vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Direkte Anschlussausbildung integrativer Bestandteil der erstmaligen Berufsausbildung, für die weiter der Anspruch auf Kindergeld besteht
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine im direkten Anschluss an die Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten aufgenommene Ausbildung zur Verwaltungsfachwirtin, die zum von vorne herein angestrebten Berufsziel führt, stellt aufgrund des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs zur ersten berufsqualifizierenden Maßnahme einen integrativen Bestandteil der erstmaligen Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG dar, für die ungeachtet einer parallelen Erwerbstätigkeit der Anspruch auf Kindergeld besteht.
2. Für die Feststellung der Planung einer mehraktigen Erstausbildung kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Unterrichtung der Familienkasse über diese Absicht an, sondern auf den im Entscheidungszeitpunkt erkennbaren Sachverhalt (entgegen DA-KG 2017, V 6.1 Abs. 1 Satz 8).
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 S. 2
Streitjahr(e)
2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Kindergeld für die Tochter A, geb. ()1992, ab August 2013.
A machte zunächst eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten, die sie im Juli 2013 abschloss, Die Klägerin teilte der Beklagten mit, das Ausbildungsverhältnis sei beendet. A arbeitet seit Juli 2013 als vollbeschäftigte Verwaltungsangestellte. Vom 30.11.2013 bis zum 07.07.2016 besuchte sie daneben den Verwaltungslehrgang II beim Studieninstitut (). Das Abschlusszeugnis wurde unter dem 29.06.2016 erstellt.
Die Klägerin beantragte im Oktober 2017 die Zahlung von Kindergeld ab August 2013, die Beklagte lehnte die Kindergeldgewährung am 20.10.2017 ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies sie am 19.12.2017 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 15.01.2018 erhobene Klage.
Die Klägerin trägt vor, sie habe im Juli 2013 gar nicht mitteilen können, dass die Tochter ein weiteres Berufsziel anstrebte. Die Zulassung zur Fortführung der Ausbildung habe vom Dienstherrn schriftlich beantragt und vom Studienleiter beschieden werden müssen, die Zulassung habe der Dienstherr erst beantragen müssen. Der Lehrgang habe erst im November 2013 begonnen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.10.2017 und der Einspruchsentscheidung vom 19.12.2017 zu verpflichten, Kindergeld für die Monate August 2013 bis Juli 2016 festzusetzen.
Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Sie trägt vor, die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld seien ab August 2013 nicht mehr erfüllt. Der Verwaltungslehrgang II stelle keine Erstausbildung dar.
Die Klägerin habe mehrfach, zuletzt im Juli 2013 erklärt, A werde ihre Ausbildung im Sommer 2013 beenden. Erstmals im Oktober 2017 habe sie erklärt, A strebe ein weiteres Berufsziel an. Erklärungen könnten erst für den Zeitraum ab ihrem Eingang Wirkung entfalten.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin A, hierzu wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur zum Teil begründet.
Nicht begründet ist sie, soweit die Klägerin Kindergeld für den Monat Juli 2017 begehrt. A war im Monat Juli 2017 nicht mehr in Berufsausbildung und erfüllte daher die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 Buchst. a EStG nicht. Eine Ausbildung endet in dem Zeitpunkt, in dem das Prüfungsergebnis bekannt geben wird, BFH-Urteil vom 24.05.2000 VI R 143/99, BStBl II 2000, 473. Das war im Juni 2017, das Zeugnis datiert vom 29.06.2017. Von einer Beendigung der Ausbildung in diesem Monat ging auch die Klägerin in ihrem abschlägig beschiedenen Kindergeldantrag aus, sie hat Kindergeld nur bis einschließlich Juni 2017 beantragt. Auch aus letzterem Grund kann Kindergeld nicht darüber hinaus für den Monat Juli 2017 gewährt werden.
Die Klage ist im Übrigen begründet. Der Klägerin steht für den weiteren streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Kindergeld für die Tochter A zu.
Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG besteht Anspruch auf Kindergeld u.a. für Kinder, die das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S. der §§ 8 und 8a des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).
Die Tochter der Klägerin befand sich bis zum Abschluss des Angestelltenlehrgangs II in der Erstausbil...