Entscheidungsstichwort (Thema)
Stromsteuerbefreiung einer Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage
Leitsatz (redaktionell)
Eine Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage kann für den selbst erzeugten und zur Beleuchtung, Klimatisierung und Gipsabscheidung in den Zentrifugen der Rauchgasreinigungsanlage eingesetzten Strom die Befreiung von der Stromsteuer beanspruchen, wenn die Stromerzeugungsanlage ohne den Stromeinsatz zu diesen Zwecken technisch nicht ordnungsgemäß betrieben werden kann.
Normenkette
StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 2; StromStV § 12 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2005, 2006
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betrieb u.a. eine Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage (MKVA), die Strom erzeugt und über eine Rauchgasreinigungsanlage (RRA) verfügte.
Im Kesselgebäude der MKVA waren zahlreiche technische Schalt- und Regelungsanlagen untergebracht, deren Umgebungstemperatur für einen störungsfreien Betrieb der MKVA und der RRA höchstens 40°C betragen durfte. Zudem befanden sich in diesem Gebäude fensterlose Räume, in denen sich das Bedienungspersonal rund um die Uhr aufhielt und die aus arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Gründen zu beleuchten und zu klimatisieren waren. Im Einzelnen handelte es sich um die Schaltanlagen, die Warte, den Gleichrichterraum, den Batterieraum, den Relaisraum und die Arbeits- und Sozialräume des im Drei-Schichten-Betrieb arbeitenden Bedienungspersonals.
Die RRA erzeugte beim Filtern in der Rauchgasreinigung eine Gipssuspension mit einem Wasseranteil von 70%, der nach der der Klägerin erteilten Betriebsgenehmigung zur fachgerechten Entsorgung auf einen Wasseranteil von 20% vermindert werden musste. Dazu setzte die Klägerin zwei elektrisch betriebene Zentrifugen ein. Den so hergestellten Gips durfte die Klägerin nicht verwerten, sondern hatte ihn auf einer Sondermülldeponie zu entsorgen. Ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil hinsichtlich der diesbezüglichen Nebenbestimmungen ihrer Betriebsgenehmigung wies das Oberverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom ...... ab.
Auf Anordnung des Beklagten fand bei der Klägerin eine Außenprüfung u.a. der Stromsteuer für die Jahre 2005 und 2006 statt, deren Ergebnis im Prüfungsbericht vom 15.09.2008 zusammengefasst wurde. In dem Bericht stellte der Prüfungsbeamte fest, dass die Klägerin in den beiden Jahren jeweils 998,965 MWh Strom zur Beleuchtung und Klimatisierung der Räume im Gebäude der MKVA einsetzte. Weiter setzte die Klägerin in beiden Jahren jeweils 146.040 MWh Strom zum Betrieb zweier Zentrifugen ein, mit denen sie die Gipssuspension aus der RRA entwässerte. Nach Auffassung des Prüfungsbeamten waren diese Stromverwendungen, die die Klägerin in ihren Stromsteueranmeldungen nicht angemeldet hatte, nicht mehr der Stromerzeugung im technischen Sinne zuzuordnen.
Der Beklagte schloss sich den Feststellungen und Wertungen des Prüfungsberichts mit Bescheid vom 27.10.2008 an und erhob u.a. für den Strom, der für Beleuchtung und Klimatisierung eingesetzt wurde, 40.957,57 EUR Stromsteuer und für den Strom, der für die Gipsabscheidung eingesetzt wurde, 5.987,64 EUR Stromsteuer nach.
Zur Begründung des gegen diesen Bescheid fristgerecht eingelegten Einspruchs trug die Klägerin vor, die Verwendung des Stroms für Beleuchtung und Klimatisierung und für die Gipsabscheidung sei nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Stromsteuergesetzes StromStG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (Stromsteuer-Durchführungsverordnung – StromStV) stromsteuerfrei.
Die MKVA sei für eine ordnungsgemäße Funktion und zur Einhaltung rechtlicher Vorschriften zu beleuchten und zu klimatisieren. Dabei gehe es nicht um die bloße Unterhaltung des Kraftwerks, wie etwa bei Büroräumen, Lagern oder Werkstätten. Zudem werde in den fensterlosen Räumen, für deren Beleuchtung und Klimatisierung sie den Strom verwendet habe, ununterbrochen im mehreren Schichten gearbeitet, so dass Beleuchtung und Klimatisierung zwingend erforderlich seien.
Die Entsorgung von Reststoffen aus der Anlage und vom Betriebsgrundstück sei ein wesentlicher Bestandteil eines genehmigungsfähigen Betriebsablaufs. Die Rauchgasreinigung ende erst mit dem Abtransport der Reststoffe zur Entsorgung. Sie habe den Gips nicht veredeln, nämlich verkaufsfertig machen dürfen, sondern müsse ihn entsorgen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 16.06.2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, da nach den eng auszulegenden Bestimmungen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 StromStV nur die Anlagen steuerfrei betrieben werden dürften, die für die Stromerzeugung unentbehrlich seien und in einem direkten technischen Zusammenhang mit der Stromerzeugung stünden.
Das gelte für Beleuchtung und Belüftung ebenso wie für die Gipsentwässerung. Diese Aufbereitung diene nach erfolgter Stromerzeugung nur dem leichteren Abtransport. Sie stehe in keinem technischen Zusammenhang mit der Stromerzeugung. Auch end...