Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld: Berechnung des Grenzbetrags der Einkünfte – Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Zeitraum der Vollzeiterwerbstätigkeit eines volljährigen Kindes in der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten ist bei der Berechnung des Grenzbetrags der Einkünfte auszuklammern, wenn die in diesem Zeitraum erzielten Einkünfte bei einem Einbezug zu einem Überschreiten des Jahresgrenzbetrags führen würden (Meistbegünstigungsprinzip).
  2. Auch die teilweise noch in den Monaten des Abschlusses des bisherigen und des Beginns des neuen Ausbildungsabschnitts aus der Vollzeiterwerbstätigkeit bezogenen Einkünfte bleiben gemäß § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG außer Ansatz.
 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, Sätze 2, 6-8, § 63 Abs. 1 S. 2

 

Streitjahr(e)

2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.12.2011; Aktenzeichen III R 66/10)

BFH (Urteil vom 22.12.2011; Aktenzeichen III R 66/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger Kindergeld für seinen Sohn „T”, geboren am „...”.04.1989, für den Zeitraum Januar bis Juni 2008 und August bis November 2008 zusteht.

Der Sohn des Klägers hat am 13.06.2008 seine Ausbildung zum Industrieanlagenmechaniker beendet. Im Anschluss an die Ausbildung wurde er mit einem auf den 31.12.2008 befristeten Arbeitsvertrag von der ausbildenden Firma eingestellt. Bei dieser Beschäftigung handelte es sich um eine Vollzeiterwerbstätigkeit. Am 23.06.2008 meldete der Sohn sich bei der Fachhochschule in „S-Stadt” für das folgende Schuljahr an und besuchte vom 11.08.2008 an das „N-Berufskolleg” (siehe Bescheinigung des „N-Berufskolleg” vom 12.08.2008). Die Schulausbildung sollte laut der Bescheinigung des „N-Berufskolleg” bis voraussichtlich Juni 2009 andauern. Sein Arbeitsverhältnis (Vollzeiterwerbstätigkeit) wurde am 09.07.2008 vorzeitig zum 17.08.2008 auf Wunsch des Sohnes beendigt, um ihm den Besuch der Schule zu ermöglichen (siehe Aufhebungsvertrag zwischen der „C- mbH” und dem Sohn des Klägers vom 09.07.2008).

Der Beklagte hob die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 15.07.2008 ab Januar 2008 auf. Zur Begründung führte er aus, dass die zu berücksichtigenden Einkünfte und Bezüge des Sohnes voraussichtlich 20.000 EUR betrügen und deshalb der maßgebliche Grenzbetrag von 7.680 EUR überschritten werde. Für den Zeitraum Januar bis Juni 2008 forderte der Beklagte das bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 924 EUR zurück.

Der Kläger erhob am 19.08.2008 Einspruch gegen den Bescheid vom 15.07.2008, der nach seinem Vortrag laut Poststempel auf dem Briefumschlag am 17.07.2008 zur Post gegeben worden ist.

Zur Begründung trug der Kläger vor, sein Sohn habe am 13.06.2008 die Ausbildung zum Industriemechaniker erfolgreich absolviert. Laut der beigefügten Gehaltsabrechnung 5/2008 habe sein Sohn bis Ende Mai Bruttoeinkünfte in Höhe von insgesamt 5.558,02 EUR erzielt. Für den Monat Juni habe er bis zur Gesellenprüfung nochmals brutto 442,94 EUR verdient, so dass in diesem Ausbildungsabschnitt insgesamt 6.000,96 EUR Brutto-Arbeitslohn angefallen seien. Während der anschließenden Schulzeit habe er keine Einkünfte erzielt, so dass der anteilige Grenzbetrag unterschritten sei.

Laut der eingereichten Lohnbescheinigung aus dem Monat Mai 2008 erzielte der Sohn im Mai 2008 eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 885,88 EUR brutto. Sein Brutto-Arbeitslohn für die Monate Januar bis Mai 2008 betrug insgesamt 5.558,02 EUR. Für den Monat Mai entstanden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 182,50 EUR und für die Monate Januar bis Mai 2008 von insgesamt 1.144,99 EUR. Aus den ebenfalls eingereichten Lohnbescheinigungen für Juni und August 2008 ist ein Brutto-Arbeitslohn des Sohnes für Juni in Höhe von 2.596,20 EUR und für August 2008 in Höhe von 1.611,67 EUR zu entnehmen. Der gesamte Bruttoarbeitslohn bis August 2008 betrug 12.497,19 EUR.

Der Kläger reichte im Einspruchsverfahren eine Aufstellung über die Werbungskosten seines Sohnes ein, auf die vollinhaltlich Bezug genommen wird.

Der Beklagte wies den Einspruch in der Einspruchsentscheidung vom 04.11.2008 als unbegründet zurück und führte aus: Der BFH habe seine bisherige Rechtsprechung zum Anspruch auf Kindergeld bei Vollzeiterwerbstätigkeit mit Urteil vom 16.11.2006 (BStBl 2008 II, 56) geändert. Danach bestehe ein Anspruch auf Kindergeld unabhängig davon, ob es sich bei der Erwerbstätigkeit um eine Vollzeiterwerbstätigkeit handele, wenn das Kind in dem Zeitraum, in dem es die gesetzlichen Voraussetzungen eines Berücksichtigungstatbestandes i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c EStG erfülle, einer Erwerbstätigkeit nachgehe und seine gesamten Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag nicht überstiegen. Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeute dies, dass der Anspruchszeitraum 12 Monat betrage, da die Zeit der Erwerbstätigkeit des Sohn des Klägers als Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten anzusehen sei und somit alle Einkünfte und Bezüge im Jahr 2008 anzu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge