Entscheidungsstichwort (Thema)
Tabaksteuer: Zum (Mit)Besitz des Vermieters einer Lagerhalle an Schmuggelzigaretten und zu dessen Inanspruchnahme als Steuerschuldner beim Zigarettenschmuggel
Leitsatz (amtlich)
1. Besitz an zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbrachten Zigaretten nach § 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG liegt nur vor, wenn der Steuerschuldner über eine tatsächliche und faktische Zugriffsmöglichkeit auf die Schmuggelzigaretten verfügt.
2. Der Vermieter einer Lagerhalle, der selbst über einen Schlüssel und damit einen tatsächlichen Zugang zu dem Mietobjekt verfügt sowie Kenntnis von den dort gelagerten Schmuggelzigaretten hat, ist grundsätzlich als Mitbesitzer der Schmuggelzigaretten anzusehen.
3. Ein Mitbesitz an den Schmuggelzigaretten liegt nicht vor, wenn es an einer faktischen Zugriffsmöglichkeit des Vermieters deshalb mangelt, weil die Zigaretten innerhalb des Mietobjekts gesondert an einem verschließbaren Ort gelagert und hierdurch dem faktischen Zugriff des Vermieters entzogen werden.
Normenkette
TabStG § 17 Abs. 1, § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 1 S. 1; FGO § 69 Abs. 3
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Tabaksteuerbescheid.
Mit Tabaksteuerbescheid vom 28.01.2022 nahm der Antragsgegner den Antragsteller wegen des Ankaufs und der Inbesitznahme von insgesamt 972.400 Stück unversteuerter Zigaretten verschiedener Marken aus Litauen in Höhe von ... EUR Tabaksteuer in Anspruch: Der Antragsteller habe sich die durch andere Tatbeteiligte aus Litauen eingeschmuggelten Zigaretten (ohne deutsche Steuerzeichen) im Zusammenwirken mit einem anderen Tatbeteiligten, dem A, verschafft. Die zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten (350.000 Zigaretten am 10.09.2018; 200.000 Zigaretten am 18.12.2018 und 422.400 Zigaretten am 11.04.2019) gelieferten Schmuggelzigaretten habe er - der Antragsteller - in einer Scheune an der Anschrift "XX, ... B" gelagert, die ihm gehöre und sich in unmittelbarer Nähe seines Wohnortes mit der gleichen Anschrift befinde. Dadurch sei die Tabaksteuer entstanden. Als Empfänger und Besitzer der Zigaretten sei der Antragsteller auch Steuerschuldner und gemeinsam mit den anderen Tatbeteiligten gesamtschuldnerisch in Anspruch zu nehmen.
Am 22.02.2022 legte der Antragsteller gegen den Tabaksteuerbescheid Einspruch ein. Über den Einspruch ist bisher nicht entschieden.
Am 16.02.2023 beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung. Er habe nicht gewusst, dass der andere Tatbeteiligte A, an den er einen Teil seiner Scheune vermietet habe, mit unversteuerten Zigaretten handele und diese in seiner Scheune lagere. Er habe zu keinem Zeitpunkt Zigaretten von den anderen Tatbeteiligten eingekauft und sei auch nicht an den Schmuggelaktivitäten beteiligt gewesen.
Mit Bescheid vom 23.02.2023 lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung ab. Darin führte er aus, dass die Tabaksteuer entstanden und der Antragsteller als Empfänger und Besitzer auch Steuerschuldner sei. Seine Einlassung, an den Schmuggelaktivitäten nicht beteiligt gewesen zu sein und von den Zigaretten in seiner Scheune keine Kenntnis gehabt zu haben, sei durch TKÜ-Protokolle widerlegt und daher als Schutzbehauptung zu werten.
Am 23.03.2023 hat der Antragsteller um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei Gericht nachgesucht. Er räumt ein, mit dem Tatbeteiligten A, mit dem er persönlich befreundet gewesen sei, am 05. und 06.01.2019 mehrmals telefonisch Kontakt gehabt zu haben. Dabei sei auch über Zigaretten gesprochen worden, da er - der Antragsteller - kurz vorher herausgefunden habe, dass der A geschmuggelte Zigaretten in der Scheune lagere. Er habe dem A mitgeteilt, dass er die Zigaretten entfernen solle, und es sei keine weitere Nutzung der Scheune durch den A erfolgt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Vollziehung des Tabaksteuerbescheides vom 28.01.2022 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er bezieht sich auf die Begründungen der vorliegenden Bescheide.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Der gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Tabaksteuerbescheides vom 28.01.2022 (Gz.: xxx; Registrierkennzeichen xxx) führt nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zum Erfolg.
Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel sind gegeben, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen. Der Erfolg braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als der Misserfolg, es brauchen insbesondere nicht erhebliche Zweifel in dem Sinne zu b...