Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer: Anforderungen an die Leistungsbeschreibung, insbesondere zum Ort des Bauvorhabens sowie der Bezeichnung der einzelnen Arbeiten
Leitsatz (amtlich)
Ein Unternehmer kann die gesetzlich geschuldete Steuer für eine sonstige Leistung nur dann als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG abziehen, wenn die formellen Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 UStG erfüllt sind und die Rechnungen insbesondere Angaben zu Umfang und Art der Leistung enthalten, die eine leichte und eindeutige Identifizierung der Leistung ermöglichen. Im Hinblick auf abgerechnete Gerüstbauarbeiten können dafür detaillierte Angaben zum Ort des Bauvorhabens sowie genaue Bezeichnungen der einzelnen Arbeiten erforderlich sein.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 4 Nr. 5
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs aus Eingangsrechnungen durch den Antragsgegner.
Die Antragstellerin ist eine am ... 2012 ins Handelsregister eingetragene GmbH. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Einrüstung von Schiffen, Gebäuden und Industrieanlagen aller Art. Geschäftsführer der Antragstellerin waren zunächst A sowie B. Letzterer schied am ... 2013 als Geschäftsführer aus. Als Abschluss eines Ermittlungsverfahrens durch das Hauptzollamt C wurde gegenüber A am ... 2013 ein Bußgeld wegen der Beschäftigung eines "Schwarzarbeiters" verhängt.
In ihren monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate Februar bis November 2013 sowie in der am 15. April 2015 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung für 2013 machte die Antragstellerin Vorsteuern aus Rechnungen der D GmbH (D-GmbH) i. H. v. 186.580 € geltend. Aus Rechnungen der E ... GmbH (E-GmbH) brachte die Antragstellerin in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate Februar und März 2014 7.980 bzw. 14.250 € Vorsteuern zum Abzug. Vorsteuern aus Rechnungen der F Gerüstbau GmbH (F-GmbH) machte die Antragstellerin in Umsatzsteuer-Voranmeldungen für April 2014 i. H. v. 20.900 €, für Mai 2014 i. H. v. 9.500 €, für Juli 2014 i. H. v. 21.090 € sowie für August 2014 i. H. v. 14.250 € geltend. In ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juli 2014 begehrte sie die Vorsteuererstattung aus Rechnungen der G ... GmbH i. H. v. 20.900 € (G-GmbH). Allen eingereichten Rechnungen ist gemein, dass jeweils bezogen auf einen vollen Abrechnungsmonat hinsichtlich erbrachter Leistungen zu einem immer auf volle 1.000 € bzw. 5.000 € lautenden Pauschalbetrag abgerechnet wurde. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die im gerichtlichen Verfahren eingereichten bzw. in den Akten des Antragsgegners vorhandenen Rechnungskopien verwiesen.
Ausweislich der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts H sei die D-GmbH bereits kurz nach Gründung in der Lage gewesen, Umsätze in mittlerer sechsstelliger Höhe zu generieren. Sie selbst habe jedoch lediglich zwei Mitarbeiter beschäftigt, einen davon geringfügig entlohnt. Bei den Wohnräumen des Gesellschafter-Geschäftsführers habe es sich um eine reine Meldeadresse gehandelt. Die Befragung eines Mitarbeiters habe ergeben, dass dieser auf Aufforderung des Geschäftsführers oder auch durch Geschäftskunden selbst Ausgangsrechnungen geschrieben habe. Diesem sei bereits der Verdacht gekommen, dass es sich um reine Abdeckrechnungen handeln könnte. Eingangs- und Ausgangsleistungen seien fast identisch abgerechnet worden, was ökonomisch keinen Sinn mache. Die im Rahmen einer Durchsuchung gesichteten Unterlagen der D-GmbH bestünden fast ausschließlich aus Ein- und Ausgangsrechnungen. Die für ein lebendes Unternehmen typischen Belege wie Unterlagen zur Geschäftsanbahnung, Angebote, Aufmaße, Stücklisten, Einteilung von Kolonnen, Einholung von Angeboten bei Subunternehmern, Korrespondenz mit Geschäftskunden, habe man nicht gefunden. In der fragmentarischen Buchhaltung vorgefundene Eingangsrechnungen würden zudem einen höheren Vorsteueranspruch begründen, als tatsächlich in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen der D-GmbH geltend gemacht worden seien. Bei vereinnahmten Beträgen per Überweisung seien unmittelbar nach Gutschrift auf dem Konto Barabhebungen in annähernd gleicher Höhe feststellbar. Subunternehmer seien ausschließlich bar bezahlt worden.
Hinsichtlich der E-GmbH teilte das Finanzamt J dem Antragsgegner mit, dass Steuererklärung und Jahresabschlüsse für die E-GmbH ab dem Veranlagungsjahr 2012 nicht mehr abgegeben worden seien. Bei durchgeführten Umsatzsteuer-Nachschauen am 28. November 2013, 25. März 2014 und am 10. Juli 2014 konnte unter der in J angegebenen Geschäftsadresse kein Firmensitz festgestellt werden. Das Gewerbe sei laut Gewerbeabmeldung zum ... 2014 vollständig aufgegeben worden. Zum 1. Januar 2014 seien die GmbH-Anteile vollständig auf einen neuen Gesellschafter-Geschäftsführer übertragen worden, dessen Wohnsitz nicht feststellbar sei.
Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der F-GmbH für die Monate Januar 2014 bis Januar 2015 stellte das Finanzamt K fest, dass die im Jahr 2013 gegründete F-GmbH bereits kurz dana...