rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit eines ausgeschiedenen Prozessbevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
Beantragt ein früherer, wegen Mandatsbeendigung aus dem finanzgerichtlichen Verfahren ausgeschiedener Prozessbevollmächtigter die Festsetzung des Gegenstandswerts für seine Tätigkeit, bevor das Verfahren abgeschlossen ist, ist hierüber gemäß § 33 Abs. 1 RVG zu entscheiden und der Antragsteller nicht auf den - grundsätzlich vorrangigen - Antrag nach § 63 Abs. 2 GKG zu verweisen.
Normenkette
RVG §§ 8, 23 Abs. 1, § 32 Abs. 2 S. 2, § 33 Abs. 1-2, 8-9; GKG § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 1 S. 3, Abs. 2
Tatbestand
I.
1. Der Beklagte hat mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 26.10.2000 einen Veräußerungsgewinn in Höhe von ... DM festgestellt und diese Feststellung mit Änderungsbescheiden vom 09.04.2008 und 01.12.2009 geändert. Der Antragsteller, der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 1., hat mit der am 21.10.2011 erhobenen Untätigkeitsklage für die Klägerin zu 1. die Aufhebung dieser Änderungsbescheide beantragt. Am 02.12.2011 hat der Beklagte eine Einspruchsentscheidung erlassen, in der er den Veräußerungsgewinn auf ... DM festgestellt hat.
2. Mit Schriftsatz vom 15.09.2014 hat die jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 1. mitgeteilt, dass die Klägerin zu 1. durch Ausscheiden zweier Gesellschafter ohne Liquidation erloschen und die Prozessvollmacht des Antragstellers durch den einzigen nicht ausgeschiedenen ehemaligen Gesellschafter Herrn A widerrufen worden sei.
3. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 19.01.2015 wegen eines vor dem Landgericht B anhängigen Honorarprozesses gegen Herrn A die Feststellung des Streitwertes beantragt und diesen unter Einbeziehung festgesetzter Zinsen zur Einkommensteuer und unter Ansatz eines pauschalen Satzes von 50 % auf den festgestellten Gewinn auf ... € beziffert.
4. Die Beteiligten haben sich zu diesem Antrag nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die Tätigkeit des antragstellenden und aus dem Klageverfahren ausgeschiedenen Rechtsanwalts beruht auf § 33 Abs. 1 Abs. 1, Abs. 2 RVG.
1. Der Antrag des Antragstellers ist zulässig.
Der Antrag ist nach § 33 Abs. 1 RVG statthaft. Der Antragsteller ist nicht auf einen Antrag gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 RVG zu verweisen.
aa)
aaa) Nach § 32 Abs. 1 RVG ist grundsätzlich der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. Der Rechtsanwalt kann daher nach § 32 Abs. 2 Satz 2 RVG die Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) beantragen. Dies setzt nach § 63 Abs. 2 Satz 2 GKG voraus, dass eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergangen oder das Verfahren anderweitig erledigt ist.
bbb) Richten sich die Rechtsanwaltsgebühren in einem gerichtlichen Verfahren jedoch nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert (Alternative 1) oder fehlt es an einem solchen Wert (Alternative 2; vgl. dazu Sächsisches FG, Beschluss vom 09.01.2015 8 K 1846/13 (KG), juris), setzt das Gericht des ersten Rechtszugs gemäß § 33 Abs. 1 RVG den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbständig fest (zur Subsidiarität dieser Festsetzung gegenüber § 32 Abs. 2 RVG LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.12.20116 Ta 198/11, juris).
bb)
aaa) Im Streitfall richten sich die Rechtsanwaltsgebühren nicht nach dem gerichtlichen Streitwert (Alternative 1), weil die Gegenstände der Tätigkeit des Antragstellers und des gerichtlichen Verfahrens nicht voll identisch sind (vgl. Enders in Hartung/Schons/Enders, RVG, 2. Aufl., § 33 Rz. 5, 6). An einer Identität fehlt es u. a. bei einer Beendigung des Mandatsverhältnisses vor Beendigung des Klageverfahrens und anschließender Klageerweiterung mit der Folge einer Erhöhung der Gerichtsgebühren (vgl. Thiel in Nomos-Kommentar Kostenrecht, RVG § 33 Rz. 17). Dasselbe muss nach Auffassung des Gerichts in einem Steuerprozess unabhängig von einer eventuellen späteren Klageerweiterung und damit im Streitfall gelten, weil der Fortgang des Prozesses auch in gebührenrechtlicher Hinsicht dem ausgeschiedenen Rechtsanwalt nicht zur Kenntnis gegeben werden dürfte (§ 30 Abgabenordnung -AO-).
bbb) Unabhängig davon fehlt es aber auch an einem nach § 63 Abs. 2 GKG festzusetzenden Wert (Alternative 2). Ein Antrag nach § 33 Abs. 1 und 2 RVG ist nicht subsidiär, wenn zum Zeitpunkt des Mandatendes noch kein Wert nach dem GKG festgesetzt wird (Römermann in Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 33 Rz. 10) und solange daher ein Antrag nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG erfolglos bliebe (LAG Köln, Beschluss vom 12.05.20112 Ta 87/11, juris Rz. 6; in Abgrenzung zu Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., § 33 Rz. 5). Vorliegend kann eine Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG derzeit noch nicht ergehen, weil noch keine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergangen ist u...