Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf die Vergütung von Mineralölsteuer für das in einer Restmüllverbrennungsanlage verwendete und versteuert bezogene Erdgas
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer Restmüllverbrennungsanlage handelt es sich nicht um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, so dass für das zur Unterhaltung des Verbrennungsprozesses eingesetzte Erdgas keine Vergütung von Mineralölsteuer nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5a MinöStG gewährt werden kann.
- Auch wenn die bei der Verbrennung entstehenden Rauchgase zur Dampf- und Elektrizitätserzeugung genutzt werden, kann das Unternehmen nach dem Schwerpunkt seiner wirtschaftlichen Tätigkeit nicht als ein solches der Elektrizitäts- oder Fernwärmeversorgungswirtschaft i. S. d. Unterklassen 40.30.4 und 40.10.5 WZ 93 angesehen werden.
- Die Bestimmung des Kreises der begünstigten Unternehmen in § 2 Nr. 3 StromStG ist abschließend, so dass in anderen Rechtsvorschriften als denen des StromStG angelegte Definitionen (§§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 6 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG ) keine Bedeutung haben.
Normenkette
MinöStG § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5a; StromStG § 2 Nr. 3; StromStV § 15 Abs. 2 Sätze 2, 3 Nrn. 2-3, S. 4, Abs. 8; KrW-/AbfG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 S. 1
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betreibt eine Restmüllverbrennungsanlage, die aus vier Verbrennungslinien (Kesseln) besteht, in denen Hausmüll, Sperrmüll sowie Reste aus der Gewerbe- und Baustellenabfallsortierung verbrannt werden. Der angelieferte Müll wird zerkleinert, vom Hausmüll werden Wertstoffe ausgesondert. Alsdann wird eine Mischung der Müllsorten mit einer im Heizwert möglichst homogenen Masse hergestellt, die in einem Restmüllbunker zwischengelagert wird. Von dort wird der Müll über Trichter den vier Kesseln zugeführt, wo er bei Temperaturen zwischen 1.000 und 1.200 Grad Celsius zu Asche verbrannt wird. Um die aus Immissionsschutzgründen erforderliche Mindesttemperatur von 850 Grad Celsius aufrechtzuerhalten, sind in jedem Kessel jeweils zwei Seiten- und Deckenbrenner angebracht, mit denen bei Bedarf Erdgas zur Stützung verbrannt wird. Diese Brenner werden auch zum Anfahren der Kessel eingesetzt, bis die Mindesttemperatur von 850 Grad Celsius erreicht wird. Die bei dem Verbrennen des Mülls entstehenden Rauchgase werden zur Dampferzeugung genutzt. Der etwa 400 Grad Celsius heiße Dampf gelangt von den Kesseln in einen Sammler und treibt dort eine Kondensations-Entnahmeturbine mit einem Hoch- und Niederdruckteil an, die Strom erzeugt. Aus dem Hochdruckteil der Turbine wird 16-bar Dampf entnommen, der als Ferndampf in das Netz eingespeist wird. Aus dem Niederdruckteil der Turbine entnimmt die Klägerin 4,8-bar Dampf, den sie zur Steigerung des Wirkungsgrades der Anlage einsetzt. Etwa 25 v.H. des erzeugten Stroms entnimmt die Klägerin zum Eigenverbrauch, während etwa 73 v.H. des Stroms in das Netz eingespeist wird. Die Klägerin verpflichtete sich in einem am 9. Dezember 1997 abgeschlossenen Energielieferungs-Sondervertrag, der am 3. Juli 2003 geändert wurde, die in ihrer Restmüllverbrennungsanlage erzeugte und ihren Eigenverbrauch übersteigende Energie als Strom und Dampf in das Netz einzuspeisen. Die Klägerin schloss ferner mit einer AG am 30. Juni 2003 einen Vertrag über die Lieferung von Sekundärbrennstoffen ab. Hiernach verpflichtete sich die AG, die Restmüllverbrennungsanlage der Klägerin mit Sekundärbrennstoffen aus Abfall zur Gewährleistung einer kontinuierlichen und gesicherten Energieerzeugung für den Fall zu beliefern, dass ausreichende Abfallmengen für den Betrieb der Anlage nicht zur Verfügung stehen.
Im Jahr 2001 beschäftigte die Klägerin 53 Personen in der Verwaltung und ihren Standortdiensten (Wachdienst, Fahrzeugwaage, Hausmeister). Bei dem Personal der Verwaltung handelte es sich um Mitarbeiter der allgemeinen Verwaltung, der Personalverwaltung, des Einkaufs, des Rechnungswesens und der EDV. Ferner beschäftigte sie 37 Personen in ihrem Deponiebetrieb und sechs Personen in ihrem Kühlgeräteentsorgungsbetrieb. 99 Personen waren in der Restmüllverbrennungsanlage der Klägerin eingesetzt. Hierbei handelte es sich um 33 Mitarbeiter der Brennstoffaufbereitung und Brennstoffbeschickung (Vorschaltanlage) sowie um 66 Mitarbeiter der Schichten (Leitstandfahrer, Betriebsingenieure, Laborpersonal und interne Instandhaltung).
Im Rahmen einer bei ihr durchgeführten Außenprüfung beantragte die Klägerin im August 2000 die Vergütung von Mineralölsteuer nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) für das in der Restmüllverbrennungsanlage seit dem 1. April 1999 verwendete und ermäßigt versteuert bezogene Erdgas. Dies lehnte das Hauptzollamt, dessen Zuständigkeit mittlerweile auf das beklagte Hauptzollamt übergegangen ist, mit Bescheid vom 19. Dezember 2000 unter Hinweis darauf ab, dass es sich bei dem Unternehmen der Klägerin nicht um ein solches des Produzierenden Gewerbes handele, weil es der Unterklasse 9...