Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht des Ertragsanteil bei Zahlungen aus einer Leibrentenversicherung
Leitsatz (redaktionell)
Zahlungen aus einer Leibrentenversicherung können nicht als (steuerfreie) Zinsen eingeordnet werden, weil sie keine laufzeitabhängige Nutzungsvergütung für Kapitalüberlassung, sondern auf einem Stammrecht beruhende wiederkehrende Bezüge darstellen, die mit dem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte zu erfassen sind.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2, § 22 Abs. 1 Nr. 1 S. 3a; BGB § 759 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Leistungen aus einer privaten Versicherung des Klägers nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG - steuerfrei sind.
Der Kläger schloss am 04.01.1991 mit der Rentenanstalt eine Versicherung ab. Der Versicherungsschein ist überschrieben mit "Leibrentenversicherung auf ein Leben mit sofort beginnender Rentenzahlung und Rentengarantie gegen Einmalbetrag". Der Kläger hatte einen Einmalbetrag von 1,2 Mio. DM zu entrichten und erhält seit 01.01.1991 eine monatliche Versicherungsleistung, von dieser bezeichnet als "lebenslängliche Rente", von 7.005,70 DM zzgl. Zusatzrente von zunächst 3.000 DM.
Der Beklagte berücksichtigte die monatlichen Zahlungen in den Einkommensteuerbescheiden mit einem Ertragsanteil von 33 % als Leibrente i.S.v. § 22 Abs. 1 Nr. 1 S. 3a EStG. Die Kläger wandten im Einspruchsverfahren gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1994 und 31.12.1995 ein, die Beträge seien nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG steuerfrei. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzung dieser Steuerbefreiungsvorschrift sei nicht erfüllt; die Besteuerung mit dem Ertragsanteil sei rechtmäßig.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger vertreten weiterhin die Ansicht, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG seien Zinsen aus privaten Rentenversicherungen steuerfrei. Dies entspreche dem gesetzgeberischen Willen. Es sei Unfug, Kapitalversicherungen zu befreien und Rentenversicherungen steuerpflichtig zu machen. Trotzdem werde versucht, mit allen möglichen und unmöglichen Tricks und Gedankenspielereien ("Rentenstammrecht" u.a.), diese offensichtlich rechts- und verfassungswidrige Praxis zu "legalisieren". Es werde der Kardinalfehler gemacht, Gesetzeswortlaut und -wille, wonach die Steuerfreiheit eindeutig bekundet sei - § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG - zu missachten oder gar auf den Kopf zu stellen. Der Beklagte übersehe zudem die Subsidiaritätsklausel des § 22 EStG. Es handele sich hier nicht um eine Rente im Sinne dieser Vorschrift, da die Einkunftsart Kapitalvermögen einschlägig sei. Wortlaut und Sinnzusammenhang des § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG seien eindeutig; danach seien Zinsen aus Beiträgen zu einer Rentenversicherung ohne Kapitalwahlrecht steuerfrei. Ob ein Einmalbetrag geleistet werde oder der Steuerpflichtige in Teilbeträgen zahle (sog. Ansparphase), sei unerheblich; maßgeblich sei allein der Vorsorgezweck. Eine Differenzierung verstoße gegen das Gebot der Belastungsgleichheit. Eine Steuerbefreiung von Zinsen aus Kapitalversicherungen einerseits und Steuerpflicht von Zinsen aus einer Rentenversicherung andererseits verletze das verfassungsrechtliche Verbot der Systemwidrigkeit auf das Empfindlichste. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Klagevorbringens insoweit wird insbesondere auf die Schriftsätze vom 07.08.1997 (nebst Anlage Kurzgutachten 01.02.1992) und 08.09.1999 Bezug genommen.
Darüber hinaus begehrt der Kläger erstmals mit Schriftsätzen vom 06.03. und 25.03.2001, ihm einen Freibetrag nach § 33b EStG i.H.v. 2.070 DM, erhöht auf 2.500 DM, und Fahrtkosten von 3000 km x 52 Pfennig gem. BMF-Schreiben vom 11.04.1994 zu gewähren; sachgerecht sei an sich sogar eine "Wiederaufrollung in der Gesamtheit" i.d.S., dass insoweit auch die Veranlagungszeiträume 1988 bis 2001 ff. berücksichtigt würden.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung der angefochtenen Bescheide die Zinsen aus der privaten Rentenversicherung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG freizustellen und wegen seiner Schwerbehinderung Freibeträge i.H.v. 2.500 DM und 1.560 DM zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält hinsichtlich der Rentenbesteuerung an seiner bisherigen Auffassung fest. Das Begehren zur Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen sei schon deshalb erfolglos, weil der Gesamtbetrag der Einkünfte in diesen Jahren bereits negativ sei.
Das Gericht entscheidet gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis erklärt haben und eine weitere Sachaufklärung nicht geboten ist.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
a) Der Beklagte hat die von der Rentenanstalt an den Kläger gezahlten Beträge zutreffend gem. § 22 Abs. 1 Nr. 1 S. 3a EStG mit dem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte (Leibrenten) erf...