Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer: Bindungswirkung von Verlustfeststellungsbescheiden bei Ablehnung der Steuerveranlagung
Leitsatz (amtlich)
1. Es tritt keine Bindungswirkung nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG ein, wenn die Veranlagung der Steuer abgelehnt worden ist.
2. In diesem Fall muss sich der Antragsteller allein gegen die Verlustfeststellungsbescheide wenden.
Normenkette
EStG § 10d Abs. 4 S. 4
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen Verlustfeststellungsbescheide der Jahre 2010 bis 2013.
Der Antragsteller absolvierte im Jahr 2009 sein Abitur. Am ... 2010 begann er eine Ausbildung zum Luftverkehrspiloten. Diese dauerte bis zum ... 2012. Im Jahr 2013 fand er seine erste Festanstellung.
Am 23. November 2018 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages für die Jahre 2010 bis 2013 hinsichtlich der Kosten der Pilotenausbildung und weiterer Werbungskosten; zugleich reichte er seine Einkommensteuererklärungen für die betreffenden Jahre ein.
Mit Bescheid vom 3. Dezember 2018 lehnte das damals zuständige Finanzamt Hamburg-1 die Einkommensteuerveranlagung für 2010 und den Antrag auf Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages für 2010 mit der Begründung ab, dass die Festsetzungsfrist abgelaufen sei.
Mit Bescheid vom gleichen Tage lehnte das Finanzamt Hamburg-1 die Einkommensteuerveranlagung 2011 bis 2013 mit der Begründung ab, dass auch hier die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Hinsichtlich geltend gemachter Werbungskosten stellte das Finanzamt Hamburg-1 mit Bescheiden vom 3. Dezember 2018 den Verlustvortrag für die Jahre 2011 bis 2013 vorläufig jeweils auf null Euro fest.
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2018 legte der Antragsteller Einspruch gegen die Ablehnung der Verlustfeststellungen für die Jahre 2010 bis 2013 sowie die Ablehnung der Veranlagung der Einkommensteuer 2012 bis 2013 ein. Hinsichtlich der Verlustfeststellungen 2011 bis 2013 beantragte er zusätzlich die Aussetzung der Vollziehung (AdV).
Mit Schreiben vom 9. Januar 2019 erläuterte das Finanzamt Hamburg-1, dass es den Einsprüchen nicht stattgeben könne, weil hinsichtlich der Veranlagung der Einkommensteuer für die Kalenderjahre 2010 bis 2013 Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Dies gelte auch für die Verlustfeststellung 2010. Hinsichtlich der Verlustfeststellungen für die Jahre 2011 bis 2013 seien entsprechende Feststellungen ergangen; diese seien vorläufig hinsichtlich der Abziehbarkeit der Aufwendungen für eine Berufsausbildung, so dass dem Antragsteller umfassender Rechtsschutz gewährt worden sei. AdV komme nicht in Betracht, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsakte bestünden und keine unbillige Härte vorliege. Eine Rücknahmeerklärung könne bis zum 7. Februar 2019 übersandt werden.
Am 11. März 2019 beantragte der Antragsteller AdV hinsichtlich der Verlustfeststellung für 2010.
Mit Einspruchsentscheidung vom Donnerstag, dem 23. Mai 2019, wies der zuständig gewordene Antragsgegner die Einsprüche gegen die Ablehnung der Einkommensteuerveranlagungen 2010, 2012 und 2013 und gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages für den Veranlagungszeitraum 2011 bis 2013 zurück. Zur Begründung verwies er auf die Vorläufigkeit, die dem Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers ausreichend Rechnung trage. Zudem fehlten die Nachweise für die geltend gemachten Werbungskosten.
Mit Bescheid vom Montag, dem 27. Mai 2019 stellte der Antragsgegner den Verlustvortrag für das Jahr 2010 auf null Euro fest.
Der Antragsteller hat am 27. Juni 2019 Klage gegen die Verlustfeststellungen 2010 bis 2013 und die Ablehnung der Einkommensteuerveranlagung für die Jahre 2010 bis 2013 erhoben (6 K 200/19); zugleich hat er um vorläufigen Rechtsschutz bei Gericht hinsichtlich der Verlustfeststellungen 2010 bis 2013 nachgesucht. Zur Begründung führt er aus: Er begehre die Verlustvorträge, um seine Ausbildungskosten geltend zu machen. Sein Rechtsschutzbedürfnis sei durch einen Vorläufigkeitsvermerk nicht ausreichend gewahrt. Bei der Pilotenausbildung handele es sich nicht um seine Erstausbildung. Er habe bereits 2007 als ... und 2007-2009 als ... gearbeitet. Zudem sei er ..., ... und ... gewesen. Nachweise für die Ausbildungskosten zum Piloten lege er bei; hinsichtlich der Fahrtkosten und des Verpflegungsmehraufwandes handele es sich um Pauschalen. Die Finanzierung sei über ein Bankdarlehen erfolgt und seine Mutter habe zusätzlich gebürgt. Er habe mit der Einkommensteuererklärung einen Verlustrücktrag von 2011 nach 2010 beantragt. Die vielen Detailfragen auf materieller Ebene müssten im Einspruchsverfahren geklärt werden und nicht im AdV-Verfahren.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung der Verlustfeststellungsbescheide 2010 bis 2013 in Höhe von ... € für 2010, in Höhe von ... € für 2011, in Höhe von ... € für 2012 und in Höhe von ... € für 2013 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den Antrag abzulehnen.
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