Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld: Mehraktige einheitliche Erstausbildung zum Verwaltungsfachwirt

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Weiterbildung eines Verwaltungsfachangestellten zum Verwaltungsfachwirt im Rahmen eines zum nächstmöglichen Zeitpunkt parallel zu der Vollzeiterwerbstätigkeit im erlernten Beruf begonnenen berufsbegleitenden Studiums handelt es sich nicht um einen Teil einer einheitlichen mehraktigen Erstausbildung, weil die Berufstätigkeit als Verwaltungsfachangestellter nach dem zeitlichen Verhältnis zwischen Arbeitstätigkeit und der Ausbildung die Hauptsache darstellt, während das Studium als eine auf Weiterbildung und Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.2018 III R 26/18, BFH/NV 2019, 465).
  2. Der Kindergeldanspruch wird daher durch die nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss ausgeübte Erwerbstätigkeit mit mehr als 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit ausgeschlossen.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, Sätze 2-3

 

Tatbestand

Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtszug.

Der Kläger bezog zunächst fortlaufend Kindergeld für seinen Sohn S (geb. ). S durchlief im Rahmen seiner Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten bei der Stadt M vom 1.8.2013 bis 16.6.2016 den Verwaltungslehrgang I. Die Ausbildung endete mit dem Bestehen der Prüfung am 16.6.2016. Der Sohn wurde mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden übernommen. Der Arbeitsvertrag war zunächst befristet auf ein Jahr und ist seit dem 17.6.2017 unbefristet. S wurde in die Entgeltgruppe 6 eingruppiert. Die Stadt M meldete den Sohn am 3.8.2016 zum nächstmöglichen Termin für den Verwaltungslehrgang II zum Verwaltungsfachwirt bei dem Studieninstitut X ab November 2016 an. Ausweislich einer Schulbescheinigung bietet der Lehrgang eine vertiefende Weiterbildung für Fachkräfte der Verwaltung, die als Verwaltungsfachangestellte ausgebildet worden sind, um die Teilnehmer für eine qualifizierte Sachbearbeitung und die Übernahme von Führungsaufgaben zu befähigen. Der Unterricht fand im Rahmen von etwa 1.050 Unterrichtsstunden freitags…sowie alle 14 Tage samstags…und als Blockunterricht in der ersten Oster- und Herbstferienwoche .... statt. Für den Blockunterricht erfolgte eine Freistellung durch den Arbeitgeber. S schloss den Verwaltungslehrgang II mit Bestehen der praktischen Prüfung in 2019 erfolgreich ab.

Mit Bescheid vom 9.1.2018 lehnte die Familienkasse einen Antrag des Klägers vom 27.12.2017 auf Gewährung von Kindergeld ab November 2016 ab. Der hiergegen erhobene Einspruch des Klägers wurde mit Einspruchsentscheidung vom 2.8.2018 als unbegründet zurückgewiesen. Der Sohn des Klägers habe - so die Beklagte - eine erstmalige Berufsausbildung im Juni 2016 abgeschlossen. Vor dem Beginn des Verwaltungslehrgangs II im November 2016 habe eine Erklärung, dass die Ausbildung noch nicht abgeschlossen sei, nicht vorgelegen. Es fehle daher an einem zeitlichen Zusammenhang der Ausbildungsabschnitte. Die Erwerbstätigkeit des Sohnes stehe daher der Gewährung von Kindergeld entgegen (§ 32 Abs.4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes -EStG-).

Hiergegen richtete sich die Klage vom 27.8.2018, der der Senat mit Urteil vom 22.3.2019 stattgegeben hatte. Im Revisionsverfahren hat der BFH das erstinstanzliche Urteil am 19.2.2020 (III R 28/19) aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen.

Der Kläger trägt vor, es handle sich um eine mehraktige Ausbildung, die in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehe. Der Abschluss der Erstausbildung sei integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs im Rahmen der öffentlichen Verwaltung. Im Unterschied zu anderen entschiedenen Verfahren betreffend Verwaltungsfachwirte sei S zunächst für ein Jahr befristet angestellt und in die Entgeltgruppe 6 eingruppiert worden, die nicht die Entgeltgruppe sei, wofür der zweite Angestelltenlehrgang erforderlich sei. Zum 1.3.2019 sei S dann innerhalb der Verwaltung nach Abschluss des zweiten Lehrganges auf eine Stelle gewechselt, für die der erfolgreiche Abschluss des Angestelltenlehrgangs II notwendig gewesen sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9.1.2018 und der Einspruchsentscheidung vom 2.8.2018 zu verpflichten, Kindergeld für den Sohn S für den Zeitraum von November 2016 bis August 2018 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 11.12.2019 III R 26/18 vor, hieraus ergäbe sich, dass die Ausbildung des Sohnes bereits mit Bestehen der Prüfung zum Verwaltungsfachangestellten abgeschlossen gewesen sei und die anschließende Ausbildung zum Verwaltungsfachwirt lediglich eine Weiterbildung darstelle. Dies folge aus den vom BFH aufgestellten Kriterien, insbesondere wegen Nutzung der erlangten Qualifikation und aufgrund des zeitlichen Umfangs der Erwerbstätigkeit von 39 Wochenstunden. Auch der Hinweis des Klägers, dass S zu...

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