rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinterziehungszinsen bei unterlassener Angabe der in Höhe des Ertragsanteils steuerpflichtigen Erwerbsunfähigkeitsrente

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die bewusste Nichtangabe vermeintlich steuerfreier Einnahmen entgegen einer insoweit bestehenden Verpflichtung und trotz Nachfrage durch das Finanzamt kann im Einzelfall zum Vorwurf einer bedingt vorsätzlichen Steuerhinterziehung führen.

2. Bei Zusammenveranlagung nach § 26 b EStG kann auch der an der Hinterziehung nicht beteiligte Ehegatte Schuldner der Hinterziehungszinsen sein.

3. Auch im Fall einer Selbstanzeige nach § 371 AO sind Hinterziehungszinsen für die straffreien Jahre festzusetzen.

4. Für die Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO gegeben sind, ist eine vorherige Einstellung des Strafverfahrens aus strafprozessualen Gründen unerheblich.

 

Normenkette

AO §§ 235, 370-371

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Hinterziehungszinsen nach § 235 Abgabenordnung (-AO-) für die Jahre 1997 bis 2001.

Der Antragsteller (-Ast-) wurde (u.a.) in den Jahren 1993 bis 2001 gemäß § 26b Einkommensteuergesetz (-EStG-) antragsgemäß zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Ast bezog mit Wirkung ab dem 01. Januar 1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, erklärte eine solche im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen 1993 und der Folgejahre indes nicht. Er und seine Ehefrau machten zum Bezug einer Rente weder Angaben in den Steuererklärungsvordrucken als solchen, noch in den für 1993 und 1994 beigefügten Anlagen E.

Die Erläuterungen auf den Vorderseiten der Anlagen E wiesen darauf hin, dass "diese Anlage Bestandteil der Einkommensteuererklärung wird und wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen auszufüllen ist." Weiter, dass "Erwerbsbezüge nicht nur die steuerpflichtigen Einkünfte sind, sondern auch steuerfreie Einnahmen und Bezüge sowie Einkommensteile, die bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen sind, aber zur Deckung des existenznotwendigen Bedarfs verwendet werden können." Schließlich, dass "das Finanzamt bestimmte Erwerbsbezüge der Einkommensteuererklärung entnimmt, z.B. den nichtsteuerbaren Teil von Renten" und dass "die übrigen Erwerbsbezüge umseitig anzugeben sind".

Der Ast und seine Ehefrau erklärten in den Anlagen E 1993 und 1994 ausdrücklich im Wege des Ankreuzens, Erwerbsbezüge seien im jeweiligen Kalenderjahr nicht zugeflossen. In 1995 fügten sie die Anlage E nicht bei und gaben zur Begründung hierfür wiederum an, "weil keine ... Erwerbsbezüge zugeflossen sind".

Die Steuererklärungen der Jahre 1993, 1994 und 1995 sind in dem dafür vorgesehenen Feld auf der ersten Seite jeweils mit einem Posteingangsstempel des Finanzamts, des Antragsgegners (-Ag-), einschließlich Datumsangabe versehen.

Die Einkommensteuererklärung 1996 trägt als Eingangsvermerk an der vorbezeichneten Stelle lediglich einen Datumsstempel mit einem Handzeichen. Eigene Angaben der Steuerpflichtigen über den Bezug einer Rente enthielt die Erklärung wiederum nicht. In den mit abweichendem Stift geschriebenen Bearbeitungsvermerken des Sachbearbeiters findet sich auf Seite 4 des Mantelbogens der handschriftliche Hinweis "Arbeits-unfall - Unfallrente § 3 (1) EStG".

Die Steuererklärungen der Jahre 1997 bis 2000 tragen jeweils einen Posteingangsstempel des Finanzamtes mit Datumsangabe. Angaben zur Rente enthalten sie nicht.

Die Steuererklärung 2001 trägt erneut lediglich einen Datumsstempel mit Handzeichen. In der erstmals auch wieder für den Ast beigefügten Anlage N machten die Steuerpflichtigen keine eigenen Angaben. In der Rubrik "Angaben über Zeiten und Gründe der Nichtbeschäftigung" findet sich der handschriftliche Hinweis des Sachbearbeiters "kein AL-Geld e.t.c., es besteht kein Anspruch".

Sämtliche vorbenannten Jahre veranlagte der Ag entsprechend den Erklärungen ohne Berücksichtigung einer Rente. Die Bescheide wurden bestandskräftig.

Am 21. März 2003 erschien die Ehefrau des Ast wiederum persönlich beim Ag, um die Einkommensteuererklärung 2002 abzugeben. Im Zusammenhang mit der als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Behinderung des Ast von 50 v.H. fragte der zuständige Sachbearbeiter bei der Ehefrau nach, ob der Ast eine Rente beziehe, was die Ehefrau bejahte. Sie wurde aufgefordert, den Rentenbescheid des Jahres 2002 nachzureichen. Eine Kopie des Rentenbescheides 2002 ging beim Ag ausweislich des Eingangsstempels am 28. März 2003 per Post ein. Die Einkommensteuer 2002 wurde sodann unter Berücksichtigung der Rente veranlagt.

Mit Schreiben vom 11. Juni 2003 forderte der Ag den Ast und dessen Ehefrau bis zum 07. Juli 2003 darüber hinaus zur Einreichung der Rentenanpassungsmitteilungen der letzten Jahre ab Beginn der Rente auf. Er fragte zudem an, seit wann die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit des Ast laufe. Ergänzend wies er darauf hin, dass diese Rente in den Jahren vor 2002 in den Steuererklärungen nicht angegeben worden sei und eventuell die Jahre ab Be...

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