Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug aus Rechnungen eines sog. „Hochpreisers” - Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Aus Rechnungen einer als sog."Hochpreiser” zum Schein als vermeintliche Zwischenhändlerin in den Verkauf von gebrauchten Nutzfahrzeugen eingeschalteten GmbH, deren Aufgabe es ist, einerseits dem tatsächlichen Veräußerer eine Ausgangsrechnung mit dem um die Schwarzgeldzahlung geminderten Verkaufspreis und andererseits dem tatsächlichen Erwerber eine Eingangsrechnung mit dem tatsächlich erheblich höheren Einkaufspreis zu verschaffen, steht dem Erwerber mangels Identität von Rechnungsaussteller und tatsächlich leistendem Unternehmer kein Vorsteuerabzug zu.
  2. Die rein rechnungsmäßige Einschaltung des „Hochpreisers” in die Lieferkette stellt ein zivil- und umsatzsteuerrechtlich unbeachtliches Scheingeschäft i. S. v. § 41 Abs. 2 AO dar.
 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; AO § 41 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2003, 2004

 

Tatbestand

Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2003 und 2004 einen Handel mit gebrauchten Nutzfahrzeugen in A-Stadt. In seinen Umsatzsteuererklärungen 2003 und 2004 machte er in Rechnungen der Firmen A-GmbH, NN-Nutzfahrzeuge - Inhaber Herr A. - und B.-GmbH über Fahrzeug- und Ersatzteillieferungen ausgewiesene Umsatzsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 343.984.- EUR (2003) und 267.424.- EUR (2004) als Vorsteuer geltend. Wegen der Zusammensetzung der Beträge im Einzelnen wird auf die Anlagen zum Schreiben des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung an den Beklagten vom 02.02.2007 Bezug genommen. Mit geänderten Umsatzsteuerbescheiden 2003 und 2004 vom 24.02. und 08.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2007 versagte der Beklagte den Vorsteuerabzug aus den genannten Rechnungen. Dabei stützte sich der Beklagte u. a. auf die Aussage des Geschäftsführers der A-GmbH - Herr B. - gegenüber dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung vom 28.11.2005, wonach die A-GmbH tatsächlich keine Fahrzeuge an den Kläger geliefert habe. Vielmehr habe er - B. - die Rechnungen auf Verlangen des Herrn C., eines Sohnes des Klägers, nach dessen Vorgaben geschrieben. Darüber hinaus habe er von Herrn C. an die A-GmbH adressierte Rechnungen der tatsächlichen Verkäufer erhalten, die erheblich niedrigere Kaufpreise ausgewiesen hätten. Außerdem habe er von Herrn C. jeweils Schecks über die in den Rechnungen der A-GmbH ausgewiesenen Bruttorechnungsbeträge erhalten und diese auf dem Konto der A-GmbH eingelöst. Im Gegenzug habe er Herrn C. jeweils Schecks über die in den Rechnungen der tatsächlichen Verkäufer an die A-GmbH ausgewiesenen Bruttorechnungsbeträge übergeben. Die Differenz der jeweiligen Nettorechnungsbeträge habe er - abzüglich seiner Provision von 11 % dieser Differenzbeträge - in bar an Herrn C. ausbezahlt. Darüber hinaus stützte sich der Beklagte auf die Aussagen des Herr A. vom 18. und 26.10.2005 sowie des Herrn D. vom 19. und 20.09.2006 gegenüber den Finanzämtern für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Mit der gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide 2003 und 2004 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend:

Die Steuerfahndung und ihr folgend der Beklagte habe sämtliche Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der Firmen A-GmbH, NN-Nutzfahrzeuge - Inhaber Herr A. - und B.-GmbH nicht zum Abzug zugelassen. Es treffe aber nicht zu, dass diese Unternehmen keine Lieferungen ausgeführt hätten. Vielmehr handele es sich um Unternehmen, die tatsächlich als Unternehmer am Markt aufgetreten seien und mit Nutzfahrzeugen gehandelt und sowohl zutreffende als auch unzutreffende Rechnungen erteilt hätten. Bei dieser Sachlage komme eine pauschale Nichtanerkennung aller von diesen Unternehmen erteilten Rechnungen nicht in Betracht. Die Steuerfahndung hätte vielmehr Einzelermittlungen zu den jeweiligen Rechnungen anstellen und konkrete Feststellungen dazu treffen müssen, ob diesen Rechnungen tatsächliche Lieferungen oder Scheingeschäfte zugrunde gelegen hätten. Da dies nicht geschehen sei, sei die Versagung des Vorsteuerabzugs rechtswidrig. Wegen der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird auf die in Bezug genommene Antragsschrift vom 25.05.2007 im gerichtlichen Aussetzungsverfahren 1 V 1965/07 A(U) verwiesen.

Mit im Verlauf des Klageverfahrens geänderten Umsatzsteuerbescheiden 2003 und 2004 vom 17.03.2010 hat der Beklagte die Umsatzsteuer um 95.840.- EUR (2003) und 149.120.- EUR (2004) herabgesetzt. Diese Änderungen beruhten darauf, dass der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der B.-GmbH nunmehr nur noch insoweit versagt wurde, als er auf Rechnungen über Ersatzteillieferungen beruhte, nicht mehr hingegen, soweit in den Rechnungen über Fahrzeuglieferungen abgerechnet worden ist.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 2003 und 2004 vom 17.03.2010 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 248.144,00 EUR (2003) und 118.304,00 EUR (2004) herabgesetzt wird.

Der ...

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