vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerbefreiung für Einrichtungen zur ambulanten Rehabilitation
Leitsatz (redaktionell)
- Die Bezugsgröße der für die ggf. partielle Gewerbesteuerbefreiung von Einrichtungen zur ambulanten Rehabilitation geltenden 40 %-Grenze für von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung getragene Behandlungskosten ist auch dann allein die Anzahl der in der Einrichtung insgesamt behandelten ambulanten Rehabilitationsfälle, wenn eine solche Einrichtung neben - dem Bereich der medizinischen Rehabilitation zuzuordnenden - Leistungen der Erweiterten Ambulanten Physiotherapie (EAP) auch steuerlich nicht begünstigte allgemeine physiotherapeutische Leistungen erbringt.
- Die isolierte Betrachtung der Rehabilitationsfälle als Bezugsgröße setzt nicht voraus, dass die Rehabilitation gegenüber anderen Leistungsbereichen der Einrichtung i.S.d. Regelung in R 3.20 Abs. 2 Satz 3 GewStR räumlich oder organisatorisch verselbständigt ist
Normenkette
GewStG § 3 Nr. 20 Buchst. e; SGB VII § 27 Abs. 1 Nr. 7
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob die Klägerin - in Bezug auf von ihr erbrachte Leistungen der Erweiterten Ambulanten Physiotherapie (EAP) - die Voraussetzungen der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. e des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) für Einrichtungen zur ambulanten Rehabilitation erfüllt.
Die Klägerin ist Betreiberin von Physiotherapie- und ambulanten Rehabilitationseinrichtungen…. Ihre Hauptniederlassung befindet sich in L . ( Y .-straße). Im Streitzeitraum betrieb sie weitere Niederlassungen in O . und H .
Auf Antrag der Klägerin ließ der Landesverband … der gewerblichen Berufsgenossenschaften (LVBG) am 00.00 .2006 die Einrichtung der Klägerin zur Abgabe von Leistungen der EAP zu. Die Zulassung wurde für die Einrichtungsräume Y.-straße in L. erteilt. Die ausschließlich zur Abgabe der EAP berechtigten Personen (eine Krankengymnastin, ein Masseur, ein Sportlehrer) wurden in der Zulassung namentlich benannt. Nach den „Anforderungen der Unfallversicherungsträger für die Beteiligung von Einrichtungen der Erweiterten Ambulanten Physiotherapie (EAP) in der Fassung vom 01.01.2006“, die ausweislich der Zulassung Vertragsgegenstand wurden, kann über die durch die medizinischen Rehabilitationsverfahren der Unfallversicherungsträger grundsätzlich sichergestellte umfassende Rehabilitation hinaus für spezielle Verletzungen/Berufskrankheiten eine EAP verordnet werden. Bei dieser handelt es sich um die Kombination von Behandlungselementen der krankengymnastischen Therapie, physikalischen Therapie und medizinischen Trainingstherapie.
In den Streitjahren erbrachte die Klägerin in ihrer Hauptniederlassung neben allgemeinen physiotherapeutischen Leistungen (z.B. Krankengymnastik, manuelle Therapie, manuelle Lymphdrainage) auch Leistungen im Rahmen der EAP. Die Kosten der erbrachten EAP-Leistungen wurden im Jahr 2015 in 134 der insgesamt 171 behandelten Fälle und im Jahr 2016 in 183 der insgesamt 214 behandelten Fälle von Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung getragen und im Übrigen mit den Beihilfestellen des Bundes bzw. einem den Beihilfetarifen vergleichbaren Bundeswehrtarif abgerechnet. Der Anteil der aus den insgesamt erbrachten EAP-Leistungen erzielten Umsätze an den Gesamtumsätzen der Hauptniederlassung betrug im Jahr 2015 ca. 12,7 % und im Jahr 2016 ca. 14,5 %.
Unter dem 30.05.2017 und dem 19.12.2017 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin Gewerbesteuermessbetragsbescheide für 2015 bzw. 2016, mit denen jeweils Messbeträge von 0 Euro festgesetzt wurden. Die Besteuerungsgrundlagen gliederten sich wie folgt auf:
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2015 |
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2016 |
Gewinn aus Gewerbebetrieb |
-…Euro |
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-…Euro |
Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG |
…Euro |
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…Euro |
Verlustabzug laut VF-Bescheid 2015 |
-…Euro |
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- |
Gewerbeertrag |
0 Euro |
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-…Euro |
Gegen die Bescheide legte die Klägerin Einsprüche ein und machte zur Begründung geltend, dass sie hinsichtlich der erbrachten EAP-Leistungen der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. e GewStG für Einrichtungen der ambulanten und stationären Rehabilitation unterliege. Mit Einspruchsentscheidung vom 11.07.2019 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er unter anderem aus, dass die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. e GewStG gemäß Satz 1 der Vorschrift nur zu gewähren sei, wenn die Behandlungskosten im Erhebungszeitraum in mindestens 40 % der Fälle ganz oder zum überwiegenden Teil von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung getragen worden seien. Die Basis des von der Klägerin betriebenen Rehabilitationszentrums seien jedoch nicht ambulante Rehabilitationsleistungen, sondern ärztlich verordnete Heilmittelleistungen nach § 32 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch (SGB V) und Leistungen zur primären Prävention nach § 20 SGB V. Der Anteil der mit den begünstigten Rehabilitationsleistungen erzielten Umsätze an den Gesamtumsätzen der Klägerin liege in den Streitjahren deutlich unter de...