Entscheidungsstichwort (Thema)
Nicht zu berücksichtigende Umstände bei der Wertermittlung nicht notierter Anteile an einer Kapitalgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
- Die Teilentgeltlichkeit der Übertragung von GmbH-Anteilen kann nach Maßgabe der bestandskräftigen zeitnahen Anteilsbewertungen nach dem Stuttgarter Verfahren festgestellt werden, wenn sich deren Ergebnis nicht als offensichtlich unzutreffend erweist.
- Besondere Lebensumstände der Gesellschafter, die die Wertfindung mit dem Ziel der Sicherung der Generationennachfolge bestimmt haben, bleiben bei der objektiven Wertbestimmung außer Betracht.
- Die Bereicherung des Zuwendungsempfängers ist nach dem Willen des Zuwendenden nicht nahezu ausschließlich auf die Erzielung geschäftlicher Vorteile gerichtet, wenn dieser sich krankheitsbedingt von seiner Beteiligung trennen und aus damit zusammenhängenden Sicherungsgeschäften entlassen werden will.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 1-2; BewG § 9 Abs. 2 Sätze 1-3, § 11 Abs. 2 S. 2
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wird vom beklagten Finanzamt - FA - auf Zahlung von Schenkungsteuer - SchenkSt - in Anspruch genommen. Streitig ist, ob der Erwerb von GmbH-Anteilen durch den Kläger von seinem Onkel Schenkungsteuer ausgelöst hat.
Dem Streitfall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Jahr 1978 gründeten der Vater des Klägers,…(J), und dessen Bruder, der Zeuge A, das Unternehmen J. & Co. GmbH Bauunternehmung, an dem die Brüder zunächst mit einer Stammeinlage von je 10.000 DM beteiligt waren; die Einlage wurde in der Folgezeit auf je 25.000 DM erhöht. Geschäftsführer der GmbH waren die beiden Brüder, wobei der Vater des Klägers für den technischen Teil und der Zeuge A für den kaufmännischen Teil zuständig war.
Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass die Veräußerung von Geschäftsanteilen oder von Teilen von Geschäftsanteilen an andere Personen als Gesellschafter an die Zustimmung aller Gesellschafter gebunden war.
Nach Abschluss der Ausbildung des Klägers als Diplom-Ingenieur und Architekt und Eintritt in die Firma als Arbeitnehmer im Jahr 1988 übertrug der Vater ihm Stammeinlagen im Nennwert von 15.000 DM.
Nach dem unerwarteten Tod des Vaters im Jahr 1992 gingen die ihm verbliebenen restlichen Anteile im Nennwert von 10.000 DM im Rahmen der Erbfolge je hälftig auf den Kläger und seine Mutter über. Der Kläger übernahm anstelle seines Vaters die (Mit-) Geschäftsführung der GmbH, wobei er für die technischen und handwerklichen Belange zuständig war.
Im Mai 1993 wurde bei dem Onkel des Klägers, dem Zeugen A, ein Krebsleiden festgestellt, das zunächst für inoperabel und unheilbar gehalten wurde.
Da die branchenunkundigen Erben des Onkels A kein Interesse hatten, seine Gesellschafterstellung einzunehmen, kam es am 24. November 1993 zur Übertragung eines GmbH-Anteils im Nennwert von 2.500 DM durch den Onkel des Klägers auf diesen zum Preis von 50.000 DM.
Zu dieser Zeit hatte der Onkel bereits zwei leitende Angestellte des Unternehmens mit je 2.500 DM (nominell) beteiligt.
Durch mehrfache Operationen und chemotherapeutische Behandlung im Jahr 1994 wurde das Krebsleiden von A zumindest aufgehalten. Es wurde eine Erwerbsminderung von 90 v. H. festgestellt. Es stand fest, dass er seine Tätigkeit nicht weiter ausüben konnte.
Am 21. Dezember 1994 übertrug der Onkel dem Kläger seine verbliebenen GmbH-Anteile von nominell 17.500 DM zum Preis von 500.000 DM.
Zu diesem Zeitpunkt lag ein Feststellungsbescheid vom 22. November 1993 zur Anteilsbewertung vor, mit dem der gemeine Wert der GmbH-Anteile auf den 31. Dezember 1993 mit 3.715 DM je 100 DM Anteil festgestellt worden war; dieser Wert wurde in der Folgezeit mit Feststellungsbescheid vom 01. Dezember 1995 auf 3.829 DM geändert.
Mit Feststellungsbescheid vom 02. Mai 1996 erfolgte die Feststellung des Anteilswerts auf den 31. Dezember 1994 mit 4.179 DM, was mit weiteren Feststellungsbescheiden vom 09. Mai 1996 und vom 22. Mai 1996 auf 4.145 DM geändert wurde.
Die Anteilsbewertungen auf den 31. Dezember 1993 und auf den 31. Dezember 1994 wurden bestandskräftig.
Nachdem zu den Übertragungsvorgängen entsprechende Kontrollmitteilungen eingegangen waren, wurde der Kläger vergeblich zur Abgabe von Schenkungsteuererklärungen aufgefordert. Der Kläger wandte insofern im wesentlichen ein, es habe sich um entgeltliche Übertragungen gehandelt; ein schenkungsteuerlicher Sachverhalt liege nicht vor. Bei der Übertragung der Gesellschaftsanteile sei der Kaufpreis nach dem damaligen Erkenntnisstand marktgerecht ermittelt worden. Hierbei seien die Krebserkrankung des Onkels und deren Folgen sowie die Umstände, dass seine branchenunkundigen gesetzlichen Erben kein Interesse daran gehabt hätten, seine Gesellschafterstellung einzunehmen, und die Veräußerung an fremde Dritte der Genehmigung aller Gesellschafter bedurft hätte, ebenso zutreffend berücksichtigt worden wie die ung...