Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung von Kindergeld

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Die Klägerin erhielt für ihren am 18.7.1976 geborenen Sohn bis einschließlich Juli 1997 Kindergeld. Der Sohn war nach Beendigung seiner Berufsausbildung arbeitslos und leistete in der Zeit vom 2.1.1997 bis zum 31.1.1998 seinen Zivildienst ab.

Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 26.8.1997 mit, daß während des Zivildienstes kein Kindergeldanspruch mehr bestehe und hob mit einem auf § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) gestützten Bescheid vom 8.10.1997 die Kindergeldfestsetzung ab Februar 1997 auf. Mit einem inhaltsgleichen „Änderungsbescheid” vom 14.11.1997 wurde zusätzlich das für den Zeitraum Februar bis Juli 1997 gezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 1.320 DM zurückgefordert.

Hiergegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, die wie folgt begründet wird:

§ 32 Abs. 4 Nr. 3 EStG enthalte eine Regelungslücke, soweit dort der Zivildienst entgegen der früheren Gesetzesfassung nicht mehr enthalten sei. Die Tatbestände der Berufsausbildung und der Ableistung des Zivildienstes seien rechtsähnlich und deshalb gleich zu behandeln. In beiden Fällen könne das Kind für seinen Lebensunterhalt nicht allein aufkommen, so daß es von seinen Eltern unterstützt werden müsse. Eine unterschiedliche Behandlung von Ausbildung und Zivildienst verstoße zudem mangels sachlicher Rechtfertigung gegen das Gleichheitsgebot.

Schließlich berufe sich die Klägerin auf den Wegfall der Bereicherung: sie habe im Vertrauen auf die Beständigkeit des gewährten Kindergelds die erbrachten Zahlungen für eine Reise ihres Sohnes verwendet.

Die Klägerin beantragt,

die Aufhebungsbescheide vom 8.10.1997 und vom 14.11.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.11.1997 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

1. Während der Ableistung des Zivildienstes besteht kein Anspruch auf Kindergeld. Der in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1996 enthaltene Katalog zur steuerlichen Berücksichtigung von Kindern, die Voraussetzung für die Gewährung von Kindergeld ist, ist abschließend.

Eine Regelungslücke liegt nicht. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Neuregelung des Familienlastenausgleichs durch das Jahressteuergesetz 1996 bewußt davon abgesehen, den Zivil- bzw. Wehrdienst der Ausbildung gleichzustellen. Er hat den Wegfall der Berücksichtigung von Kindern, die Wehr- oder Zivildienst leisten, durch entsprechende Verlängerungstatbestände in § 32 Abs. 5 EStG –zumindest teilweise – kompensiert. Mangels Regelungslücke stellt sich die Frage einer verfassungskonformen Auslegung des § 32 Abs. 4 EStG somit nicht.

2. Die Versagung des Anspruchs auf Kindergeld für Zivildienst leistende Kinder ist auch nicht verfassungswidrig.

Der Senat schließt sich insoweit der einhelligen finanzgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Frage an (vgl. Finanzgericht –FG– Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.2.1997 5 K 2340/96 nicht veröffentlicht, FG Düsseldorf, Urteil vom 2.7.1997 14 K 6002/96 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG– 1997, 1474 und FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.7.1997 1 K 106/96, EFG 1997, 1329).

Auch nach Auffassung des erkennenden Senats ist die Nichteinbeziehung von Zivildienstleistenden in den Katalog des § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen zustehenden Gestaltungsspielraums schon deshalb nicht zu beanstanden, weil der Staat während des Zivildienstes den Unterhalt des Kindes durch Zahlung eines Entgelts zumindest teilweise übernimmt. Im übrigen liegt eine sachliche Ungleichbehandlung auch deshalb nicht vor, weil die Kindergeldberechtigung für volljährige Kinder ohnehin nicht an die konkrete Unterhaltsbelastung anknüpft. So steht beispielsweise auch Eltern, die ihre erwachsenen Kinder im Fall der Arbeitslosigkeit und Unterbrechungen der Ausbildung von mehr als 4 Monaten finanziell unterstützen, kein Anspruch auf Kindergeld zu.

3. Die Klägerin kann sich gegenüber der Rückforderung des zu Unrecht gewährten Kindergelds schließlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß sie nicht mehr bereichert sei. Der Rückforderungsanspruch des Beklagten stellt einen öffentlich-rechtlichen Anspruch aufgrund des Steuerschuldverhältnisses dar, auf den das Bereicherungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und damit die Regelung über den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs.3 BGB) nicht anwendbar ist (Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH– vom 1.3.1974 VI R 253/70, BStBl II 1974, 369 und vom 29.6.1978 VI R 20/77, BStBl II 1978, 608).

Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rückforderungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO können die §§ 812 ff. BGB vor allem deshalb nicht angewendet werden, weil dieser Anspruch Ausdruck eines übergeordneten und allgemein herrschenden Prinzips ist, daß derjenige, der vom Staat auf Kosten der Allgemeinheit etwas erhalten hat, grundsätzlich verpflichtet ist, das Erha...

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