rechtskräftig

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer mit Artikel 4 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG – vereinbar ist.

Der Kläger ist … Pfarrer und Anhänger der Friedensbewegung. Er bezeichnet sich als „Millitärsteuerverweigerer” aus Gewissens gründen.

Nachdem der Beklagte die Kraftfahrzeugsteuer für den PKW des Klägers … festgesetzt hatte, machte der Kläger geltend, der Beklagte möge aus Billigkeitsgründen im Sinne von §§ 163, 227 der AbgabenordnungAO – gar keine Steuer festsetzen. Hilfsweise möge er die Steuer aus Billigkeitsgründen um 100 % niedriger festsetzen. Äußerst hilfsweise möge er die Steuer stunden bis zur gesetzlichen Ermöglichung einer Militärsteuerverweigerung. Der Steuerentstehung stehe sein Grundrecht auf Gewissensfreiheit gem. Artikel 4 Abs. 1 GG entgegen. Die Steuerpflicht zwinge ihn zur Beteiligung an einem Verbrechen, nämlich zur Unterstützung der militärischen Rüstung, die durch Steuermittel direkt oder indirekt gefördert werde. Der Beklagte wies die Anträge i. S.v. §§ 222 und, 227 AO an die bei ihm zuständige Stelle und lehnte den Antrag gemäß § 163 AO auf Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer auf 0,– DM ab. Eine Kollision mit der Gewissensfreiheit sei nur denkbar bei zweckgebundenen Sonderabgaben, zu denen die Kraftfahrzeugsteuer jedoch nicht gehöre.

Im Klageverfahren weist der Kläger zusätzlich darauf hin, daß der Internationale Gerichtshof in Den Haag am 8. Juli 1996 festgestellt habe, daß die Drohung mit und der Einsatz von Nuklearwaffen generell völkerrechtswidrig sei. Da die Bundeswehr an der atomaren NATO-Strategie festhalte, begehe sie damit fortlaufend Völkerrechtsbruch. Nach Artikel 25 GG dürfe er nicht über die Steuerzahlung zur Unterstützung völkerrechtswidriger Handlungen gezwungen werden. Das Gericht möge von Artikel 100 Abs. 2 GG Gebrauch machen und vom Bundesverfassungsgericht klären lassen, ob diese völkerrechtliche Regel Bestandteil des Bundesrechts ist und unmittelbare Rechte des einzelnen begründet.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger seinen Vortrag im wesentlichen wie folgt ergänzt:

Es sei seine feste Überzeugung, daß die militärische Rüstung ein Verbrechen darstelle; dennoch liege es ihm fern, die Soldaten zu verunglimpfen. Es sei unrichtig, daß er von dem Staat nichts halte; im Gegenteil schätze er den Staat aus historischen Gründen und liege ihm viel an der Gemeinschaft. Ebenso sehe er das Haushaltsrecht des Parlaments als ein sehr wichtiges und sogar grundlegendes Recht an. Sein Antrag greife jedoch nicht notwendig in das Haushaltsrecht ein. Er begehre ja lediglich die Stattgabe eines Erlaßantrages, die auch aus anderen Gründen ausgesprochen werde, ohne daß insoweit die Budgethoheit des Parlaments als Hindernis angesehen werde. Um einem Mißbrauch vorzubeugen, sei er bereit, eine Auflage zu erfüllen, indem er einen der Steuerfestsetzung entsprechenden Betrag für Zwecke der Gemeinschaft zahle. In einem Rechtsstaat dürfe niemand zu einer Handlung gezwungen werden, die er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren könne. Er bitte das Gericht um Unterstützung, damit er seinem Gewissen folgen könne.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten zu verpflichten, im Billigkeitswege keine Steuer festzusetzen,

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, die Steuer aus Billigkeitsgründen um 100 % herabzusetzen,

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, die festgesetzte Steuer zu stunden, bis eine Militärsteuerverweigerung gesetzlich möglich sei,

hilfsweise, von Artikel 100 Abs. 2 GG Gebrauch zu machen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob die Völkerrechtswidrigkeit von Atomwaffen Bestandteil des Bundesrechts sei und ob der Staat ihn zwingen dürfe, durch seine Steuerzahlung völkerrechtswidrige Handlungen der Bundeswehr zu begehen oder zu unterstützen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die Zahlung von Steuern nicht aus Gewissensgründen abgelehnt werden könne. Er habe zwar Verständnis für die Friedensbewegung; das Begehren des Klägers sei jedoch mit der geltenden Rechtsordnung nicht vereinbar. Die Folgen der Durchbrechung des Budgetrechts des Parlaments seien für den Staat nicht absehbar.

Das Gericht hat die Steuerakten des Beklagten und die Gerichtsakten der Verfahren des Finanzgerichts Düsseldorf 14 K 823/85 AO und 16 K 6309/92 AO beigezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Sie ist mit ihrem Hauptantrag unbegründet. Gleiches gilt für den ersten Hilfsantrag.

Die angefochtene Entscheidung des Beklagten, die – bei verständiger Würdigung – sowohl ein Absehen von einer Steuerfestsetzung als auch eine Herabsetzung der Steuer auf 0,– DM aus Billigkeitsgründen ablehnt, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.

Da es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung der Behörde handelt, darf das Gericht gemäß § 10...

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