rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gemeinsame Ermittlung des Kürzungsbetrages des Vorwegabzug bei Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Kürzung des Vorwegabzugs von Vorsorgeaufwendungen bei zusammenveranlagten Ehegatten wird auch dann nicht durch den auf einen Ehegatten entfallenden Teilbetrag des Vorwegabzugs begrenzt, wenn die Kürzungsvoraussetzungen in der Person des anderen Ehegatten (Versorgungsempfänger) nicht erfüllt sind. Hieran hat sich durch die gesetzliche Neuregelung ab dem Veranlagungszeitraum 1993 nichts geändert.
2. Eine verfassungswidrige Schlechterstellung von Eheleuten gegenüber Unverheirateten wird insoweit durch das Wahlrecht zur getrennten Veranlagung ausgeschlossen.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 62, § 10 Abs. 3 Nr. 2a, § 19 Abs. 2, § 26a Abs. 2; GG Art. 6
Streitjahr(e)
1993, 1994
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Ehegatten, die in den Streitjahren (1993 und 1994) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Beide bezogen in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In 1993 betrugen diese Einnahmen des Klägers 139.150,00 DM, wovon 96.650,00 DM auf Versorgungsbezüge entfielen, die der Klägerin 110.908,00 DM, in 1994 197.240,00 DM, davon 97.635,00 DM Versorgungsbezüge und 112.141,00 DM. Für die Klägerin wurden vom Arbeitgeber Ausgaben zur Zukunftssicherung im Sinne von § 3 Nr. 62 Einkommensteuer -EStG- erbracht. In ihren Einkommensteuererklärungen machten die Kläger Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 28.731,00 DM (1993) und 29.891,00 DM (1994) geltend. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) erkannte in den Einkommensteuerbescheiden vom 13.10.1995 (für 1993) und vom 20.3.1997 (für 1994) Vorsorgeaufwendungen nur in Höhe von 7830,00 DM an, indem es den Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 EStG um jeweils 12.000,00 DM kürzte. Die Einsprüche der Kläger, mit denen eine Kürzung der Vorwegabzüge nur für die Ehefrau um 6.000,00 DM, nicht aber mit weiteren 6.000,00 DM für den Ehemann begehrt wurde, wies das FA mit Einspruchsentscheidungen vom 15.8.1996 für 1993 und vom 15.5.1997 für 1994 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte da FA im wesentlichen aus, § 10 Abs. 3 EStG 1993 sei unter Berücksichtigung seines Sinns und Zweckes und der Entstehungsgeschichte dahin auszulegen, daß bei zusammenveranlagten „Doppelverdiener - Ehegatten” die für jeden der Eheleute maßgebliche Beitragsbemessungsgrundlage anzusetzen sei. Dieser Verwaltungsauffassung habe sich auch der Bundesfinanzhof -BFH- mit Urteil vom 12.10.1994 (Bundessteuerblatt - BStBl - II 1995, S. 119) angeschlossen. Hieran ändere auch nichts, daß nach § 26a EStG in der ab Veranlagungszeitraum 1990 anzuwendenden Fassung bei einer getrennten Veranlagung eine gemeinsame Ermittlung der Sonderausgaben nicht mehr vorzunehmen sei. Denn es handele sich hierbei um eine spezielle Vorschrift für die getrennte Veranlagung.
Die Kläger haben am 20.9.1996 und am 9.6.1997 Klage erhoben, die der Senat mit Beschluß vom 21.4.1999 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat.
Sie tragen vor, die bis zum Veranlagungszeitraum 1992 zulässige Kürzung des Vorwegabzuges des einen Ehegatten wegen der Einkünfte des anderen Ehegatten sei nach der ab 1993 geltenden Fassung des Gesetzes nicht mehr zulässig. Sie verweisen darauf, daß die Kürzungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 3 Nr. 2 a EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung vom Kläger nicht erfüllt werden. Eine Saldierung dieser Begünstigung durch Einbeziehung der Einkünfte der Klägerin sei unzulässig. Ab Veranlagungszeitraum 1990 sei hinsichtlich der Vergleichbarkeit von gemeinsamer Veranlagung und getrennter Veranlagung § 26a Abs. 2 EStG dahin geändert, daß Sonderausgaben von dieser Vorschrift nicht mehr erfaßt würden. Damit sei die Vergleichbarkeit entscheidend verschoben. Ab 1993 habe der Gesetzgeber die Eigenvorsorge ausdrücklich privilegiert. Der Gesetzgeber habe nämlich erstmals vorgesehen, daß Einkünfte aus Arbeit - hier die Versorgungsbezüge - nicht mitzurechnen seien. Er habe ferner vorgesehen, daß bei Versorgungsempfängern nur solche Einkünfte anzurechnen seien, mit denen Leistungen für eine Zukunftssicherung verbunden seien, die der Kläger nicht gehabt habe. Die BFH-Entscheidung vom 4.3.1998 X R 109/95, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1998, S. 1466 spreche nur scheinbar gegen die Erfolgsaussichten der Klage, da der BFH nicht den hier geltend gemachten Fall, sondern einen anderen entschieden habe, nämlich ausdrücklich Zukunftssicherungsleistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG. Insoweit sei der Inhalt des Gesetzes nicht verändert worden. Entscheidend für die Erfolgsaussicht der Klage sei aber sei die Aufnahme des Passus „wenn für die Zukunftssicherung des Steuerpflichtigen Leistungen im Sinne des § 3 Nr. 62 erbracht werden oder der Steuerpflichtige zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 gehört.” Diese vom Gesetzgeber ...