Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkung eines Einzelunternehmens mit negativem Kapitalkonto
Leitsatz (redaktionell)
- Die Schenkung eines Einzelunternehmens an fremde Dritte stellt ungeachtet der Übernahme eines negativem Kapitalkontos keinen entgeltlichen Erwerb dar, aufgrund dessen ein Veräußerungsgewinn in Höhe des realisierten und bei dem Erwerber zu aktivierenden Geschäfts- oder Firmenwerts zu versteuern wäre.
- Bei nicht mit einander verwandten Personen besteht keine widerlegliche Vermutung für ein entgeltliches Geschäft.
- Für die Abgrenzung zwischen Veräußerung und Schenkung ist auf den erkennbaren Willen und die Vorstellungen der Parteien abzustellen.
- Die unentgeltliche Übertragung eines Unternehmens mit negativem Kapitalkonto ist kein Gestaltungsmissbrauch.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 3 Sätze 1-2, § 7 Abs. 1 S. 3, § 52 Abs. 33 S. 3; BGB § 516; AO §§ 42, 174 Abs. 4-5; FGO § 40 Abs. 2
Streitjahr(e)
2004
Tatbestand
Der Kläger erwarb das Einrichtungshaus und führte es bis zum 31.12.1999 fort.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 12.11.1999 gründeten B und A, die mit Beschluss vom 30.9.2009 zu diesem Verfahren beigeladen wurde (im Folgenden: die Beigeladene), die A und B OHG (im Folgenden nur noch OHG), an der sie je zur Hälfte beteiligt waren. Jeder hatte eine Bareinlage in Höhe von 1.000 DM zu erbringen. Zweck der Gesellschaft war die Fortführung des Unternehmens des Klägers, bei dem B und die Beigeladene bis zum 31.12.1999 angestellt waren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag Bezug genommen (Anlage H 2 zum Schreiben der Klägervertreter vom 20.6.2006 im Einspruchsvorgang). Die OHG wurde Anfang Dezember 1999 ins Handelsregister eingetragen.
Am 21.11.1999 schloss der Kläger mit B und der Beigeladenen eine als Schenkungsvertrag bezeichnete Vereinbarung ab, derzufolge B und die Beigeladene in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der OHG das Unternehmen des Klägers einschließlich der Verbindlichkeiten mit Wirkung zum 1.1.2000 zu gleichen Teilen übertragen bekamen. Eine Zahlung an den Kläger war hierfür nicht zu leisten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen (Anlage H 1 zum Schreiben der Klägervertreter vom 20.6.2006 im Einspruchsvorgang im Einspruchsvorgang).
Das Kapitalkonto des Klägers in seinem Unternehmen hatte sich in den Jahren 1997 bis 1999 wie folgt entwickelt:
Ergebnis 1997 : ./. 5.368 DM Kapitalkonto 31.12.1997 ./. 103.118,03 DM
Ergebnis 1998 : + 23.467 DM Kapitalkonto 31.12.1998 ./.210.799,53 DM
Ergebnis 1999 : + 62.834 DM Kapitalkonto 31.12.1999 ./.275.031,58 DM.
B gab wegen dieses Vorganges nach entsprechender Aufforderung durch das Finanzamt eine Schenkungssteuererklärung ab. Eine Schenkungssteuer wurde nicht festgesetzt.
Zum 31.8.2004 schied die Beigeladene aus der OHG aus. B führte das Unternehmen als Einzelunternehmen weiter.
Mit Schreiben vom 2.9.2005, das am selben Tag beim Beklagten einging, wurde unter dem Betreff „A und B OHG” vom Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen Einspruch gegen den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der OHG für das Jahr 2004 vom 29.8.2005 eingelegt, den der Beklagte als von B als Gesamtrechtsnachfolger und ehemaligem Gesellschafter der OHG und der Beigeladenen als ehemaliger Gesellschafterin eingelegt ansah. Begründet wurde der Einspruch damit, es seien Abschreibungen auf einen entgeltlich erworbenen Firmenwert in Höhe von 6.249 Euro zu berücksichtigen. Die Übernahme des negativen Kapitalkontos, für das der Kläger keinen Ausgleich habe leisten müssen, sei als entgeltlicher Erwerb des Unternehmenswerts anzusehen. Die auf den 31.12.1999 in der Bilanz des Unternehmens des Klägers ausgewiesenen und zum 1.1.2000 auf ihn und die Beigeladene übertragenen Wirtschaftsgüter hätten keine stillen Reserven enthalten. Das Entgelt sei daher für die Anschaffung des in dem Unternehmen des Klägers ruhenden Unternehmenswertes erbracht worden. Der Firmenwert sei zum 1.1.2000 mit 275.031,57 DM bzw. 140.621 Euro zu aktivieren und linear über 15 Jahre abzuschreiben.
Der Beklagte zog den Kläger zum Einspruchsverfahren hinzu. Der Kläger beantragte, den Einspruch zurückzuweisen und den angefochtenen Bescheid nicht entsprechend dem Einspruchsbegehren zu ändern. Dazu trug er durch seine für das Einspruchsverfahren bestellten Bevollmächtigten, die auch die Unternehmensübertragung steuerlich betreut hatten, vor: Er habe sich im Alter von fast 60 Jahren aus seinem Unternehmen zurückziehen und nur noch seiner Gutachtertätigkeit nachgehen wollen. Er habe keine eigenen Kinder gehabt und deswegen das Unternehmen an seine Angestellten, die er wie eigene Kinder angesehen habe, weitergeben wollen. Deswegen sei mit den Bevollmächtigten des Einspruchsverfahrens ein Konzept entworfen worden, wie er das Unternehmen seinen Angestellten schenken könnte. Entsprechend diesem Konzept sei verfahren worden. B und die Beigeladene seien mit allen Umständen vertraut gewesen und hätten in Kenntnis des Sachverhal...