Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs
Leitsatz (amtlich)
Die Tatsache, dass eine Leistungsbeziehung zu einem Zeitpunkt abgewickelt wurde, in der die Betriebsaufgabe des Rechnungsausstellers schon erklärt war, spricht nicht zwingend gegen eine noch von dem Rechnungsaussteller ausgeübte unternehmerische Tätigkeit. Sie begründet jedoch weitergehenden Klärungsbedarf in Bezug auf die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; FGO § 69 Abs. 2-3
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung zum Vorsteuerabzug.
Die Antragstellerin (Ast) handelt mit Elektroschrott, der regelmäßig bei inländischen Entsorgungsunternehmen eingekauft und anschließend über Antwerpen nach China exportiert wird. Auf der Grundlage einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Bericht vom 11.02.2005, Betriebsprüfungsarbeitsakte - BpA - Bl. 205) erließ der Antragsgegner (Ag) gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) unter dem 15.04.2004 einen Änderungsbescheid zur Umsatzsteuer 2003, mit dem eine gegenüber der bisherigen erklärungsgemäßen Vorbehaltsfestsetzung um 10.331,94 EUR niedrigere negative Steuerschuld festgesetzt wurde (Umsatzsteuerakte Bl. 18). Der Ag versagte die Berücksichtigung der Vorsteuerbeträge aus 4 Rechnungen der Firma A Recycling vom 12.06., 18.09. und 15.10.2003 mit Hinweis auf die fehlende Identität zwischen Rechnungsaussteller und tatsächlich leistendem Unternehmer. In den Rechnungen waren jeweils eine Anschrift der Firma A in B und die Anschrift für ein "Büro C" in D angegeben (Gerichtsakte - GA - Bl. 8-11). Die Barzahlung der Rechnungsbeträge war auf den Rechnungen mit der Unterschrift "i.A. ... C" bestätigt worden. Auf Nachfrage hatte das Finanzamt B zu der "Firma ... (A) Recycling GmbH" mitgeteilt (Fax vom 08.02.2005, BpA Bl. 197), dass diese im Jahre 1999 errichtet worden sei, Ort der Geschäftsleitung und Sitz der Firma indes unbekannt seien, am 22.04.2003 eine Gewerbeabmeldung wegen vollständiger Betriebsaufgabe erfolgt sei und eine zustellfähige Anschrift nicht habe festgestellt werden können und Jahreserklärungen nicht vorlägen. Die Eintragung des in den Rechnungen als Geschäftsführer genannten Herrn E im Handelsregister sei im Jahre 2001 wegen beschränkter Geschäftsfähigkeit gelöscht worden. Telefonische Nachfragen des Ag hatten ergeben, dass die Steuerfahndungsstelle Mannheim/... gegen Herrn C ermittele (Aktenvermerk des Ag vom 21.10.2004 BpA Bl. 167f). Ausweislich weiterer telefonisch von dem Ag eingeholter Informationen hatte eine in diesem Zusammenhang durchgeführte Durchsuchung keine neuen Erkenntnisse erbracht (Aktenvermerk vom 07.02.2005 BpA Bl. 195). In einem Schreiben vom 16.03.2005 (BpA Bl. 219) weist der Ag darauf hin, dass nach den Ermittlungen des für die Firma A zuständigen Finanzamts schon zu dem Zeitpunkt der fraglichen Lieferungen kein Büro der Firma A mehr vorhanden gewesen und die Firma offenbar über keinerlei Personal verfügt habe. Eine Zweigstelle der Firma A in D habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Am 19.04.2005 legte die Ast gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 15.04.2005 Einspruch ein und stellte gleichzeitig Antrag auf Aussetzung der Vollziehung in Höhe von 10.331,94 EUR. Mit Schreiben vom 15.06.2005 lehnte der Ag die Aussetzung der Vollziehung ab. Hierauf hat die Ast am 29.06.2005 bei Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eingereicht.
Die Ast trägt vor: Sie habe zur Aufklärung der Frage der Vertretungsberechtigung im Rahmen der Firma A mit Schreiben vom 21.06.2005 beim Amtsgericht B einen Auszug aus dem Handelsregister erbeten. Auch nach einer Abmeldung des Gewerbebetriebes könnten Steuerpflichtige noch gewerblich tätig sein. Auch sei es denkbar, dass im Rahmen der Liquidation Gesellschaftsvermögen versilbert werde. Für den Lieferanten sei ein gewisser Herr C aufgetreten, der sich durch Vorlage eines entsprechenden Schriftstücks als für den Lieferanten handlungsbefugt ausgewiesen habe. Für Einzelheiten verweist die Ast auf die Sachverhaltsdarstellung in der mit der Klageschrift eingereichten Anlage K4 (GA Bl. 12). Die Bezahlung der Ware sei bar erfolgt, Abhebungen von dem Konto der Ast seien zeitnah dokumentiert (Anlage K5 GA 13f). Ausweislich der Bestätigung vom 24.06.2005 der K International (Anlage K 6 GA Bl. 12) sei die Ware an den Bestimmungsort verbracht worden. Möglicherweise sei die Ast durch unzutreffende Rechnungserstellung in betrügerischer Weise geschädigt worden. Zur Klärung des Sachverhalts und Stellung eines Strafantrages werde Zeit benötigt. Weitere Beweisanträge blieben bis dahin vorbehalten. Die Vollziehung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides stelle zum gegenwärtigen Zeitpunkt für die Ast eine unbillige Härte dar. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung werde im Hinblick auf die ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides gestellt.
Die Ast beantragt, die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 2003 vom 15.04.2005 in Höhe von 10.331,94 EUR auszusetzen.
Der Ag beantragt, dem Ant...