Leitsatz (redaktionell)
Ein Anordnungsanspruch auf Akteneinsicht in die „Schwarze Liste” besteht nicht
Normenkette
MOG § 34; FGO § 114; VwVfG § 29; EGV 1469/95; EGV 745/96
Tatbestand
I.
Mit Schreiben vom 27.02.1998 begehrte die Antragstellerin Einsicht in die sogenannte „Schwarze Liste” nach der VO (EG) Nr. 1469/95 des Rates vom 22.07.1995 und nach der VO (EG) Nr. 745/96 der Kommission vom 24.04.1996; sie wollte wissen, ob sie einer Maßnahme nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a der VO (EG) Nr. 1469/95 unterworfen worden sei. Sollte dies der Fall sein, werde sie die Anordnung verstärkter Kontrollen anfechten. Ihre Ausfuhrsendungen würden in Höhe von 35 % kontrolliert, was nicht unerhebliche Kosten verursache. Gegen sie laufe kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetruges. Ein solches Verfahren gegen einen ihrer Mitarbeiter könne nicht dazu führen, ein Unternehmen auf die „Schwarze Liste” zu setzen; das Verfahren sei im übrigen zwischenzeitlich eingestellt worden.
Der Antragsgegner lehnte mit Schreiben vom 16.03.1998 den Antrag auf Akteneinsicht ab. Abgesehen von einem mangelnden Rechtschutzbedürfnis sei eine Einsichtnahme auch schon aus Gründen des Datenschutzes nicht möglich.
Mit Schreiben vom 22.04.1998 hat die Antragstellerin daraufhin beim Gericht den Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel einer Einsichtnahme in die „Schwarze Liste” beantragt. Sie macht im wesentlichen geltend:
Ein solcher Antrag sei zulässig. Das Rechtschutzbedürfnis sei gegeben. Sie habe vergeblich versucht, ihr Recht auf Akteneinsicht nach § 29 VwVfG bei dem Antragsgegner geltend zu machen. Dem Rechtschutzbedürfnis stehe nicht entgegen, daß eine behördliche Verfahrenshandlung begehrt werde. Der Antragsgegner habe den Anspruch auf Akteneinsicht zu Unrecht abgelehnt. Vorläufiger Rechtschutz zur Gewährung von Akteneinsicht könne im Wege der Regelungsanordnung gewährt werden.
Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus § 29 Abs. 1 VwVfG, dessen Voraussetzungen vorlägen. Die Anordnung der verstärkten Kontrollen nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a VO (EG) Nr. 1469/95 sei ein belastender Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG, gegen den sie sich nur angemessen zur Wehr setzen könne, wenn er ihr ordnungsgemäß unter Angabe von Gründen bekannt gemacht werde. Die Anordnung der verstärkten Kontrollen folge dem typischen Muster einer Rechtsnorm, die den Erlaß eines Verwaltungsaktes vorschreibe. Nach Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 VO (EG) Nr. 1469/95 seien die zuständigen Behörden des Mitgliedstaates verpflichtet, bei Vorliegen der dort aufgeführten Voraussetzungen Maßnahmen gegen Marktbeteiligte zu treffen. Die „Schwarze Liste” erfasse Marktbeteiligte, bei denen „das Risiko der Unzuverlässigkeit” bestehe. Die sogenannten Maßnahmen nach der „Schwarzen Liste” seien in Wahrheit Sanktionen im Sinne der Mantel-VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 zum Schutz der finanziellen Interessen der europäischen Gemeinschaft. Die Verhängung einer „Strafe”/Sanktion gegen einen Marktbeteiligten aber sei eine außengerichtete, außenwirksame Maßnahme. Das sei auch bei der Anordnung verstärkter Kontrollen der Fall. Gegen eine Einstufung als Verwaltungsakt spreche auch nicht die Regelung des Art. 4 Abs. 1 Buchstabe a VO (EG) Nr. 1469/95. Daß die Anordnung verstärkter Kontrollen nicht durch vorherige Anhörung und Beschwerdemöglichkeit in ihrer Wirkung beeinträchtigt oder zunichte gemacht werden solle, liege in der Natur der Sache. Seien verstärkte Kontrollen aber einmal angeordnet, verlange das Rechtsstaatsprinzip, daß der Marktbeteiligte sich gegen die ihn belastende Anordnung zur Wehr setzen könne.
Der Antragsgegner sei ausschließlich für die Verhängung der Maßnahmen nach der „Schwarzen Liste” zuständig, auch wenn er nicht selbst die von ihm angeordneten Kontrollen durchführe, sondern dies im Bereich der körperlichen Kontrollen die Ausfuhr- bzw. Ausgangszollstellen, im Bereich der betrieblichen Kontrollen die Oberfinanzdirektion bzw. die Hauptzollämter für Prüfungen täten.
Die Durchführung verstärkter Kontrollen durch die Ausfuhr- bzw. Ausgangszollstellen lasse nicht erkennen, ob sie auf Anordnung des Antragsgegners im Rahmen der „Schwarzen Liste” oder aufgrund des warenbezogenen Kontrollsystems ARGUS bzw. des betriebsbezogenen Kontrollsystems PROFIT erfolgten. Letztere Kontrollsysteme hätten keinen Sanktionscharakter. Der Sank-tionscharakter der an enge rechtsstaatliche Voraussetzungen gebundenen Anordnung verstärkter Kontrollen verlange es, der Anordnung des Antragsgegners Außenwirksamkeit zuzuerkennen.
§ 29 Abs. 2 VwVfG stehe dem Recht auf Akteneinsicht nicht entgegen, weil dessen Tatbestandsvoraussetzungen im Streitfall nicht vorlägen. Die Ausnahmen vom Recht auf Akteneinsicht seien wegen der großen rechtstaatlichen Bedeutung der Akteneinsicht restriktiv zu verstehen und zu handhaben; im Zweifel sei zugunsten der Akteneinsicht zu entscheiden.
Ihr stehe nach allem ein Anspruch auf Einsicht in die „Schwarze Liste” zu, soweit es um ihre Eintragung gehe.
Schließlich sei auc...