Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnsteuerrecht: Ermessen des Finanzamtes bei Freibeträgen
Leitsatz (amtlich)
Jedenfalls bei Freibeträgen gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 5 EStG (negative Einkünfte aus anderen Einkunftsarten) steht die Entscheidung über Lohnsteuerermäßigungsanträge im Ermessen des Finanzamtes.
Bis zum Ergehen einer Entscheidung des BFH zu nachträglichen Schuldzinsen aus Vermietung und Verpachtung ist die Ablehnung eines diesbezüglichen Freibetrages durch das Finanzamt nicht ermessensfehlerhaft.
Normenkette
EStG § 39a Abs. 1 Nr. 5, § 37 Abs. 3, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6; FGO § 102
Nachgehend
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Eintragung eines Freibetrages auf seiner Lohnsteuerkarte wegen nachträglicher Schuldzinsen aus Vermietung und Verpachtung.
A.
I.
Der Antragsteller war vom 01.06.1998 bis 31.08.2009 Eigentümer eines vollumfänglich fremdvermieteten Mehrfamilienhauses. Die Anschaffungskosten beliefen sich auf rund 1,5 Mio. €. Zur Finanzierung nahm er Bankdarlehen in Höhe von rund 1,45 Mio. € auf. Die Veräußerung im Jahr 2009 erbrachte lediglich 450 T€. Im Anschluss daran konnte der Antragsteller mit der Bank einen Teilerlass in Höhe von rund 375 T€ vereinbaren. Derzeit bestehen noch Verbindlichkeiten in Höhe von rund 470 T€. Gemäß den Tilgungsplänen sind hierauf im Jahr 2011 voraussichtlich 23.970,18 € Zinsen zu zahlen.
II.
Mit Antrag auf Lohnsteuerermäßigung für 2011 vom 02.12.2010 begehrte der Antragsteller vom antragsgegnerischen Finanzamt (FA) einen Freibetrag von 23.970 € (Hefter "Lohnsteuerermäßigung 2011" Bl. 2R), den das FA mit Bescheid vom 09.12.2010 mangels Einkunftserzielungsabsicht ablehnte (Hefter Bl. 12).
Mit Schreiben von 14.12.2010 legte der Antragsteller Einspruch ein und begehrte Aussetzung der Vollziehung (Hefter Bl. 13). Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wies das FA mit Bescheid vom 23.12.2010 zurück und führte aus, nachträgliche Schuldzinsen seien nicht abzugsfähig, weil sie dem privaten Vermögensbereich zuzuordnen seien (Hefter Bl. 27). Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.
III.
Mit seinem gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom 20.01.2011 verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Er trägt vor:
Zwar seien nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) nachträgliche Schuldzinsen nicht abzugsfähig. Bei wesentlichen Beteiligungen im Sinne von § 17 EStG habe der BFH mit seinem Urteil vom 16.03.2010 VIII R 20/08 jedoch eine Kehrtwende vollzogen. Die dort genannten Erwägungen würden auch für nachträgliche Schuldzinsen aus Vermietung und Verpachtung gelten, auch wenn der BFH in der vorgenannten Entscheidung dies ausdrücklich offen gelassen habe. Das Objekt sei ausschließlich auf Druck der Hausbank veräußert worden, die Schuldzinsen hingen deswegen unmittelbar mit den ursprünglichen Anschaffungskosten zusammen. Somit bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Antrages auf Lohnsteuerermäßigung.
Das Gericht habe die Entscheidung des FA in vollem Umfang, nicht nur auf Ermessensfehler zu überprüfen. Dies ergebe sich aus zahlreichen obergerichtlichen Entscheidungen zu § 39a Abs. 1 EStG, die alle einen uneingeschränkten Prüfungsmaßstab erkennen ließen.
Der Antragsteller beantragt,
- einen Freibetrag in Höhe von 23.970 € jährlich, entsprechend 1.998 € monatlich, vorläufig einzutragen.
Das FA beantragt,
- den Antrag zurückzuweisen.
Nachträgliche Schuldzinsen aus Vermietung und Verpachtung seien wegen ihrer Zugehörigkeit zum privaten Vermögensbereich nach wie vor nicht abzugsfähig. Das Urteil des BFH vom 16.03.2010 gelte nur für einen hier nicht betroffenen steuerrechtlichen Teilbereich. Ein Abzug setze das Fortbestehen steuerverhafteten Betriebsvermögens fort. Ein solches Fortbestehen werde zwar von § 17 EStG fingiert, liege hier aber nicht vor.
IV.
Der Hefter "Lohnsteuerermäßigung 2011" lag vor.
Entscheidungsgründe
B.
I.
Der Antrag ist zulässig. Nach Ablehnung der Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte durch das FA kann mittels Antrags auf Aussetzung der Vollziehung die vorläufige Eintragung begehrt werden (BFH Beschluss vom 29.04.1992 VI B 152/91, BStBl II 1992, 752, Juris; BFH Beschluss vom 12.04.1994 X S 20/93, BFH/NV 1994, 783, Juris; BFH Beschluss vom 01.02.2006 X B 166/05, BStBl II 2006, 420, Juris).
II.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Bei Eintragungen gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 5 EStG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung und Ermessensfehler des FA sind nicht ersichtlich.
a) Die Eintragung eines Freibetrages würde hier auf § 39a Abs. 1 Nr. 5b EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG beruhen (negative Summe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung). Andere Nummern von § 39a Abs. 1 EStG kommen ersichtlich und unstreitig nicht in Betracht.
b) Gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 5 EStG sind Beträge einzutragen, "wie sie nach § 37 Abs. 3 bei der Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen zu berücksichtigen sind". § 39a Ab...