Entscheidungsstichwort (Thema)

Einreihung eines Moduls für die Videoaufzeichnung und –wiedergabe: Abgrenzung zwischen Videogerät und Teilen eines Videogeräts – Erfüllung der wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen Ware

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei zum Einbau in ein Videoinspektionskamerasystem bestimmten Modulen für die Videoaufzeichnung und – wiedergabe, die aus einer Platine mit Prozessor, Signalelektronik, A/D-Wandler und Videokompressionstechnik mit darauf angebrachten Steckern sowie einem SD-Kartenschacht mit daran angebrachten Kabeln mit Steckverbindung bestehen, aber keine Anschlüsse für Bedien- und Steuerelemente aufweisen, handelt es sich nicht um einen unvollständigen digitalen Videorecorder der Position 8521 KN, sondern um in die Position 8522 einzureihende Teile eines Videorecorders.
  2. Bei der Prüfung, ob unvollständige oder unfertige Waren bereits die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Waren aufweisen sind diese mit der Ware zu vergleichen, die mit ihrer Verwendung entstehen soll.
  3. Dabei ist sowohl der Umfang der in das funktionsfähige fertige Produkt einzubauenden weiteren Teile als auch der Wert des Moduls im Vergleich zum gesamten System zu berücksichtigen.
 

Normenkette

ZK Art. 20 Abs. 1, 3 Buchst. a, Art. 201 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3, Art. 214 Abs. 1, Art. 236 Abs. 1; KN Upos. 8521 90 00; KN Upos. 8522 90 49

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.09.2018; Aktenzeichen VII R 32/17)

BFH (Urteil vom 18.09.2018; Aktenzeichen VII R 32/17)

 

Tatbestand

Die Klägerin meldete am 23. und 25.04., 20.05., 10.08. und 28.10.2010 beim Zollamt A-Stadt des Beklagten Speichermodule aus Taiwan unter der Unterposition 8521 90 00 der Kombinierten Nomenklatur (KN) zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Die Zollstelle nahm die Zollanmeldungen ohne Beschau an und setzte den sich aus dieser Unterposition ergebenden Zoll (Zollsatz von 13,9%) mit folgenden Einfuhrabgabenbescheiden fest:

Bescheid vom

Zollwert

Zoll

23.04.2010

6.456,38 €

897,44 €

25.04.2010

25.674,90 €

3.568,81 €

20.05.2010

1.920,30 €

266,92 €

10.08.2010

32.089,37 €

4.460,42 €

28.10.2010

16.070,97 €

2.233,86 €

Bei den als Speichermodulen bezeichneten Waren handelte es sich um das von der B. vertriebene (), das aus einer Platine mit den Außenmaßen von 32x68 mm mit Prozessor, Signalelektronik, A/D-Wandler und Videokompressionstechnik mit darauf angebrachten Steckern sowie einem SD-Kartenschacht mit daran angebrachten Kabeln mit Steckverbindung besteht. Das Modul war vom Hersteller mit besonderen, eigens für die Klägerin angebrachten Anschlüssen versehen und wurde von der Klägerin nach der Einfuhr in die von ihr gefertigten Videoinspektionskamerasysteme eingebaut. Die Systeme befanden sich in einem Gehäuse in der Form eines Doppelschalenkoffers und waren mit einer oder zwei Kameras, einem Monitor und zwei Akkus zur Stromversorgung versehen. Das eingeführte Modul wurde auf eine andere Platine gesetzt, die neben zusammengesetzten elektronischen Bauteilen die Anschlüsse für Bedien- und Steuerelemente sowie einen weiteren SD-Kartenschacht aufwies. Beide Platinen wurden sodann in das Gehäuse des Videoinspektionssystems eingebaut. Der SD-Kartenschacht des eingeführten Moduls blieb ungenutzt,

Das Modul diente zur Bild- und Tonaufzeichnung von Audio-, Video- und Bilddateien in den Formaten MPEG4 und AFS und zum Umwandeln und Wiedergeben dieser Dateien in sichtbarer und hörbarer Form zur Verwendung in der Videoinspektionstechnik. Da das Modul kein Gehäuse hatte, beurteilte das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung - Dienstsitz A-Stadt - das Modul als unvollständigen digitalen Videorecorder der von der Klägerin angemeldeten Unterposition der KN.

Am 10.04.2013 beantragte die Klägerin für die o.a. Einfuhren die Erstattung des Zolls in Höhe von 9,9%, da die Speichermodule als Teile eines Videorecorders in die Position 8522 einzureihen seien. Mit Bescheid vom 31.10.2013 lehnte der Beklagte den Erstattungsantrag ab, da die Zollanmeldung zutreffend sei.

Den dagegen fristgerecht eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 25.03.2014 als unbegründet zurück und führte dazu aus, die von der Klägerin eingeführte Platine enthalte alle für die Videoaufzeichnung und - wiedergabe erforderlichen Komponenten, wie die Audiosignalverarbeitungselektronik mit MPEG-Decoder/Encoder und weiteren Bauelementen, SD-Kartenschacht, USB-Schnittstelle und insgesamt 14 Anschlusspins für die Stromversorgung, für Audio-/Videoein- und ausgangssignale sowie für Bedien- und Steuersignale. Damit weise es die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale eines vollständigen Videogeräts auf. Das Modul müsse vor der Inbetriebnahme nur mit einer Stromquelle und einer Bedieneinheit verbunden werden. Daher scheide auch seine Einreihung als Teil eines Videogeräts aus, da nach Anmerkung 2 a) zu Abschnitt XVI Teile, die sich bereits als Waren einer Position des Kapitels 85 darstellten, dieser Position zuzuweisen seien. Das ge...

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