Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlastung von der Energiesteuer: Fernwärmeerzeugung in KWK-Anlagen durch ein Energieversorgungsunternehmen – Verheizen von Energieerzeugnissen zum Ausgleich der Netzverluste als betrieblicher Eigenverbrauch – Erfordernis der Identität von Anlagen- und Netzbetreiber
Leitsatz (redaktionell)
Einem die Fernwärmeerzeugung in KWK-Anlagen betreibenden Energieversorgungsunternehmen ist die Entlastung von der Energiesteuer für das zum Ausgleich der Netzverluste verheizte und daher nicht zu seinen Kunden gelangende Erdgas auch dann zu gewähren, wenn die Lieferung der Fernwärme über ein von ihm an einen Netzbetreiber verpachtetes und von diesem betriebenes Fernwärmenetz erfolgt.
Normenkette
EnergieStG § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 4, § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1; StromStG § 2 Nr. 3
Tatbestand
Die Klägerin versorgte Kunden mit Energie, Strom und Fernwärme. Zu diesem Zweck betrieb sie zwei mit Erdgas betriebene Heizkraftwerke. Der in den beiden Heizkraftwerken erzeugte Strom wurde, soweit er nicht in den Anlagen direkt zur Stromerzeugung verbraucht wurde, in das öffentliche Netz eingespeist. Die erzeugte Wärme wurde in das Fernwärmenetz eingespeist.
Für die Energie-, Strom- und Fernwärmelieferungen bediente sich die Klägerin im Rahmen verschiedener Verträge einer Netzgesellschaft (N). Mit Pachtvertrag vom 16. November 2006 hatte die Klägerin der N das in ihrem Eigentum stehende Fernwärmenetz auf Selbstkostenbasis verpachtet, wobei die Klägerin allein aus den Fernwärmelieferungsverträgen verpflichtet blieb. Die N war gegen Kostenerstattung verpflichtet, das Fernwärmenetz im Rahmen des die Klägerin verpflichtenden Konzessionsvertrags mit der Stadt nach Weisung der Klägerin zu nutzen, zu betreiben, auszubauen und in Stand zu halten. Mit Dienstleistungsvertrag vom 16. November 2006 war die N gegen Kostenersatz verpflichtet, für die Klägerin technische Anlagen zu betreiben, zu erneuern oder zu ändern und ihr Beratungsleistungen zu erbringen. Im Vertrag zur Arbeitnehmerüberlassung vom November 2006 hatte die Klägerin der N auch die erforderlichen Arbeitnehmer überlassen.
Die Klägerin war ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes. Ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten umfassten die Elektrizitätserzeugung in KWK-Anlagen (Unterklasse 40.11.2 der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 - WZ 2003 -), Elektrizitätsversorgung und -handel durch Vertrieb an Endkunden (Unterklasse 40.13.0), Gasverteilung und -handel durch Vertrieb an Endkunden (Klasse 40.22) und Fernwärmeerzeugung in KWK-Anlagen einschließlich Vertrieb (Unterklasse 40.30.1).
Für die Bereitstellung der Wärme an ihre Kunden setzte die Klägerin mehr Erdgas ein, als ihre Kunden erhielten, weil das Fernwärmenetz die Wärme nur mit Verlusten zu ihren Kunden leitete.
Auf Anordnung des Beklagten begann im September 2017 bei der Klägerin eine Außenprüfung der Energie- und Stromsteuer für das Jahr 2016 durch das Hauptzollamt, deren Ergebnisse im Prüfungsbericht vom 05. Februar 2018 zusammengefasst wurden. Darin stellte die Prüfungsbeamtin u.a. Folgendes fest:
Die Klägerin beantragte beim Beklagten mit Schreiben vom 30. Mai 2017 eine Entlastung von der Energiesteuer nach § 54 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) für ................. MWh Erdgas, das sie zur Dampf- und Wärmeerzeugung verwendet hatte. Hierzu gab sie an, diese Menge habe sie selbst oder nachweislich andere Unternehmen des Produzierenden Gewerbes genutzt. Dafür gewährte ihr der Beklagte unter Berücksichtigung des Selbstbehalts eine Entlastung. (Tz. 3.6).
Weiter beantragte die Klägerin für ......... MWh die Entlastung nach § 54 EnergieStG. Bei dieser Menge handele es sich um die Differenz zwischen der tatsächlich zu betrieblichen Heizzwecken eingesetzten Erdgasmenge und den Einsatzmengen, die unter Berücksichtigung der im Fernwärmenetz entstandenen und berechneten Verluste ermittelt wurden. Über diesen Antrag hatte der Beklagte noch nicht entschieden (Tz. 3.6).
Die Klägerin betrieb auch die Versorgung von Kunden mit Fernwärme. Die Klägerin hatte das ihr gehörende Fernwärmenetz an die N verpachtet, die für Wartung, Inspektion, Instandhaltung und -setzung, Verbesserung und Ausbau des Fernwärmenetzes zuständig gewesen war. Der verpachtete Teil des Fernwärmenetzes begann an den Außenmauern der Heizkraftwerke. Zugleich war die N verpflichtet, das Fernwärmenetz so zu betreiben, dass der zwischen der Stadt und der Klägerin bestehende Konzessionsvertrag ordnungsgemäß erfüllt wurde. Der Netzbetrieb erfolgte durch Personal, das aufgrund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags von der Klägerin an die N ausgeliehen wurde. Die Kraftwerkeinsatzplanung und damit die Entscheidung, wie viel Fernwärme erzeugt wurde, erfolgten nur durch die Klägerin.
Zum verpachteten Fernwärmenetz gehörte auch ein Heizwerk. Die hier erzeugten Wärmemengen wurden ausschließlich an private Haushalte abgegeben. Eine Entlastung nach § 54 EnergieStG scheide daher aus (Tz. 3.10).
Der gesamte Wärmev...