Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeldanspruch bei Entsendung zur vorübergehenden Dienstleistung in das Inland
Leitsatz (redaktionell)
Ein ausländischer Arbeitnehmer wird zur vorübergehenden Dienstleistung in das Inland entsandt und hat daher keinen Anspruch auf Kindergeld, wenn unabhängig von seiner Anstellung und Bezahlung durch die inländische Konzerngesellschaft seine soziale Bindung an den Entsendestaat durch die Aufrechterhaltung des Rumpfarbeitsverhältnisses zum Entsendungsarbeitgeber dadurch dokumentiert wird, dass bei begrenzter Entsendungsdauer (4 Jahre) seine nachfolgende Weiterbeschäftigung beim Entsendungsarbeitgeber gewährleistet ist.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 2 S. 2 Hs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Familienkasse des Arbeitsamtes (Beklagter) verpflichtet ist, für den Kläger für 1997 Kindergeld festzusetzen.
Der Kläger ist japanischer Staatsangehöriger, der als Arbeitnehmer bei der "X" in Japan (im folgenden Konzerngesellschaft genannt) tätig war. Anfang Januar 1996 sandte die Konzerngesellschaft den Kläger nach Deutschland, wo er bei der "X" GmbH ("X" GmbH) in "A" angestellt wurde. Er erhielt für seine Tätigkeit im Inland Gehalt von der "X" GmbH und war in deren Betrieb integriert. Er hatte die Weisungen der Geschäftsleitung der "X" GmbH zu befolgen. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit der Konzerngesellschaft in Japan blieb während seiner Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland bestehen. Er behielt seinen Anspruch auf das sog. Heimatgehalt und auf die Boni gegen die Konzerngesellschaft.
Die "X" GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der "X" Europe NV, die ihren Sitz in "K-Land" hat und die wiederum eine 100%ige Tochtergesellschaft der Konzerngesellschaft in Japan ist. Der Kläger, der im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war, wohnte von Anfang 1996 bis Ende 1997 mit seiner Familie in "A". Ende 1997 kehrte der Kläger mit seiner Familie nach Japan zurück.
Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die der Kläger im Jahr 1996 im Inland für seine Tätigkeit bei der "X" GmbH bezog, beliefen sich auf 285.767 DM. Das Finanzamt (FA) führte im April 1998 für den Kläger für das Jahr 1996 eine Einkommensteuerveranlagung durch, in welcher es dem Kläger zwei Kinderfreibeträge in Höhe von zusammen 12.528 DM zubilligte. Das FA setzte die Einkommensteuer auf 94.840 DM fest. Kindergeld rechnete das FA der festgesetzten Steuer nicht hinzu, weil der Kläger im Jahr 1996 kein Kindergeld erhalten hatte. Der Ansatz der beiden Kinderfreibeträge hatte eine einkommensteuerliche Entlastung von 6.352 DM zur Folge. Für das Streitjahr 1997 ist bisher eine Einkommensteuerveranlagung nicht durchgeführt worden. Der Kläger, der im Streitjahr im Inland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von rund 356.000 DM bezog, hat bisher für das Streitjahr keine Einkommensteuererklärung abgegeben.
Anfang März 1996 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Kindergeld für seine beiden am 20.08.1990 und 21.08.1992 geborenen Kinder. Auf eine Anfrage teilte die "X" GmbH dem Beklagten mit, der Kläger sei von der Konzerngesellschaft in Japan für ca. vier bis fünf Jahre nach Deutschland entsandt worden. Der Antrag des Klägers blieb ohne Erfolg. Der Beklagte begründete seine ablehnende Entscheidung damit, der Kläger sei von einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber für eine vorübergehende Tätigkeit in das Inland entsandt worden und habe deswegen gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1996 (EStG) keinen Anspruch auf Kindergeld.
Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend: Der Schwerpunkt seines Beschäftigungsverhältnisses habe während seiner Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland bei der "X" GmbH gelegen. Sozialversicherungsrechtlich sei der Entsendungstatbestand nicht erfüllt gewesen. Dies habe zu seiner Sozialversicherungspflicht in der Bundesrepublik Deutschland geführt. Gleichwohl habe ihn der Beklagte als vorübergehend entsandten Arbeitnehmer behandelt und ihm die Festsetzung von Kindergeld versagt. Diese abweichende Beurteilung des identischen Sachverhalts sei ein Verstoß gegen das Willkürverbot und damit rechtswidrig.
Der Beklagte wies den Einspruch des Klägers im wesentlichen mit der Begründung zurück, der Kläger sei von der Konzerngesellschaft in Japan zur vorübergehenden Dienstleistung in die Bundesrepublik Deutschland entsandt worden. Bei einer geplanten Beschäftigungsdauer von vier bis fünf Jahren sei noch von einer vorübergehenden Beschäftigungsdauer auszugehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 30. Dezember 1996 verwiesen.
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend: Die Voraussetzung des § 62 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 EStG lägen in seiner Person nicht vor. Er sei Angestellter eines rechtlich verselbständigten Unternehmens im Inland gewesen. Für die Auslegung des in § 62 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 EStG verwendeten Begriffs "in das Inland entsandt" sei auf § 5 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IV zurückzugreifen. Nac...