Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmeldung und Einstellung der Arbeitsvermittlung als Verwaltungsakt
Leitsatz (redaktionell)
- Die von der Arbeitsagentur vorgenommene Abmeldung und Einstellung der Arbeitsvermittlung nach § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III stellt einen Verwaltungsakt dar, der dem Betroffenen bekannt zu geben ist.
- Im Fall einer wirksamen Einstellung der Arbeitsvermittlung entfällt wegen der Anknüpfung des Kindergeldanspruchs an die Meldung bei der Arbeitsagentur ab dem Folgemonat der Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG.
- Erfolgt eine solche behördliche Maßnahme ausschließlich durch eine interne Löschung aus den Registern der Arbeitsvermittlung, ohne dass das Verwaltungshandeln dem Arbeitssuchenden bekannt gegeben worden wäre, liegt eine wirksame Löschung als arbeitssuchendes Kind und die damit verbundene Einstellung der Arbeitsvermittlung nicht vor.
- Für die fortlaufende Kindergeldgewährung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG ist nach der seit 1. Januar 2009 geltenden Neuregelung des § 38 SGB III eine erneute Meldung eines arbeitssuchenden Kindes nach Ablauf von drei Monaten nicht mehr erforderlich.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nrn. 1, 2 Buchst. c, § 70 Abs. 2 S. 1; AO § 37 Abs. 2; SGB III § 38 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2; SGB X § 31 S. 1, § 37
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Berechtigung der Beklagten, die Kindergeldfestsetzung für die Tochter der Klägerin gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufzuheben und zu viel gezahltes Kindergeld nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zurückzufordern.
Mit Bescheid vom 18. März 2013 hob die Familienkasse A-Stadt als Organisationsvorgängerin der Beklagten die Kindergeldfestsetzung für die … 1991 geborene Tochter der Klägerin, B, für den Zeitraum Januar 2011 und Mai bis November 2012 auf und forderte die Erstattung des für diesen Zeitraum gezahlten Kindergeldes von 1.472 Euro. Den Einspruch der Klägerin wies die Familienkasse A-Stadt mit Einspruchsentscheidung vom 26. April 2013 als unbegründet zurück.
Mit der Klage trägt die Klägerin vor:
Aus der Eingliederungsvereinbarung zwischen ihrer Tochter und der Agentur für Arbeit A-Stadt vom 6. Januar 2011 und aus der Eingliederungsvereinbarung mit dem JobCenter A-Stadt vom 5. März 2012 gehe hervor, dass ihre Tochter im Januar 2011 und von Mai bis August 2012 arbeitssuchend gemeldet gewesen sei. Das Kindergeld stünde ihr daher zu.
Die Klägerin beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 18. März 2013 sowie die Einspruchsentscheidung vom 26. April 2013 insoweit aufzuheben, als sie die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar 2011 und Mai bis August 2012 und die Erstattung des für diesen Zeitraum gezahlten Kindergeldes betreffen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor:
Aus einer Eingliederungsvereinbarung könne sich keine Registrierung eines Kindes als arbeitssuchend/arbeitslos oder als Bewerber um eine Ausbildungsstelle für künftige Zeiträume ergeben. Es stünde nicht fest, ob der Kunde die festgelegten Pflichten einhalten werde oder seine Registrierung aus anderen Gründen zu löschen sei. Laut eingeholter Auskunft des Berufsberaters vom 10. Oktober 2013 sei die Tochter der Klägerin nur im Januar 2011 als Bewerberin um eine Ausbildungsstelle gemeldet gewesen. Für den Zeitraum Mai bis November 2012 habe es keine derartige Meldung gegeben. Ebenfalls seien für die Monate nach Vollendung des 21. Lebensjahres keine eigenständigen Bemühungen des Kindes um eine Ausbildungsstelle nachgewiesen worden. Aus der Kindergeldakte sei ersichtlich, dass die Tochter der Klägerin bis zum 23. April 2012 als arbeitslos geführt worden sei, danach wegen mangelnder Verfügbarkeit aufgrund von Meldeversäumnissen am 24. April 2012, 29. Mai 2012 und 26. Juli 2012 nicht mehr. Soweit das Gericht davon ausgehe, dass Meldeversäumnisse dem Kindergeldanspruch nicht entgegen stünden, weil der Zugang der Einladungsschreiben zu den betreffenden Terminen nicht nachgewiesen sei, sei die Beklagte ihrer Ansicht nach nicht zum Nachweis verpflichtet. Es handele sich bei der Familienkasse und der Arbeitsvermittlung/Berufsberatung um eine unterschiedliche Behörde aufgrund organisatorischer Trennung innerhalb der Bundesagentur für Arbeit.
Die Klägerin und Beklagte haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 18. März 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. April 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin die Festsetzung von Kindergeld für die Tochter B für die Monate Januar 2011 und Mai bis August 2012 aufgehoben wurde und dafür Kindergeld in Höhe von 920 Euro zurückgefordert worden ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FG...