Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung eines Unternehmens zum „Verarbeitenden Gewerbe” i.S.d. § 2 Nr. 3 StromStG
Leitsatz (redaktionell)
- Liegt der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Handels- und Produktionsunternehmens nach dem Anteil der Wertschöpfung und den von ihm erzielten Umsatzerlösen in dem Spalten, Glühen und Walzen von Stahlringen (Stahlcoils), ist es als Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes i.S. des § 2 Nr. 3 StromStG einzuordnen, das die Voraussetzungen für die Erlaubnis zur Entnahme von Strom zum ermäßigten Steuersatz erfüllt.
- Bei einer derartigen, der Unterklasse 28.52.1 WZ 93 zuzuordnenden Bearbeitung handelt es sich nicht nur um eine handelsübliche Manipulation von Halbzeug, durch die Waren vor ihrem Weiterverkauf nicht wesentlich verändert werden.
Normenkette
StromStG § 2 Nr. 3, § 4 Abs. 2 S. 1, § 9; StromStV § 15; VO (EWG) Nr. 3696/93; Empfehlung 94/780/EGKS
Streitjahr(e)
2002
Tatbestand
Die Klägerin - eine GmbH - wurde mit Vertrag vom 17. Dezember 2001 gegründet und nahm ihre Geschäftstätigkeit zum 1. April 2002 auf. Der Gegenstand ihres Unternehmens besteht nach dem Gesellschaftsvertrag in der Anarbeitung, dem Großhandel sowie dem Im- und Export von Stahl- und Metallerzeugnissen, Stahl- und Metallhalbzeug sowie Stahl- und Metallfertigerzeugnissen.
Im Rumpfgeschäftsjahr 2002 entfielen 1,7 v.H. der von der Klägerin erzielten Umsatzerlöse und 0,5 % der Wertschöpfung auf die reine Handelstätigkeit. 98,3 v.H. ihrer Umsatzerlöse und 99,5 v.H. der Wertschöpfung entfielen auf das Spalten von Warm- und Kaltbandstählen, das die Klägerin überwiegend - zu 69,8 v.H. ihrer insgesamt erzielten Umsatzerlöse - in Lohnarbeit ausführte. Das Spalten der angelieferten Warmbandringe (Stahlcoils) im Betrieb der Klägerin wird dergestalt durchgeführt, dass die Ringe zunächst auf einer Längsteilanlage (Warmbreitbandschere) in drei Teile gespalten werden. Die entstehenden Ringe werden daraufhin unter Einsatz einer Walze dünner gewalzt und anschließend geglüht. Alsdann werden die Ringe nochmals längsgeteilt und auf Paletten verpackt.
Die Klägerin beantragte am 13. November 2002, ihr eine Erlaubnis zur Entnahme von Strom zum nach § 9 Abs. 3 des Stromsteuergesetzes (StromStG) ermäßigten Steuersatz zu erteilen. Dies lehnte das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 8. Januar 2003 unter Hinweis darauf ab, dass es sich bei dem Unternehmen der Klägerin nicht um ein solches des Produzierenden Gewerbes handele. Der Gegenstand des Unternehmens der Klägerin sei der Stahlhandel, so dass es dem Abschnitt G und der Unterklasse 51.52 der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes (WZ 93) zuzuordnen sei.
Den von der Klägerin gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch wies das beklagte Hauptzollamt mit Entscheidung vom 21. Juli 2003 zurück und führte aus: Das im Gesellschaftsvertrag der Klägerin genannte Anarbeiten von Stahl reiche nicht aus, ihr Unternehmen dem Verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen. Hierbei handele es sich um handelsübliche Manipulationen, was sich auch aus der Empfehlung der Kommission vom 16. November 1994 (Empfehlung 94/780/EGKS) über die Statistiken des Stahlhandels (ABl EG Nr. L 315/21) ergebe.
Die Klägerin hat am 22. August 2003 Klage erhoben, mit der sie vorträgt: Sie erzeuge durch das Spalten, das oftmals mehrere Vorgänge erfordere, um die von den Kunden gewünschte Dimensionierung zu erreichen, kaltgewalzte Flacherzeugnisse in Rollen. Diese Tätigkeit sei der Unterklasse 27.10 WZ 93 zuzuordnen. Die Bearbeitung der Stahlcoils stelle keine handelsübliche Manipulation dar, weil es sich nicht nur um geringfügige Bearbeitungsvorgänge handele und der Charakter der verarbeiteten Waren grundlegend verändert werde. Es entstehe ein Endprodukt, das nach genauen Angaben des Kunden hergestellt werde und von diesem weiterverwendet werde. Sie beschäftige 25 Arbeitnehmer und setze für das Spalten der Stahlcoils 21 gewerbliche Arbeitnehmer ein. Die Bearbeitungsleistung beanspruche eine erhebliche Logistik, je nach Größe der Coils seien mehrere Bearbeitungsvorgänge erforderlich. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Einkaufspreis der ungespaltenen Stahlcoils und dem Verkaufspreis der gespaltenen Coils betrage durchschnittlich 150 € je Tonne. Sie trage zudem allein das Produktionsrisiko für die verarbeiteten Waren. Sie sei Eigentümerin der Waren, soweit sie diese erwerbe, spalte und weiterveräußere. Ferner trage sie das Risko, soweit Stahlcoils im Rahmen der Verarbeitung unbrauchbar würden. Da sie erheblichen Einfluss auf die Gestaltung und Entwicklung der Produkte nehme und das Produktionsrisiko trage, könne nach der Vorbemerkung 3.4 WZ 93 keine handelsübliche Manipulation angenommen werden. Das beim Spalten oder Tafeln im Lohnauftrag entstehende Spaltband oder Blech stelle ein Werkstück dar, so dass ihr Unternehmen der Unterklasse 28.52.1 WZ 93 zuzuordnen sei.
Die Klägerin beantragt,
das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung seines ablehnenden Bescheids vom 8. Januar 2003 in der Gestalt der ...