Entscheidungsstichwort (Thema)

Betätigung als sog. EDV-Berater als Ausübung eines freien Berufs

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch wenn die Tätigkeit eines EDV-Beraters ohne Hochschulabschluss mit der eines Dipl.-Informatikers vergleichbar ist, kann sie doch nicht als Ausübung eines freien Berufs qualifiziert werden, wenn der Stpfl. nicht einem Dipl.-Informatiker vergleichbare Kenntnisse in allen Kernbereichen des Informatikstudiums (hier: „Mathematik”, „theoretische Grundlagen” und „Anwendungen”) besitzt.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; GewStG § 2 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1993, 1994, 1995, 1996, 1997

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.05.2009; Aktenzeichen VIII B 178/08)

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Streitig ist, ob der Kläger in den Erhebungszeiträumen 1993 bis 1997 als sogenannter EDV-Berater gewerbliche Einkünfte oder Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt hat.

Nach einer Außenprüfung stufte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Tätigkeit des Klägers als gewerblich ein, da ein EDV-Berater keinen dem Ingenieur ähnlichen Beruf ausübe. Daraufhin erließ das FA am 27. August 1999 für die Streitjahre erstmalig Gewerbesteuermessbescheide. Gegen diese Bescheide legte der Kläger Einspruch ein.

Zu seinem beruflichen Werdegang machte er folgende Angaben:

Realschulabschluss im Kalenderjahr 1976

Ausbildung zum Versicherungskaufmann (1976 - 1979)

Tätigkeit als Angestellter in der Versicherungsbranche (1979 - 1984)

Ausbildung zum EDV-Organisator (1984 - 1985)

Tätigkeit als Angestellter im EDV-Bereich (1985 - 1993)

Anmeldung als EDV-Berater bei der Stadt H (ab 07/1993)

In der Zeit von Januar bis März 1986 besuchte der Kläger einen Kurs bei der Volkshochschule A-Stadt zum Thema „Programmiergrundlagen/Programmierungen mit Pascal” und nahm im Wintersemester 1990 an 28 Abenden das Fortbildungsangebot zum Diplom-Betriebswirt an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie W wahr.

Zudem legte der Kläger u.a. folgende Unterlagen vor:

Ein Ausbildungs-Zertifikat der Firma IBM über die Kursteilnahme vom 29.02.1988 bis 01.03.1988 über das Seminarthema: IBM System/36 OCL-Programmierung.

Ein Ausbildungs-Zertifikat der Firma IBM über die Kursteilnahme vom 01.03.1988 bis 02.03.1988 über das Seminarthema: IBM System/36 Bildschirmentwurfsprogramm (SDA).

Ein Ausbildungs-Zertifikat der Firma IBM über die Kursteilnahme vom 02.03.1988 bis 03.03.1988 über das Seminarthema: IBM System/36 Sortierprogramm SORT.

Ein Ausbildungs-Zertifikat der Firma IBM über die Kursteilnahme vom 03.03.1988 über das Seminarthema: IBM System/36 Datenschutzfunktionen.

Ein Zertifikat einer Industrie- und Handelskammer über den Besuch und die erfolgreiche Teilnahme am lehrgangsinternen Test vom 19.09.1988 bis 23.11.1988 (insgesamt 64 Unterrichtsstunden) über das Kursthema: Datenbankverwaltung mit dBASE III+.

Ein Ausbildungs-Zertifikat der Firma IBM über die Kursteilnahme vom 26.06.1989 bis 07.07.1989 über das Seminarthema: IBM AS/400 Kompakt-Grundausbildung VP.

Ein Ausbildungs-Zertifikat der Firma IBM über die Kursteilnahme vom 10.07.1989 bis 14.07.1989 über das Seminarthema: IBM AS/400 IM /36 Ausführungsmodus.

Ein Ausbildungszertifikat der AIA B-Stadt (Niederlande) über die Kursteilnahme am 24.02.1999 über das Seminarthema: ITP application construction - basics

Projektbeschreibungen für den Zeitraum Juli 1993 bis Dezember 1999.

Das FA wies den Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom 29.05.2000 als unbegründet zurück.

Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, er erziele mit seiner Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit, da die von ihm ausgeübte Tätigkeit dem Berufsbild eines Informatikers vergleichbar und damit in die Kategorie des dem Ingenieur ähnlichen Berufs einzustufen sei. Für die Einordnung einer Tätigkeit in einen den Katalogberufen ähnlichen Beruf wie den des Ingenieurs verlange der Bundesfinanzhof (BFH) qualitative und quantitative Voraussetzungen einer ingenieurmäßigen Tätigkeit, die der des Dipl.-Informatikers entsprechen. Hierzu müsse der Steuerpflichtige den Nachweis über Kenntnisse erbringen, die den Schluss rechtfertigten, dass diese Kenntnisse ihrer Breite und Tiefe nach denjenigen des an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule ausgebildeten Dipl.-Informatikers entsprechen. Durch seine Ausbildung zum EDV-Organisator, die praktischen Tätigkeiten auf dem Gebiet der Informatik in verschiedenen Unternehmen und seine Teilnahme an Seminaren und Lehrgängen habe er einen mit den Lehrinhalten und dem Ausbildungsumfang eines Fachhochschulstudiums der Informatik vergleichbaren Kenntnisstand erlangt.

Nachdem der BFH das klageabweisende Urteil des Senats vom 10. Dezember 2004 aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hatte, hat der Senat durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. C. Beweis zu der Frage erhoben, ob der Kläger in den Streitjahren einem Ingenieurberuf vergleichbare Kenntnisse besessen hat und ob sich die in diesen Jahren vom Kläger ausgeübte berufliche Tätigkeit...

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