Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung verbleibenden Verlustabzuges
Leitsatz (amtlich)
Verluste, die im Veranlagungsjahr als Vortrag nur deshalb nicht berücksichtigt werden konnten, weil eine Veranlagung aus Gründen der Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich ist, sind dennoch bei der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf das Ende des Veranlagungsjahres abzuziehen.
Normenkette
EStG § 10d
Tatbestand
I. Die Antragsteller werden zur Einkommensteuer veranlagt. Wie für die Vorjahre hatten sie auch für das Jahr 1994 eine Einkommensteuererklärung abgegeben (Eingang am 05.07.1996, Einkommensteuerakte - EStA - III Bl. 45 ff). Mit Einkommensteuerbescheiden 1992 und 1993 war die Einkommensteuer auf 0 DM festgesetzt worden; der Gesamtbetrag der Einkünfte war jeweils negativ (EStA II Bl. 209 bzw. 251). Mit Bescheid vom 03.05.1996 war der verbleibende Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.1993 auf 3.916.097 DM für den Antragsteller und auf 11.579 DM für die Antragstellerin festgestellt worden (EStA II Bl. 253). Im Jahre 2001 stellte der Antragsgegner fest, dass die Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1994 versäumt worden und zwischenzeitlich festsetzungsverjährt war. Eine Probeveranlagung ergab einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 10.250.870 DM (EStA III Bl. 54 ff).
Unter dem 16.05.2003 erließ der Antragsgegner einen Bescheid, mit dem er den verbleibenden Verlustabzug auf den 31.12.1994 mit 0 DM feststellte (EStA II Bl. 72). Dabei ging er von einem Abzug für den Veranlagungszeitraum 1994 in Höhe von 3.916.097 DM bzw. 11 573 DM aus. Den hiergegen am 11.08.2003 eingelegten Einspruch wies der Antragsgegner mit am selben Tag zur Post gegebener Einspruchsentscheidung vom 21.09.2004 als unbegründet zurück (Rechtsbehelfsakte -RbA - Bl. 3.52). Er verwies auf Abschnitt 115 Abs. 5 S. 2 der Einkommensteuerrichtlinien 1994 und darauf, dass der vortragsfähige Verlust aus den Verlustentstehungsjahren bis 1993 vollen Umfangs zwar nicht abgezogen worden, aber "abziehbar" gewesen sei. Diese Formulierung des Gesetzes in § 10d Abs. 3 S. 2 EStG spreche dafür, eine fiktive Veranlagung für 1994 durchzuführen. Der BFH habe sich im Urteil vom 12.06.2002 (X R 26/01, BStBl II 2002, 681) zur Höhe und zum Verfahren der Ermittlung des festzustellenden Verlustes nicht geäußert. Das FG Hamburg (Urteil vom 23.03.2004, VII 62/01) gehe in dem dort entschiedenen Fall gerade davon aus, dass der angefallene Verlust im Entstehungsjahr oder in den nichtveranlagten Jahren nicht verbraucht sei, prüfe also den Verbrauch. Für die Richtigkeit der fiktiven Prüfung spreche auch das Urteil des FG Köln vom 23.06.1998 (14 K 4482/93, DStRE 1998, 877).
Mit Änderungsbescheiden ebenfalls vom 21.09.2004 änderte der Antragsgegner die Bescheide betreffend die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31.12.1991 durch Berücksichtigung bislang nicht angesetzter Beteiligungsverluste von 670.413 DM (RbA Bl. 48). Auf den Vermerk des Antragsgegners vom 27.05.2004 (RbA Bl. 21) wird verwiesen. Die Feststellungen des verbleibenden Verlustabzuges auf den 31.12.1992, 31.12.1993 wurden entsprechend angepasst (RbA Bl. 50, 51).
Der verbleibende Verlustabzug zum 31.12.1993 betrug hiernach für den Antragsteller 4.396.523 DM und für die Antragstellerin 11.573 DM.
Am 22.10.2004 haben die Antragsteller Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 21.09.2004 erhoben (II 305/04). Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom 27.01.2005 (RbA Bl. 61) lehnte der Antragsgegner mit Schreien vom 15.02.2005 ab (RbA Bl. 67).
Am 23.02.2005 haben die Antragsteller bei Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.
Sie tragen vor: Ausweislich der Entscheidungen des BFH vom 12.06.2002 und des FG Hamburg, Urteil vom 23.03.2004, könne eine Verlustfeststellung auch erfolgen, wenn eine Einkommensteuerveranlagung nicht durchgeführt worden sei und wegen Festsetzungsverjährung auch nicht mehr möglich sei. Eine Minderung des Verlustvortrags um die Beträge, die im Falle einer Veranlagung abziehbar gewesen wäre, ergebe sich weder aus den erwähnten Urteilen noch aus Abschnitt 115 Abs. 7 der Einkommensteuerrichtlinien. Von einer Sicherheitsleistung sei mangels Gefährdung des Steueranspruchs und wegen überwiegender Erfolgsaussicht des Klageverfahrens abzusehen.
Die Antragsteller beantragen, die Vollziehung des Bescheides zum 31.12.1994 über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer vom 16.07.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.09.2004 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
Er bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung.
Dem Senat haben Band II und III der Einkommensteuerakten, 1 Band Rechtsbehelfsakten und 1 Band Berechnungsunterlagen vorgelegen.
Entscheidungsgründe
II. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) wird die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise ausgesetzt, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder...