Entscheidungsstichwort (Thema)
Abweichende Handhabung betr. Umsatzsteuerbefreiung medizinischer Fußpfleger in den Finanzbehörden NRW und Niedersachsen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Umsätze aus der Tätigkeit als medizinischer Fußpfleger (in NRW) sind nicht steuerfrei, weil die Berufsausübung mangels obligatorischer staatlicher Erlaubnis keine ähnliche heilberufliche Tätigkeit i. S. d. § 4 Nr. 14 UStG darstellt.
2. Auf die gleichmäßige Anwendung einer hiervon ggf. abweichenden Handhabung der Finanzbehörden (vgl. dazu Nds. FinMin v. 07.02.1985 S 7170 17-32 1) besteht kein Anspruch.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1; UStR 1988 Abschn. 90 Abs. 7 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger betreibt einen Schuheinzelhandel und ist daneben als medizinischer Fußpfleger tätig. Am 23.05.1986 erhielt der Kläger von der Bezirksregierung A-Stadt die staatliche Anerkennung als medizinischer Fußpfleger gem. Runderlaß des Niedersächsischen Sozialministers vom 21.02.1983.
In seinen Umsatzsteuervoranmeldungen von Juni bis November 1986 behandelte der Kläger seine Umsätze aus medizinischer Fußpflege als steuerfrei gem. § 4 Nr. 14 UStG. Der Beklagte erließ für die fraglichen Voranmeldungszeiträume Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide, in denen er die erklärten Umsätze aus medizinischer Fußpflege als Brutto-Umsätze dem Regelsteuersatz unterwarf. Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch berief der Kläger sich auf den Erlaß des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 07.02.1985 S 7170/17/32 1. Mit Einspruchsentscheidung vom 23.03.1987 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übe ein medizinischer Fußpfleger keine heilberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus. Da in Nordrhein-Westfalen anders als in Niedersachsen keine Regelungen über Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung von medizinischen Fußpflegern getroffen worden seien, komme eine Steuerbefreiung, wie sie der Erlaß des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vorsehen, bei in Nordrhein-Westfalen praktizierenden medizinischen Fußpflegern nicht in Betracht.
Mit der hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend, er falle als staatlich anerkannter medizinischer Fußpfleger unter die "ähnlichen Heilberufe" im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Seine Umsätze seien daher steuerfrei. Da das Umsatzsteuergesetz ein Bundesgesetz sei, könne die gleiche Tätigkeit in verschiedenen Bundesländern nicht unterschiedlich besteuert werden. Dies verstoße auch gegen Art. 3 Grundgesetz. Er - der Kläger - werde auch von der zuständigen Gesundheitsbehörde überwacht, wie es der BFH für eine "ähnliche heilberufliche Tätigkeit" fordere. Der Kläger hat hierzu eine Bescheinigung des Gesundheitsamtes der Stadt B-Stadt vom 22.07.1988 vorgelegt, wonach seine medizinische Fußpflegepraxis bereits seit 1965 seitens des Gesundheitsamtes in hygienischer Hinsicht regelmäßig überwacht wird.
Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Beklagte für den Veranlagungszeitraum 1986 eine Umsatzsteuerjahresveranlagung durchgeführt. Der Kläger hat den Umsatzsteuerbescheid 1986 vom 19.07.1988 zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.
Der Kläger beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 1986 vom 19.07.1988 dahingehend abzuändern, daß die Umsätze aus medizinischer Fußpflegetätigkeit steuerfrei belassen werden, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er beruft sich im wesentlichen auf die Regelung in Abschnitt 90 Abs. 7 Satz 2 UStR 1988, wonach dann, wenn in einem Bundesland Regelungen über Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung von medizinischen Fußpflegern ergangen sind, die Tätigkeit der staatlich anerkannten medizinischen Fußpfleger nur dann als heilberufliche Tätigkeit anzusehen ist, wenn sie in diesem Bundesland ausgeübt wird. Er macht ferner geltend, nach Auskunft des zuständigen Ministeriums finde in Nordrhein-Westfalen keine Überwachung der medizinischen Fußpfleger durch die Gesundheitsbehörden statt. Die vorübergehende Begründung eines Wohnsitzes in Niedersachsen zwecks Erlangung der nur dort erhältlichen staatlichen Anerkennung stelle zudem einen Gestaltungsmißbrauch im Sinne von § 42 AO dar.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Umsätze des Klägers aus seiner Tätigkeit als medizinischer Fußpfleger sind nicht steuerfrei gem. § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG. Der Senat folgt der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein medizinischer Fußpfleger keine "ähnliche heilberufliche Tätigkeit" im Sinne dieser Vorschrift ausübt (vgl. BFH, Urteile vom 30.01.1975 V R 102/74, Bundessteuerblatt II 1975, 523 und vom 07.07.1976 I R 218/74, Bundessteuerblatt II 1976, 621). Denn für die Annahme einer "ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit" reicht es nicht aus, daß die Tätigkeit als solche der Behandlung und Linderung von...