rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrtkostenabzug für Schulbesuche und Arbeitseinsätze im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses – Arbeits- und Ausbildungsstelle als regelmäßige Arbeitsstätte
Leitsatz (redaktionell)
- Fallen im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses als Krankenpflegerin Arbeits- und Ausbildungsstelle zusammen, unterliegen die Wegekosten für die dort stattfindenden Schulbesuche und Arbeitseinsätze der Abzugsbeschränkung für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte.
- Das Kriterium der zeitlichen Befristung des Ausbildungsdienstverhältnisses rechtfertigt nur dann den unbeschränkten Werbungskostenabzug der Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen, wenn es sich um eine arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung handelt (Abgrenzung zu den BFH-Urteilen vom 09.02.2012 VI R 44/10, BFHE 236, 431, BFH/NV 2012, 854, und VI R 42/11, BFHE 236, 439, BFH/NV 2012, 856).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4, § 32 Abs. 4 S. 2, § 70 Abs. 4
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht die Kindergeldfestsetzung für das Jahr 2008 wegen eines Überschreitens des Grenzbetrages aufgehoben hat.
Die Klägerin bezog für ihre am 16.01.1987 geborene Tochter „A”, die sich im Streitjahr 2008 in einer Ausbildung zur examinierten Gesundheits- und Krankenpflegerin befand, fortlaufend Kindergeld. Der Ausbildung liegt ein zwischen der Tochter und dem Klinikum „B” am 29.06.2007 geschlossener Ausbildungsvertrag für die Dauer von drei Jahren zu Grunde.
Zur Überprüfung der Einkünfte und Bezüge der Tochter im Jahr 2008 übersandte die Klägerin der Beklagten eine Verdienstbescheinigung des Ausbildungsbetriebes vom 19.11.2009, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Mit Schreiben vom 20.01.2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen sowie eine Kopie der Lohnsteuerkarte 2008 vorzulegen. Nachdem die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachkam, hob die Beklagte im Bescheid vom 10.12.2010 die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2008 gemäß § 70 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf. Zur Begründung stellte die Beklagte darauf ab, dass nach den vorliegenden Unterlagen der maßgebliche Grenzbetrag i. H. v. 7.680,00 EUR überschritten werde. Zugleich forderte die Beklagte das für den Zeitraum Januar 2008 bis September 2008 gezahlte Kindergeld i. H. v. 1.848,00 EUR gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zurück.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 30.12.2010 Einspruch ein und kündigte an, eine Einnahmen- und Ausgabenliste umgehend nachzureichen.
In der Einspruchsentscheidung vom 01.03.2011 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte aus: Im Streitzeitraum betrügen nach Abzug des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung die Einnahmen der Tochter 8.780,40 EUR. Die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit seien nur um den Arbeitnehmerpauschbetrag von 920,00 EUR zu mindern. Höhere Werbungskosten seien nicht geltend gemacht bzw. nachgewiesen worden. Die verbleibenden Einkünfte i. H. von 7.860,40 EUR überschritten den maßgeblichen Grenzbetrag, so dass kein Anspruch auf Kindergeld bestehe.
Gegen die Einspruchsentscheidung hat die Klägerin am 01.04.2011 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt, dass über den Arbeitnehmerpauschbetrag hinausgehende Aufwendungen in Abzug zu bringen seien.
Als Fahrtkosten für die von der Tochter mit ihrem PKW zurück gelegten Wegstrecken
jeweils von der Wohnung aus seien angefallen:
Fahrten zu Arbeitseinsätzen mit den Zielen:
„C” Klinik 7,8 km
„D” Hospital 4,9 km
„E” Hospital 7,7 km
Caritas 7,4 km
in den Zeiträumen
-10.12.2007- 02.01.2008 2 Tage (2008)
„C” Klinik
- 04.02.2008 - 02.03.2008 24 Tage
„D” Hospital Onkologie
- 03.04.2008 27.04.2008 21 Tage
„D” Hospital Pädiatrie
- 26.05.2008 - 22.06.2008 24 Tage
„D” Hospital Gefäßchirurgie
- 21.07.2008 - 17.08.2008 24 Tage
„D” Hospital Innere Medizin
- 15.09.2008 - 12. 10.2008 24 Tage
„E” Hospital Geriatrie
- 10.11.2008 - 07.12.2008 24 Tage
- 15.12.2008 - 11.01.2009 15 Tage (2008)
Caritas
Fahrten zur Schule, Entfernung 4,9 km,
in den Zeiträumen
03.01.2008 - 01.02.2008 22 Tage
03.03.2008 - 02.04.2008 23 Tage
12.05.2008 - 25.05.2008 10 Tage
23.06.2008 - 20.07.2008 20 Tage
18.08.2008 - 14.09.2008 20 Tage
13.10.2008 - 09.11.2008 20 Tage.
Hinsichtlich des Besuchs der Berufsschule gelte, dass die tatsächlich gefahrene Strecke und nicht nur die einfache Entfernung bei den Werbungskosten geltend gemacht werden könne.
Da die praktische Ausbildung der Tochter an wechselnden Einsatzorten stattgefunden habe, seien die tatsächlich gefahrenen Strecken anzusetzen. Im Einzelnen seien zu berücksichtigen:
Einsatzstelle „C"-Hospital, 2 x 7,8 km x 2 x 0,3 EUR pro Kilometer = 9,36 EUR,
Einsatzstelle „D"-Hospital, 93 x 4,9 x 2 x 0,30 EUR pro Kilometer = 273,42 EUR,
Einsatzstelle „E"-Hospital, 24 x 7,7 km x 2 x 0,30 EUR pro km = 110,88 EUR,
Einsatzstelle Caritas, 39 x 7,4 km x 2 x 0,30 EUR pro km = 173,16 EUR.
Neben den Fahrtkosten seien folgende Aufwendungen im Jahr 2008 beruflich veranlasst g...