Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugangsvoraussetzung eines gerichtlichen AdV-Antrages

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 FGO ist nicht erfüllt, wenn nur im Einspruchsverfahren ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt worden war, nach Ergehen einer differenzierten Einspruchsentscheidung ohne erneuten Antrag bei der Finanzbehörde sofort gemäß § 69 Abs. 3 FGO bei dem Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung beantragt wird.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 4, 3

 

Tatbestand

I. Die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagten Antragsteller (Ast) begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen Einkommensteuerfestsetzungen und beantragen, ihnen dafür Prozesskostenhilfe zu gewähren. Der Antragsteller zu 1) erzielte neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft mit der Bezeichnung "A" (St.-Nr. ...) und einem Einzelhandelsgeschäft mit Lebensmitteln unter der Bezeichnung "B" (St.-Nr. ...).

Im Rahmen einer die Streitjahre betreffenden Betriebsprüfung nahm der Prüfer gemäß Prüfungsbericht vom 30.6.2000 wegen ungeklärter Vermögensmehrungen Hinzuschätzungen zu den Umsätzen und Einkünften vor, ohne behauptete Darlehenszuflüsse von Familienmitgliedern zu berücksichtigen. Auf der Basis dieser Erkenntnisse erließ der Antragsgegner mit Datum vom 18.10.2000 und 23.10.2000 Einkommensteuerbescheide für 1994 und 1995. Dagegen legten die Antragsteller mit Schreiben vom 7.11.2000 Einspruch ein und kündigten eine Begründung und die Vorlage von Unterlagen an. Gleichzeitig beantragten sie die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide.

Wegen unzureichender Nachweise und unvollständiger Vorlage von angeforderten Belegen für die behaupteten Darlehensabwicklungen lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 15.2.2001 eine Vollziehungsaussetzung ab. Dagegen legten die Antragsteller mit Schreiben vom 19.3.2001 Einspruch ein. Diesen wies der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 11.10.2001 mangels ausreichenden Nachweises der streitigen Mittelzuflüsse zurück.

Im Einspruchsverfahren wegen der angefochtenen Einkommensteuerfestsetzung reduzierte der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 26.2.2003 zu einem Teil die Hinzuschätzungen der Betriebsprüfung und erließ entsprechend geänderte Bescheide. Dabei stellte er neben den Feststellungen der Prüfer detailliert das Vorbringen der Antragsteller sowie den Inhalt der vorgelegten Belege und die Erkenntnisse daraus dar und begründete u.a. unter Würdigung dieser Umstände die Möglichkeit einer Reduzierung der Hinzuschätzungen. Ebenso stellte er mit sorgfältiger Begründung dar, warum i.ü. behauptete Darlehen bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nicht zugrunde gelegt werden könnten.

Gegen die Einspruchsentscheidung erhoben die Antragsteller mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 26.3.2003 Klage (Aktenzeichen: III 121/03). Sie beantragen dort unter Berufung auf ihr bisheriges Vorbringen die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und der Einspruchsentscheidung sowie eine Neubescheidung.

Mit dem vorliegenden Verfahren begehren sie die Vollziehungsaussetzung der angefochtenen Bescheide, ohne vorher einen entsprechenden Antrag bei dem Antragsgegner gestellt zu haben. Gleichzeitig beantragen sie die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit dem Hinweis, eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachzureichen.

Der Antragsgegner beantragt unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung, den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. 1. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen.

Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO setzt diese voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für den Eintritt des Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Eine solche ist nicht gegeben, da der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung unzulässig ist. Insoweit wird auf die folgenden Ausführungen unter 2. Bezug genommen.

2. Der Antrag auf Vollziehungsaussetzung ist als unzulässig abzuweisen. Die Voraussetzungen für eine gerichtliche Aussetzung liegen nicht vor.

Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO kann das Finanzgericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Der Antrag an das Finanzgericht ist jedoch grundsätzlich nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat (§ 69 Abs. 4 FGO). Diese Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes als Zugangsvoraussetzung für den gerichtlichen Aussetzungsantrag zu verstehen (BFH-Beschluss vom 31.08.1994 II...

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