Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit einer Besteuerung der Veräußerung von Aktien nach § 16 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Auch unter Geltung des UmwStG 1977 blieb die Steuerverhaftung einbringungsgeborener Anteile bei einer verschmelzenden Umwandlung bestehen, indem die Qualifikation als einbringungsgeborene Anteile auf die erworbenen Anteile überging.
- § 13 Abs. 3 UmwStG 1995 hat nur klarstellenden Charakter.
Normenkette
EStG § 16; UmwStG 1977 § 16 Abs. 2 S. 1, § 20 Abs. 1, 4, § 21 Abs. 1 Sätze 1, 4; UmwStG 1995 § 13 Abs. 3
Streitjahr(e)
1997
Tatbestand
Die Kläger wurden für 1997 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Ehefrau veräußerte in diesem Jahr 50.000 Aktien der „A"AG für insgesamt 6.096.000,00 DM. Das Finanzamt behandelte diesen Vorgang nach § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Verbindung mit § 21 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) und errechnete nach Abzug von Anschaffungskosten in Höhe von 1.250,00 DM einen Gewinn in Höhe von 6.094.750,00 DM; dementsprechend setzte es die Einkommensteuer der Kläger für 1997 – zuletzt mit Bescheid vom 04.11.2002 – auf 2.652.228,98 EUR (= 5.187.309,00 DM) fest.
Die „A"AG hatte sich wie folgt entwickelt:
Von 1948 bis 31.03.1997 bestand eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts – und zwar als „B"-Verm. GbR (GbR) – an dieser GbR waren „C” und „D” zu je 50 % beteiligt. Daneben bestand die „E"-GmbH; die Anteile an dieser GmbH gehörten „C” und „D” ebenfalls hälftig und waren mit den Anschaffungskosten in Höhe von 192.000,00 DM in der Bilanz der GbR aktiviert.
Mit am 16.09.1977 notariell beurkundeter Vereinbarung gründeten „C” und „D” sowie deren Ehefrauen und Kinder „F"-GmbH („F"-GmbH) mit einem Stammkapital von 400.000,00 DM. Die Stammeinlagen wurden gemäß § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags in der Weise erbracht, dass jeder als Gesellschafter seinen Vermögensanteil an der GbR zu Buchwerten sowie seinen Geschäftsanteil an der „E"-GmbH im Nominalwert von 5.000.000,00 DM für eigene Rechnung und für Rechnung seiner Ehefrau und Kinder einbrachte. Die Einlagen wurden mit jeweils 200.000,00 DM bewertet und in dieser Höhe auf die Stammeinlagen angerechnet.
Mit Verschmelzungsvertrag vom 10.06.1988 wurde die „F"-GmbH, deren Stammkapital zwischenzeitlich aus Gesellschaftsmitteln auf 10.000.000,00 DM erhöht worden war, auf die bisherige Tochtergesellschaft „E"-GmbH, deren Stammkapital zwischenzeitlich aus Gesellschaftsmitteln auf 40.000.000,00 DM erhöht worden war, verschmolzen; so vervierfachte sich die Nominalbeteiligung der Gesellschafter. Mit Beschluss vom 10.06.1988 erfolgte eine Formumwandlung in die „A"-AG.
Am 17.06.1994 wurde das Grundkapital der „A"-AG aus Gesellschaftsmitteln auf 80.000.000,00 DM erhöht – danach wurde das Grundkapital der „A"-AG um weitere 6.660.000,00 DM durch Einbringung des Vermögens der „G"OHG, das ausschließlich im Eigentum von Aktionären der „A"-AG stand, gegen Ausgabe neuer Aktien erhöht. Die Einbringung des Vermögens erfolgte zu Buchwerten.
Am 06.06.1995 beschloss die Hauptversammlung die Erhöhung des Grundkapitals um weitere 1.300.000,00 DM; die Erhöhung erfolgte durch Einbringung der „H"-OHG und der „I"-OHG – die Einbringungen erfolgten zu Buchwerten.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Bei den von der Klägerin 1997 veräußerten Anteilen an der „A"-AG handele es sich – so die Ausführungen des Finanzamts in den Gründen der Einspruchsentscheidung – um einbringungsgeborene Anteile im Sinne des § 21 UmwStG.
Die Klägerin habe ihre Anteile im Rahmen der Gründung der „F"-GmbH erhalten. Die seinerzeitige Vertragsgestaltung bedinge, dass die Altgesellschafter ihre Angehörigen zuerst an der „B"-GbR beteiligt hätten und dass danach sämtliche Gesellschafter für die eingebrachten GbR-Anteile Anteile an der „F"-GmbH erhalten hätten. Damit stellten die GmbH-Anteile sog. einbringungsgeborene Anteile dar. Dies werde durch die Schlussbilanz der GbR zum 31.03.1977 und die daraus abgeleitete Eröffnungsbilanz der „F"-GmbH auf den 01.04.1977 dokumentiert.
Die Verschmelzung der „F"-GmbH auf die bisherige Tochtergesellschaft „E"-GmbH habe für alle Gesellschafter ergeben, dass sich ihre Nominalbeteiligungen vervierfacht hätten und nunmehr nach Formumwandlung in die „A"AG fortbestanden hätten. Die Anteile seien einbringungsverstrickt geblieben, weil sich die steuerliche Qualifikation der untergehenden Anteile an den neuen Anteilen fortgesetzt habe.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Kläger machen geltend:
Die Voraussetzungen des § 17 EStG a.F. seien nicht gegeben; sie – die Klägerin – sei nicht wesentlich (zumindest 25 %) im Sinne dieser Norm an der „A"-AG beteiligt gewesen.
Der Verkauf der Anteile habe auch außerhalb der zu dem Zeitpunkt der Veräußerung geltenden 6-monatigen Spekulationsfrist stattgefunden; eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 b EStG scheide demnach aus.
Das Finanzamt könne sich auch nicht auf § 16 EStG berufen. Dazu müsse nicht entschieden werden, ob die Anteile an der „F"-GmbH einbringung...