Entscheidungsstichwort (Thema)
Qualifikation der Ausschüttungen eines luxemburgischen Investmentfonds in der Rechtsform einer S.A. (SICAV) als Dividenden – Anwendungsbereich des Schachtelprivilegs nach DBA-Luxemburg – Nichtausübung des Quellenbesteuerungsrechts
Leitsatz (redaktionell)
- Die Ausschüttungen eines in Luxemburg ansässigen und dort von der Körperschaft- und Quellensteuer befreiten Investmentfonds (SICAV: Société d'Investissement à Capital Variable) an eine qualifiziert (über 25 % ) beteiligte inländische Kapitalgesellschaft unterliegen als Schachteldividenden i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 3 DBA-Luxemburg 1958/1973 nicht dem deutschen Besteuerungsrecht.
- Bei einer in der Rechtsform einer S.A. geführten SICAV handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 3 DBA-Luxemburg 1958/1973, deren Ausschüttungen ungeachtet der Bestimmungen über die transparente Besteuerung ausländischer Investmentfonds in § 4 Abs. 1 und 2 InvStG als dem Schachtelprivileg unterfallende Dividenden im Sinne dieser Abkommensregelung zu qualifizieren sind.
- Das Besteuerungsrecht Luxemburgs nach Art. 13 Abs. 2 DBA-Luxemburg 1958/1973 setzt nicht voraus, dass der Quellenstaat sein Besteuerungsrecht tatsächlich ausübt.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1; InvStG § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 4 Abs. 1-2; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1; DBA-Luxemburg Art. 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Art. 13 Abs. 1-2, Art. 20 Abs. 1, 2 Sätze 1, 3
Tatbestand
Streitig ist die Steuerpflicht von Zahlungen einer luxemburgischen Investmentgesellschaft in der Rechtsform einer SICAV an die Klägerin.
Die Klägerin hielt im Jahr 2009 über 25 % der stimmberechtigten Aktien an der SICAV. Bei dieser handelte es sich um eine Gesellschaft luxemburgischen Rechts in der Rechtsform einer luxemburgischen société anonyme - S.A -. Die SICAV hatte unter der Anschrift () Luxembourg angemietete Geschäftsräume, in denen () beschäftigt waren. Alle Versammlungen des Verwaltungsrates der SICAV wurden in den Räumlichkeiten der Gesellschaft durchgeführt. Auch die geschäftsführenden Verwaltungsratsmitglieder der Gesellschaft hatten ihre Berufsanschrift in Luxemburg.
Im Streitjahr fungierte die SICAV als Dachfonds (vgl. § 10 des Investmentsteuergesetz -InvStG) und investierte in verschiedene Zielfonds der Z-Investmentaktiengesellschaft mit verschiedenen Teilgesellschaftsvermögen. Sie schüttete in 2009 Erträge von insgesamt () EUR an die Klägerin aus. Die den Ausschüttungen zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen i.S.d. § 5 Abs. 1 i.V.m. § 10 InvStG wurden in der Folge im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht.
Die SICAV war im Streitjahr in Luxemburg als Investmentvermögen von der Körperschaftsteuer befreit.
In ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr (eingegangen beim Beklagten am 9. September 2011) behandelte die Klägerin die Ausschüttungen aus der SICAV als Bezüge i.S.d. § 8b Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz -KStG-. Unter Berücksichtigung eines nicht abziehbaren Betrages gem. 8b Abs. 5 KStG minderte sie ihr Einkommen um () EUR.
Im Rahmen des Veranlagungsverfahrens wies der Beklagte darauf hin, dass im Bundesanzeiger für den Fonds A in den ausgeschütteten Erträgen keine Erträge i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG und keine nach DBA steuerfreien Erträge aus Investmentanteilen gem. § 1 Abs. 4 InvStG enthalten seien. In der Folge vertrat die Klägerin die Auffassung, es handele sich bei den ihr über die luxemburgische SICAV zugeflossenen Erträgen um solche aus Investmentanteilen, die insgesamt als Schachteldividenden i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 23. August 1958 (Bundesgesetzblatt - BGBl - II 1959, 1270, Bundessteuerblatt - BStBl - I 1959, 1023) i.d.F. des Ergänzungsprotokolls vom 15. Juni 1973 (BGBl II 1978, 111, BStBl I 1978, 73) - DBA-Luxemburg 1958/1973 - steuerbefreit seien.
Der Beklagte folgte dieser Auffassung nicht und erließ am 1. August 2012 bzw. 6. August 2012 Steuerbescheide unter Berücksichtigung des von der Klägerin erklärten ungeminderten Einkommens. In der Folge ergingen Änderungsbescheide, letztmalig am 10. Juli 2014 (zur Körperschaftsteuer) und am 8. September 2014 (über den Gewerbesteuermessbetrag), die nicht den anhängigen Streitpunkt betrafen.
Nachdem der Beklagte über den gegen die Bescheide vom 1. August 2012 bzw. 6. August 2012 eingelegten Einspruch vom 20. August 2012 zunächst nicht entschieden hatte, erhob die Klägerin mit Schreiben vom 8. April 2014 Untätigkeitsklage.
Mit Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2014 wies der Beklagte den Einspruch gegen die Körperschaftsteuerfestsetzung 2009 als unbegründet zurück.
Zur Begründung wies der Beklagte darauf hin, dass es sich bei den von der Klägerin erzielten Erträgen aus Inve...