundlagen des Unternehmens zurückbehalten und der GmbH weiterhin pachtweise überlassen worden. Damit fehle es an einer für die Einbringung i.S.d. § 20 Umwandlungssteuergesetz erforderlichen Übertragung der Wirtschaftsgüter auf die GmbH. Zum 1.1.1994 habe auch keine Entnahme der Grundstücke in das Privatvermögen des Klägers stattgefunden. Die Grundstücke seien vielmehr weiterhin Betriebsvermögen geblieben: sie seien aus dem Sonderbetriebsvermögen des Klägers als Kommanditist der KG in das Betriebsvermögen des Klägers als Einzel-Besitzunternehmer im Rahmen einer Betriebsaufspaltung im steuerlichen Sinne übergegangen. Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung (sachliche und personelle Verflechtung von Besitz- und Betriebsunternehmen) ergebe sich im Streitfall daraus, dass die verpachteten Grundstücke seit Jahrzehnten zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des Möbelgeschäfts in X gehörten (sachliche Verflechtung) und der Kläger Alleineigentümer der Grundstücke und zugleich wesentlich Beteiligter der Betriebs-GmbH gewesen sei (personelle Verflechtung).
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Mit notariell beglaubigtem Vertrag vom 21.10.1994 übertrug der Kläger einen GmbH-Anteil von 25 % auf seine Mutter. Zusätzlich wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 29.11.1994 der Gesellschaftsvertrag der GmbH wie folgt ergänzt:
„§ 4 Abs. 4: Die Geschäftsführung bedarf für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft hinausgehen, der Einwilligung der Gesellschafterversammlung mit einer Mehrh...