Entscheidungsstichwort (Thema)

Energiesteuerentlastung für Zusatzfeuerung einer KWK-Anlage – Erzeugung von Prozessdampf als unverzichtbarer Bestandteil des KWK-Prozesses – Möglichkeit des Betriebs ohne die Zusatzfeuerung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Energiesteuerentlastung für eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (KWK-Anlage) setzt voraus, dass die im Erdgas enthaltene Energie innerhalb eines einheitlichen, wenn auch aus verschiedenen, aufeinander bezogenen physikalischen Prozeduren bestehenden Prozesses verwendet wird und die Verwendung des Erdgases unverzichtbarer Bestandteil des eigentlichen, begünstigten Prozesses ist (vgl. BFH-Urteile vom 11.11.2008 VII R 33/07 BFH/NV 2009, 610, und vom 08.10.2013, VII R 19/12, BFH/NV 2014, 158).
  2. Das das zum Betrieb einer Zusatzfeuerung in einem Abhitzekessel der KWK-Anlage zur Erzeugung von Prozessdampf verwendete Erdgas ist nicht unverzichtbarer Bestandteil des KWK-Prozesses, wenn die KWK-Anlage – unter Minderung ihres Wirkungsgrades - auch ohne die Zusatzfeuerung betrieben werden kann.
 

Normenkette

EnergieStG § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 4, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin betrieb in ihrer Betriebsstätte in A-Stadt eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (KWK-Anlage), die über eine Zusatzfeuerung im Abhitzekessel verfügte. Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtszug darüber, ob für das in der Zusatzfeuerung verwendete Erdgas eine Entlastung nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) gewährt werden kann.

Die 1989 gebaute Anlage bestand aus einem Gasturbinengeneratorsatz und einem Abhitzekessel mit Zusatzfeuerung. Der Anlage waren zudem noch zwei Spitzenlast-Dampferzeuger für die weitere Prozessdampferzeugung angegliedert.

Die Gasturbine, die über das in der Brennkammer erzeugte Heißgas angetrieben wurde, trieb mit ihrer Turbinenwelle nicht nur über ein Getriebe den Generator für die Stromerzeugung, sondern auch noch einen Kompressor an, der Umgebungsluft verdichtete. Die verdichtete Luft wurde in die Brennkammer geleitet. Dort wurde der Luftsauerstoff zu ca. 1/3 verbrannt und die so verbleibende Luft als Heißgas der Turbine zugeführt. Mit der nur teilweisen - an Stelle einer vollständigen - Verbrennung des Sauerstoffs konnten Spitzentemperaturen in der Gasturbine vermieden werden.

Nachdem das Heißgas die Gasturbine angetrieben hatte, wurde es der Zusatzfeuerung im Kesselgebäude zugeführt, in der weiterer Sauerstoff verbrannt wurde. Danach gelangte das heiße Rauchgas zu den Wärmetauschern des Abhitzekessels, mit dem der im Betrieb der Klägerin benötigte Prozessdampf erzeugt wurde.

Das Ausströmen von Heißgas mit einem erheblichen Sauerstoffanteil am Austritt der Gasturbine bot drei Vorteile: (1) Das Heißgas war wegen seiner hohen Temperatur gut technisch verwertbar. (2) Es musste nicht noch angesaugt werden, sondern strömte mit einem – wenn auch geringen – Betriebsdruck und (3) eignete es sich wegen seines noch hohen Sauerstoffgehalts für die anschließende Erdgasverbrennung in der Zusatzfeuerung.

Die installierte Brutto-Nennleistung der Gasturbine (mechanische Leistung) betrug 4,247 MW. Bei einer Feuerungswärmeleistung von 13,816 MW betrug die thermische Leistung der Gasturbine 7,120 MW. Bei Vollastbetrieb der Gasturbine und der maximalen Wärmeleistung für die Zusatzfeuerung von 14,433 MW erzeugte der Abhitzekessel eine thermische Leistung von 21,144 MW.

Die Anlagensteuerung war so geschaltet, dass Gasturbine und Abhitzekessel mit Zusatzfeuerung nur gemeinsam betrieben werden konnten. Selbst im Gefahren- und Störungsfall mussten beide Anlagenteile zusammen abgeschaltet werden.

Die Zufuhr von Erdgas in die Brennkammer und in die Zusatzfeuerung war auf eine optimale Erzeugung von Strom und Wärme ausgerichtet. Mit der Zusatzfeuerung erreichten die Gasturbine und der Abhitzekessel mit Zusatzfeuerung theoretisch einen durchschnittlich um 5,8 % höheren Wirkungsgrad als ohne Zusatzfeuerung.

Am 22.12.2008 beantragte die Klägerin beim Beklagten für 2007 die Steuerentlastung nach § 53 EnergieStG auch für das in der Zusatzfeuerung eingesetzte Erdgas (30.022,932 MWh) in Höhe von 165.126,13 €.

Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 06.03.2009 ab, da der Erdgaseinsatz bei der Zusatzfeuerung nicht im Rahmen des KWK-Prozesses stattfinde. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das Finanzgericht Düsseldorf die erhobene Klage mit Urteil vom 04.04.2012, 4 K 135/11 VE ab. Auf die Revision der Klägerin hob der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 08.10.2013, VII R 19/12 das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht Düsseldorf zurück.

Dazu führte der BFH aus, nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EnergieStG werde unter weiteren Voraussetzungen eine Steuerentlastung gewährt, wenn u.a. Erdgas zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme verwendet worden sei. Dazu müsse das Erdgas im eigentlichen KWK-Prozess verwendet werden. Insoweit komme die steuerliche Entlastung aller Energieerzeugnisse, die im Zusammenhang mit dem ...

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