Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch eines polnischen Staatsbürgers für in Polen lebende Töchter: Antragsveranlagung zur als unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 EStG – Nachweis des inländischen Wohnsitzes bzw. der Erzielung inländischer Einkünfte – Vorlage von Rechnungen und Zahlungsbelegen aus angemeldeter gewerblicher Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Ein mit Wohnsitz im Inland als Gewerbetreibender (Trockenbau) angemeldeter polnischer Staatsbürger, der auf Antrag gemäß § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt Steuerpflichtiger mit geringfügigen Beträgen zur Einkommensteuer veranlagt worden ist, hat keinen Anspruch auf Kindergeld für seine am gemeinsamen Familienwohnsitz lebenden Töchter, wenn er auf Verlangen der Familienkasse weder Mietverträge noch Rechnungen und Belege über den Erhalt von Rechnungsbeträgen aus seiner gewerblichen Tätigkeit vorlegt und damit seinen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland bzw. die Erzielung inländischer Einkünfte nachweist.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 3, § 62 Abs. 1 Nrn. 1-2; AO §§ 8-9
Tatbestand
Der Kläger, ein polnischer Staatsbürger, beantragte im März 2015 bei der [örtlichen] Familienkasse Kindergeld für seine Töchter A (geboren im Februar 1996) und B (geboren im April 1999), die in Polen am gemeinsamen Familienwohnsitz leben. Er legte eine Gewerbe-Anmeldung vor, wonach er seit 5.12. 2014 in X-Stadt, Y-Straße, …. ein Gewerbe („Trockenbau”) angemeldet hatte, sowie eine Meldebestätigung der Stadt X-Stadt, wonach er sich dort am 4.12.2014 unter der Wohnadresse Y-Straße angemeldet hatte. Außerdem reichte er Geburtsurkunden und Schulbescheinigungen der Kinder ein; in der Schulbescheinigung für A wird am 15.12.2014 bestätigt, dass diese für das Schuljahr 2014/15 Schülerin in der Klasse III am Allgemeinbildenden Lyzeum ist. Im Dezember 2015 erinnerte der Kläger an seinen Kindergeldantrag. Er fügte eine Bescheinigung der Sozialbehörde seines polnischen Wohnsitzes bei, wonach seine Ehefrau für die beiden Kinder ab Januar 2013 bis „heute” (6.07.2015) keine polnischen Familienleistungen erhalten habe. Außerdem bevollmächtigte er einen Büroservice.
Das Verfahren wurde zuständigkeitshalber an die beklagte Familienkasse Sachsen (im Folgenden: „Familienkasse”) abgegeben. Diese forderte neben den Einkommensteuerbescheiden für 2014 und 2015 zusätzlich, für den Fall einer Veranlagung nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die Vorlage von Rechnungen und Kontoauszügen über den Erhalt der Rechnungsbeträge ab Dezember 2014 an. Der Kläger teilte mit, dass er umgezogen sei: seine neue Adresse laute „Z-Straße in W-Stadt, bei Familie M…”. Er legte Einkommensteuerbescheide des Finanzamts Oranienburg vor, die für 2014 eine Einkommensteuer von 18 € bei gewerblichen Einkünften von 380 € (unter Einbeziehung ausländischer Einkünfte von 24.667 € im Rahmen des Progressionsvorbehalts) und für 2015 eine Einkommensteuer von 0 € bei gewerblichen Einkünften von 16.543 € (unter Einbeziehung ausländischer Einkünfte von 4.933 € im Rahmen des Progressionsvorbehalts) ausweisen. Der Bescheid für 2015 enthält den ausdrücklichen Hinweis auf eine Veranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG.
Die Familienkasse lehnte daraufhin eine Kindergeldfestsetzung für beide Kinder ab Dezember 2014 ab (Bescheid vom 26.07.2016). Sie erläuterte, Rechnungen und Kontoauszüge über den Erhalt der Rechnungsbeträge seien nicht eingereicht worden.
Hiergegen erhob der Kläger Einspruch, den er nicht näher begründete. Die Familienkasse wies den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 4.10.2016). Sie führte aus, einen inländischen Wohnsitz i. S. d. § 8 der Abgabenordnung (AO) oder seinen inländischen gewöhnlichen Aufenthalt i. S. d. § 9 AO habe der Kläger nicht belegt. Alleine die Anmeldung unter verschiedenen Meldeadressen bzw. eine Gewerbe-Anmeldung reichten als Nachweis nicht aus. Dass der Kläger tatsächlich in Deutschland gearbeitet und Einkommen erwirtschaftet habe, habe er trotz Aufforderung nicht (durch Rechnungen und Belege über den Erhalt von Rechnungsbeträgen) dargelegt. Bei einer Einkommensteuerveranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG bestehe ein inländischer Kindergeldanspruch nur für Monate, in denen nachweislich inländische Einkünfte erzielt worden seien. Dies sei durch Abrechnungen und Zahlungsnachweise über die im Inland erbrachten Leistungen nachzuweisen. Solche Nachweise habe der Kläger trotz Aufforderung nicht erbracht.
Hiergegen richtet sich die Klage, die der Kläger – auch nach Akteneinsicht seines Prozessvertreters – nicht näher begründet hat.
Der Kläger beantragt,
die Familienkasse unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 26.07.2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4.10.2016 zu verpflichten, ihm für seine beiden Töchter A und B ab Dezember 2014 bis Oktober 2016 ungekürztes deutsches Kindergeld zu gewähren.
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ergänzend darauf hingewiesen, dass der Nachweis eines inländischen Wohnsitzes insbesondere durch ...