Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages: Qualifikation der Wohnbauträgertätigkeit als schädlicher gewerblicher Grundstückshandel – 3 Objekt-Grenze
Leitsatz (redaktionell)
Für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kommt es nicht darauf an, ob die durch die Errichtung und Veräußerung von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen ausgeübte Wohnbauträgertätigkeit auf Grund ihres Umfangs nach den Kriterien des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG (3 Objekt-Grenze) an sich als gewerblicher Grundstückshandel zu qualifizieren wäre.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 2 S. 1
Streitjahr(e)
2010
Tatbestand
Die Klägerin ist im Rahmen einer gewerbesteuerlichen Organschaft Organträgerin für die…A-GmbH (im Folgenden: A-GmbH). Den Gewerbesteuermessbetrag für das Streitjahr 2010 setzte der Beklagte (im Folgenden: das Finanzamt) zunächst erklärungsgemäß auf 0 € fest (Bescheid vom 3.06.2014, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung). Außerdem stellte das Finanzamt den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.2010 in Höhe von…€ fest (Bescheid vom 4.06.2014, ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung).
Ab Juni 2014 führte das Finanzamt…bei der A-GmbH eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 2008 bis 2010 durch. Der Prüfer stellte fest, dass die Gesellschaft bis 2009 keinen erweiterten Kürzungsbetrag für Grundbesitz geltend gemacht hatte, weil sie über die Verwaltung des eigenen Grundbesitzes und über die Errichtung und Veräußerung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen hinaus einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hatte. Zum Ende 2009 sollte planmäßig der gesamte eigene Grundstücksbestand der A-GmbH, der dem Bauträgergeschäft und dem gewerblichen Grundstückshandel zuzuordnen (und deshalb im Umlaufvermögen aktiviert) war, an die Z-GmbH (im Folgenden: Z-GmbH) veräußert werden. Aus diesem Grunde hatte die Klägerin, nach dem (vermeintlichen) Wegfall „schädlicher” Aktivitäten, für 2010 die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) um den Teil des Gewerbeertrags geltend gemacht, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes der A-GmbH entfiel (nämlich…€).
Allerdings war -- wie der Prüfer bemerkte -- ein Grundstück aus dem Bauträgergeschäft der A-GmbH nicht an die Z-GmbH übergegangen. Es handelte sich um das Grundstück S-Straße in S-Stadt. Dies hatte die A-GmbH als unbebautes Grundstück vor Jahren erworben. Im Jahr 2009 verkaufte die A-GmbH das erschlossene unbebaute Grundstück an ein Ehepaar mit der übernommenen weiteren Verpflichtung, hierauf ein freistehendes Einfamilienhaus schlüsselfertig zu errichten (notariell beurkundeter Grundstückskaufvertrag und Bauerrichtungsvertrag vom 23.06.2009). Den Bau des Einfamilienhauses stellte die A-GmbH in 2009 nicht fertig. Da im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Käufer-Ehepaars eingetragen war, wurde es Ende 2009 im Zuge der Umstrukturierung an die Z-GmbH nicht mitveräußert, sondern blieb im Umlaufvermögen der A-GmbH. Allerdings wurde das Gebäude vereinbarungsgemäß durch die Z-GmbH fertiggestellt und übergeben (Abnahme und Übergabeprotokoll vom 2.06.2010), weil die Z-GmbH die Bauträgeraktivitäten der A-GmbH fortführte. Die Schlussrechnung einschließlich Sonderwunschleistungen wurde durch eine Service GmbH vereinnahmt, die für die A-GmbH und die Z-GmbH auftrat. Die A-GmbH erhielt hieraus über die bis zum 31.12.2009 aktivierten Herstellungskosten (ca. 74.000 €) zusätzlich einen Gewinnanteil von 5.000 €.
Der Prüfer vertrat die Ansicht, das zurückbehaltene Grundstück sei bis zur Gewinnrealisierung dem gewerblichen Grundstückshandel der A-GmbH zuzuordnen; hieraus habe die A-GmbH noch im Jahr 2010 originäre gewerbliche Einkünfte erzielt, die der erweiterten Kürzung entgegenstünden. Einkünfte aus der Errichtung und Veräußerung von Einfamilienhäusern seien für die Gewährung der erweiterten Kürzung nur unschädlich, wenn sie im Rahmen bloßer privater Vermögensverwaltung, nicht aber eines gewerblichen Grundstückshandels angefallen seien. Der Prüfer berücksichtigte nur die einfache Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG, nämlich in Höhe von…€. Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und erließ unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid für 2010 (vom 7.04.2015), worin es, ausgehend von einem gerundeten Gewerbeertrag von…€, einen Gewerbesteuermessbetrag von…€ festsetzte. Zugleich hob es die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2010 gemäß § 35 b Abs. 2 GewStG auf (Bescheid vom 8.04.2015).
Der hiergegen erhobene Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das Finanzamt führte nach Absprache mit der Oberfinanzdirektion im Rahmen der Einspruchsentscheidung (vom 2.12.2018) aus, Voraussetzung für die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei, dass das Grundstücksunternehmen ausschließlich vermögensverwaltend tätig sei. Denn Sinn der Vorschrif...