rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung der Ausfuhrerstattung wegen Nichteinhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzbestimmungen
Leitsatz (amtlich)
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Beinhaltet die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 einen Ausschlusstatbestand mit der Folge, dass das Hauptzollamt für die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 darlegungs- und beweispflichtig ist?
Für den Fall, dass die vorstehende Frage bejaht wird: Erfordert der Schluss im Sinne des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 auf die Nichteinhaltung der Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport den Beweis eines Verstoßes gegen die Richtlinie 91/628/EWG im konkreten Fall oder genügt die Behörde ihrer Darlegungs- und Beweislast schon dann, wenn sie Umstände vorträgt und nachweist, die in ihrer Gesamtschau mit einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, dass (auch) bezogen auf die in Rede stehende Ausfuhrsendung die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden ist?
Ungeachtet der Antworten zu Frage 1 und 2: Darf die Behörde einem Ausführer die Ausfuhrerstattung gemäß Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 (vollständig) versagen, wenn es hinsichtlich der in Rede stehenden Ausfuhrsendung keine Anzeichen dafür gibt, dass durch den (eventuellen) Verstoß gegen die Richtlinie 91/628/EWG das Wohlbefinden der Tiere während des Transports beeinträchtigt worden ist?
Normenkette
EGV 615/98 Art. 1, 5 Abs. 2-3; Richtlinie 91/628/EWG
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.
Mit Ausfuhranmeldung vom 8.3.1999 meldete die Klägerin beim Hauptzollamt H insgesamt 35 lebende Rinder der Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 9071 9000 zur Ausfuhr in den Libanon an und beantragte hierfür beim beklagten Hauptzollamt unter dem 17.3.1999 die Gewährung von Ausfuhrerstattung.
Nachdem das beklagte Hauptzollamt in der Folgezeit festgestellt hatte, dass die von der Klägerin in den Libanon ausgeführten Tiere mit dem Schiff "M..." transportiert worden waren und dass dieses Schiff in einer sog. Negativliste der Europäischen Kommission vermerkt war, lehnte es mit Bescheid vom 1.2.2001 den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Ausfuhrerstattung mit der Begründung ab, das von der Klägerin eingesetzte Schiff "M..." habe zum Zeitpunkt der Ausfuhr nicht den Bestimmungen der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport entsprochen und sei deshalb nicht für den Lebendviehtransport zugelassen gewesen.
Den gegen den Ablehnungsbescheid vom 1.2.2001 gerichteten Einspruch der Klägerin wies das beklagte Hauptzollamt mit Einspruchsentscheidung vom 18.5.2001 zurück. Zur Begründung führte es u.a. aus: Nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 werde die Ausfuhrerstattung u.a. für die Tiere nicht gezahlt, bei denen die zuständige Behörde aufgrund sonstiger Informationen über die Einhaltung von Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 zu dem Schluss komme, dass die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden sei. Das für den streitgegenständlichen Transport der Tiere eingesetzte Schiff sei am 18. und 19.2.1997 von einem tierärztlichen Sachverständigen des Lebensmittel- und Veterinäramtes der Europäischen Kommission im Hafen von Koper/Slowenien besichtigt worden. Dieser habe festgestellt, dass das Schiff aus verschiedenen Gründen der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport nicht entsprochen habe. So hätten sich die Laufstege, der Zutritt zu den Durchgängen, die Pferche und die Rohrleitungen in einem Zustand befunden, der bei den Tieren zu Verletzungen führen könne (Verstoß gegen Richtlinie 91/628/EWG Kapitel I des Anhangs Nr. 17). Auch seien die Laufstege, der Zutritt zu den Durchgängen und die Pferche nicht ausbruchsicher gewesen (Verstoß gegen Richtlinie 91/628/EWG Kapitel I des Anhangs Nr. 2c). Die hölzernen und metallenen Laufstege, der Zutritt zu den Durchgängen und die Pferche seien zudem abgenutzt, rostig und rau gewesen. Sie hätten sich in einem Zustand befunden, in dem sie schwer zu reinigen und zu desinfizieren gewesen wären (Verstoß gegen Richtlinie 91/628/EWG Kapitel I des Anhangs Nr. 2c i.V.m. Nr. 8). In den meisten Bereichen der Oberdecks hätten sich überdies keine Schutzvorkehrungen gegen See- und Witterungseinflüsse befunden (Verstoß gegen Richtlinie 91/628/EWG Kapitel I des Anhangs Nr. 18). Während der beobachteten Verladung hätten sich 4 von insgesamt 800 Rindern verletzt, wobei sich eines der Tiere auf dem Schiff das rechte Vorderbein gebrochen habe. Angesichts dieser Mängel habe die Generaldirektion XXIV der Europäischen Kommission das Schiff "M..." als nicht für den Transport von Lebendvieh im Sinne der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport geeignet qualifiziert (Kommissionsdokument vom 28.2.1997, VI/1963/97,...