Entscheidungsstichwort (Thema)
Abweichende Zinsfestsetzung aus Billigkeitsgründen
Leitsatz (redaktionell)
- Die Festsetzung von Nachforderungszinsen nach § 233a AO ist wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß § 163 AO zu korrigieren , wenn nach der Umqualifizierung einer als Schenkung versteuerten Zahlung in einkommensteuerpflichtige Einnahmen aufgrund der Umbuchung der nicht zu verzinsenden Schenkungsteuererstattung auf die Einkommensteuernachzahlung ein Liquiditätsvorteil des Stpfl. ausscheidet.
- Anders als die nachträgliche Zuordnung von Einkünften zu einem anderen Veranlagungszeitraum können Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Steuerarten bei der Entscheidung über die abweichende Festsetzung von Zinsen nach § 233a AO aus Billigkeitsgründen berücksichtigt werden.
Normenkette
AO § 163 Abs. 1 S. 1, § 233a; FGO § 101 S. 1, § 102
Streitjahr(e)
2001
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die abweichende Festsetzung von Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer 2001 im Billigkeitswege.
Der Kläger bezog im Streitjahr 2001 u. a. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als Geschäftsführer der „S-AG”. Am 13.07.1995 schloss der Kläger mit dem Hauptgesellschafter der „S-AG” für sein bisheriges und zukünftiges Engagement eine notarielle Vereinbarung, in der der Hauptgesellschafter dem Kläger eine Beteiligung an den Wertzuwächsen der „S-AG” anbot. Zur Abgeltung weiterer Ansprüche so wie des Anspruchs des Klägers im Zusammenhang mit der notariellen Vereinbarung vom 13.07.1995 schloss der Kläger mit dem Hauptgesellschafter in einem Verfahren vor dem Landgericht „E-Stadt” (Az. 3 0431/99) am 11.01.2001 einen Vergleich. Gegenstand des Vergleichs war u.a. die Zahlung eines Betrages in Höhe von 4.500.000,-- DM an den Kläger. Im Bescheid vom 21.06.2001 wurde dieser Betrag im vollen Umfang vom Finanzamt „W-Stadt” der Schenkungsteuer unterworfen. Der Kläger zahlte die Schenkungsteuer am 25.07.2001.
Ohne einen Ansatz der Zahlung von 4.500.000,-- DM setzte der Beklagte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid 2001 vom 13.06.2003 die Einkommensteuer auf 1.682.064,39 Euro fest.
Im Jahr 2006 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung „E-Stadt” statt. Im Prüfungsbericht vom 19.12.2006 traf der Prüfer die Feststellung, dass durch die Zahlung von 4.500.000,-- DM einerseits Sachverhalte abgegolten werden sollten, die der Schenkungsteuer unterlägen, und andererseits solche, die ertragssteuerlich zu erfassen seien. Die mit der Erzielung der Einnahmen im Zusammenhang stehenden Beratungskosten seien anteilig als Werbungskosten abziehbar. Die ertragsteuerlichen Einnahmen seien um 2.500.000,-- DM vermindert um Werbungskosten in Höhe von 48.563,-- DM zu erhöhen.
In einem Anschreiben an dem Beklagten vom 19.12.2006 teilte der Prüfer dem Beklagten mit, dass der Kläger im Rahmen der Schlussbesprechung beantragt habe, die zu erstattende Schenkungsteuer auf die Einkommensteuernachzahlung umzubuchen. Dabei sei nach Ansicht der Betriebsprüfung der bisherige Wertstellungstag der Zahlung für die Einkommensteuer zu übernehmen, damit es zu einer zutreffenden Festsetzung von Nachzahlungszinsen nach § 233a der Abgabenordnung (AO) kommen könne. Eine Festsetzung von Einkommensteuernachzahlungszinsen für 2001 auf die komplette Mehrsteuer führe zu einer sachlichen Unbilligkeit gegenüber dem Steuerpflichtigen, da ein Liquiditätsvorteil für den Steuerpflichtigen nicht gegeben und eine Verzinsung der Schenkungsteuererstattung gesetzlich nicht vorgesehen sei. Es werde deshalb gebeten, die Auswertung des Bp-Berichts mit dem Finanzamt „W-Stadt” abzustimmen.
Unter dem 14.05.2007 erließ der Beklagte einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2001, in dem er die Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit um 2.500.000,-- DM erhöhte und zugleich weitere Werbungskosten in Höhe von 48.563,-- DM berücksichtigte. Die Einkommensteuer 2001 setzte der Beklagte in Höhe von 2.256.527,41 Euro und die Zinsen zur Einkommensteuer 2001 in Höhe von 146.906,-- Euro fest.
Am 04.06.2007 erließ das Finanzamt „W-Stadt” einen nach § 174 AO geänderten Schenkungsteuerbescheid. In diesem verminderte das Finanzamt die Bemessungsgrundlage um den der Einkommensteuer unterworfenen Betrag und nahm eine Erstattung der Schenkungsteuer in Höhe von 438.683,88 Euro vor.
Gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 2001 legte der Kläger am 15.06.2007 Einspruch ein und beantragte, die Zinsen zur Einkommensteuer auf 41.454,-- Euro herab zu setzten. Zur Begründung trug er vor, dass die aus der Erhöhung der Bemessungsgrundlage entfallende Einkommensteuer von 607.916,-- Euro um die zu Unrecht gezahlte Schenkungsteuer von 438.684,-- Euro zu mindern sei. Die auf den verbleibenden Differenzbetrag von gerundet 169.200,--Euro vorzunehmende Verzinsung belaufe sich lediglich auf 41.454,-- Euro (49 Monate x 0,5 % x 169.200,-- Euro = 41.454,-- Euro). Zu berücksichtigen sei, dass die jetzt nachgeforderte Einkommensteuer bere...