vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit von § 9 Nr. 3 GewStG auf Binnenschiffe
Leitsatz (redaktionell)
- Die gesetzliche Fiktion der § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG, dass 80 v. H. des aus dem Betrieb eines Handelsschiffs im internationalen Verkehr erzielten Gewerbeertrages auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt, gilt auch für Binnenschiffe.
- Aus § 9 Nr. 3 Satz 5 GewStG, wonach für die Anwendung der Sätze 2 bis 4 die Vorschrift des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG entsprechend gilt, folgt nichts Gegenteiliges.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 3, § 9 Nr. 3 Sätze 2, 5; EStG § 5a Abs. 2 Sätze 1-2; GG Art. 27
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anwendbarkeit von § 9 Nr. 3 Gewerbesteuergesetz (GewStG).
Die Klägerin ist alleinige Gesellschafterin und gewerbesteuerrechtliche Organträgerin der A GmbH (folgend: A). A erbringt überwiegend Beförderungsleistungen im Bereich der Binnenschifffahrt. Zu diesem Zweck verfügte sie im Streitjahr 2009 über 10 Schubboote und 76 Schubleichter. Die im Eigentum der A stehenden Fahrzeuge wurden an Konzerngesellschaften bzw. fremde Dritte unbemannt verchartert und bemannt an die A zurückverchartert. Mit diesen Fahrzeugen beförderte die A im Wesentlichen Rohstoffe zwischen den niederländischen bzw. belgischen Seehäfen und dem Werkshafen der B (folgend: B) in C. Daneben erbrachte sie in geringerem Umfang in unmittelbarem Zusammenhang mit der Schubflotte stehende Leistungen wie Schub- und Bugsierleistungen sowie sogenannte Fremdbefrachtungen, auch diese Leistungen betrafen nahezu ausschließlich Verkehre zwischen niederländischen bzw. belgischen Seehäfen und deutschen Rheinhäfen. Desweiteren erzielte die A im Streitjahr 2009 Erträge aus der bemannten Vercharterung von zwei Schubbooten und 20 Schubleichtern, auch diese Fahrzeuge verkehrten fast ausschließlich zwischen niederländischen bzw. belgischen Seehäfen und deutschen Rheinhäfen. Der Einsatz der Schubflotte der A ist durch Reiseberichte belegt und zwischen den Beteiligten unstreitig.
Im Rahmen ihrer Gewerbesteuererklärungen nahm die A seit dem Jahr 1997 die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG für den im Zusammenhang mit dem Betrieb und der Vercharterung der Schubflotte stehenden Teil des Gewerbeertrags in Anspruch, dies wurde vom Beklagten bis zum Jahr 2005 auch anerkannt. Nachdem erstmals eine Außenprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 zu dem Ergebnis gelangte, dass die vorgenannte Kürzungsvorschrift auf den Betrieb und die Vercharterung von Binnenschiffen nicht anwendbar sei, änderte der Beklagte den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 vom 12.03.2012 nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) und ließ in dem hier in Bezug genommenen Änderungsbescheid vom 10.04.2012 die Kürzungsvorschrift unberücksichtigt, so dass sich der im ursprünglichen Bescheid angesetzte Gewerbeertrag der Organgesellschaften von xxx EUR auf nunmehr xxx EUR erhöhte.
Mit dem am 10.05.2012 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz wendet sich die Klägerin im Wege der Sprungklage - welcher der Beklagte am 08.06.2012 zugestimmt hat - gegen den vorgenannten Bescheid. Sie trägt vor, dass die Vorschrift des § 9 Nr. 3 Sätze 2 ff. GewStG für Handelsschiffe im internationalen Verkehr anwendbar sei, eine Beschränkung auf Seeschiffe widerspreche dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Aus der in § 9 Nr. 3 Satz 5 GewStG normierten entsprechenden Anwendung des § 5a Abs. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) folge nichts Gegenteiliges. Die Vorschrift erstrecke den Begriff des „Betriebs von Handelsschiffen im internationalen Verkehr” unter bestimmten Voraussetzungen auf die Vercharterung bzw. die Hilfs- und Nebengeschäfte hierzu. Einen Verweis auf § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG, der als Handelsschiffe im internationalen Verkehr ausschließlich Seeschiffe bezeichnet, enthalte § 9 Nr. 3 GewStG hingegen nicht. Dieser im Wortlaut zum Ausdruck gebrachte objektive Wille des Gesetzgebers habe Vorrang vor einem durch Hinweise in den Gesetzesmaterialien angedeuteten subjektiven Willen des Gesetzgebers. Neben dem eindeutigen Wortlaut widerspreche auch die Systematik des GewStG einer Beschränkung der Kürzungsvorschrift auf Seeschiffe; denn der bei der Besteuerung offensichtlich vorausgesetzte territoriale Bezug fehle bei Binnenschiffen im internationalen Verkehr in entsprechender Weise. Wegen weiterer Einzelheiten zum Vorbringen der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom 10.05.2012 und vom 27.08.2012 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2009 vom 10.04.2012 dahingehend zu ändern, dass der auf den Betrieb bzw. die Vercharterung der Schubflotte der A entfallende Teil des Gewinns aus Gewerbebetrieb bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG gekürzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass § 9 Nr. 3 GewStG eine planwidrige Regelungslücke enthalte. Die vo...