Entscheidungsstichwort (Thema)
AfA für aktivierte Bauzeitzinsen
Leitsatz (redaktionell)
Aktivierte Bauzeitzinsen sind in den Wirtschaftsjahren hälftig dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen, in denen sie sich in Gestalt der AfA gewinnmindernd auswirken.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1; HGB § 255 Abs. 3; EStR R 33 Abs. 7
Tatbestand
Die Klägerin, die einen Betrieb betreibt, nahm anlässlich der Errichtung diverser Gebäude, Betriebsvorrichtungen und sonstiger Wirtschaftsgüter Darlehen auf. Während der Bauzeit zahlte sie für die Darlehen Zinsen. Unter Inanspruchnahme des Wahlrechts nach R 33 Abs. 7 EStR aktivierte sie die Bauzeitzinsen bei den Herstellungskosten der errichteten Wirtschaftsgüter und nahm u.a. hierfür in den Streitjahren AfA-Beträge in Anspruch. Der anteilig auf die aktivierten Bauzeitzinsen entfallende AfA-Betrag beträgt für 1994 92.069 DM und für 1996 122.847 DM.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung für die Jahre 1991 bis 1994 (s. Betriebsprüfungsbericht vom 10.1.1997) vertrat das beklagte Finanzamt (FA) die Auffassung, dass die auf die Bauzeitzinsen entfallenden AfA-Beträge in den Streitjahren dem Gewerbebetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG als Dauerschuldzinsen wieder hälftig hinzurechnen seien.
Nach erfolglosem Einspruch macht die Klägerin mit der Klage geltend: Das FA habe zu Unrecht die für die aktivierten Bauzeitzinsen in Anspruch genommenen AfA-Beträge als Entgelt im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG steuerlich erfasst. Die Bauzeitzinsen seien bei Ausübung des steuerlichen Wahlrechts kraft Gesetzes als Herstellungskosten anzusehen. Nur die Bauzeitzinsen, nicht aber die AfA-Beträge, stünden in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den aufgenommenen Krediten. Hiervon gehe auch das FG München in seinem Urteil vom 14.12.1971 VI (VII) 78/68 (EFG 1972,250) aus. Demgegenüber berufe sich das FA zu Unrecht auf das BFH-Urteil vom 10.3.1993 I R 59/92 (BFH/NV 1993, 561). Denn hierin habe der BFH zu der im Streitfall entscheidungserheblichen Rechtsfrage, ob die AfA auf die aktivierten Bauzeitzinsen als Entgelt für die Darlehensüberlassung zu erfassen seien, nicht Stellung genommen. Im übrigen trete durch die Handhabung des FA eine Doppelbelastung ein, da die aktivierten Bauzeitzinsen und zusätzlich noch die Darlehensverbindlichkeit das Gewerbekapital erhöht hätten.
Die Klägerin beantragt,
die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge dahingehend zu ändern, dass bei der Ermittlung des Messbetrags nach dem Gewerbeertrag die in den Abschreibungen enthaltenen aktivierten Bauzeitzinsen nicht wieder hälftig dem Gewerbeertrag nach § 8 Nr. 1 GewStG wieder hinzugerechnet werden.
Das FA beantragt Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Das FA hat die auf die aktivierten Bauzeitzinsen entfallenden AfA-Beträge zu Recht dem Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 1 GewStG hinzugerechnet.
1. Entgelte für Schulden sind die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital (Glanegger/Güroff, GewStG, 4. Aufl., § 8 Nr. 1 Rz. 33). In erster Linie sind dies die für die Schulden geleisteten Zinsen. Während sich die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG bis zum Erhebungszeitraum 1990 nach dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Vorschrift auf „Zinsen” beschränkte, sind seitdem „Entgelte” dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen. Damit stellt die Vorschrift des § 8 Nr. 1 GewStG ab dieser Änderung nicht mehr nur auf den (engeren) bürgerlich-rechtlichen Zinsbegriff ab, sondern erfasst auch gewinnabhängige Vergütungen für die Nutzung von Fremdkapital, sowie Entgelte jedweder Art, die die Überlassung des Kapitals abgelten, soweit sie den Gewinn mindern (vgl. BFH-Urteil vom 25.2.1999 IV R 55/97, BStBl II 1999, 473 unter Hinweis auf die BT-Drucksache 11/2157 S. 175). Unter § 8 Nr. 1 GewStG fallen nunmehr lediglich solche Entgeltsbestandteile nicht mehr, die nicht für die Zurverfügungstellung eines Dauerkredits geleistet werden, wie z.B. Zinsen für kurzfristige Kredite, Bereitstellungsprovisionen sowie Entgelte für solche Dienstleistungen des Kreditgebers, die nicht in Zusammenhang mit der Hingabe der Dauerschulden stehen (vgl. im einzelnen Pauka, DB 1988, 2224).
2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze sind auch die AfA-Beträge für die aktivierten Bauzeitzinsen als Entgelt zu qualifizieren.
a) Bauzeitzinsen gehören zu den Zinsen im herkömmlichen Sinne. Werden sie im Zeitpunkt ihrer Verausgabung als Betriebsausgaben abgezogen, sind sie im Jahr ihrer Verausgabung - falls die Darlehensverbindlichkeit das Merkmal der Dauerschuld erfüllt - als Entgelt dem Gewerbeertrag wieder hinzuzurechnen.
Werden die Bauzeitzinsen in Ausübung des gemäß Abschnitt 33 Abs. 7 EStG in Verbindung mit § 255 Abs. 3 S. 2 HGB eingeräumten Wahlrechts aktiviert, können sie in den Erhebungszeiträumen, in denen noch keine gewinnmindernde AfA von den Herstellungskosten vorgenommen wird, nicht als Dauerschuldzinsen dem Gewerbeertrag zugerechnet werden. Denn aufgrund der Aktivierung der Zinsen hat der entsprechende Zinsaufwand in den Wirtschaftsjahren, in denen mit der AfA noch nicht begonnen und...