Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer - verzögerte Erteilung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Unternehmer hat grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer.
2. Nicht nur die Versagung, sondern auch die Verzögerung der Erteilung einer Steuernummer, kann einen unzulässigen Eingriff in Art. 12 GG darstellen.
Normenkette
FGO § 114
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Antragsgegner zur Erteilung einer Steuernummer verpflichtet ist.
Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie wurde am ... 2016 gegründet und am ... 2016 ins Handelsregister eingetragen.
Am 06.05.2016 wurde Frau A als Geschäftsführerin bestellt. Sie betreibt einen XX in der Y-Straße ... (B GmbH) und war in der Vergangenheit an der Gründung diverser GmbH beteiligt. Diese GmbH haben bzw. hatten alle ihren Sitz (zunächst) in der Y-Straße ..., C.
Am 13.05.2016 wurde als zweiter Geschäftsführer Herr D bestellt. Er ist ... Staatsbürger und lebt zurzeit in E.
Als Gegenstand des Unternehmens wurde der Import und Export von Nahrungsmitteln, insbesondere von ZZ, mit Ausnahme von genehmigungspflichtigen Tätigkeiten eingetragen. Das Stammkapital beträgt 25.000 €.
Die Antragstellerin reichte am 29.04.2016 den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung beim Antragsgegner ein. Als Beginn der Tätigkeit wurden der 21.04.2016 mitgeteilt. Als prognostizierter Jahresüberschuss wurden für das Gründungsjahr 0 € und für das Folgejahr 10.000 € angegeben. Die Summe der Umsätze wurde für 2016 mit 300.000 € und für 2017 mit 450.000 € geschätzt. Außerdem wurde mitgeteilt, dass die Ausfuhr in ein Drittland beabsichtigt sei. In diesem Zusammenhang legte die Antragstellerin ihre Eröffnungsbilanz zum 25.04.2016 vor.
Am 30.05.2016 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, dass ein erster Geschäftsvorfall vorliege und sie daher dringend um die Vergabe einer Steuernummer bitte. In diesem Zusammenhang reichte sie eine Rechnung vom 25.05.2016 ein, auf die in diesem Zusammenhang verwiesen wird.
Am 06.06.2016 und 07.06.2016 rief die Antragstellerin beim Antragsgegner an und wies darauf hin, dass die Steuernummer dringend benötigt werde, um einkaufen zu können.
Durch Schreiben vom 10.06.2016 bat der Antragsgegner um die Beantwortung einiger Fragen und der Vorlage von Unterlagen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf dieses Schreiben verwiesen. Am 13.06.2016 fand ein Gespräch der Beteiligten im Finanzamt statt. Mit Schreiben vom 13.06.2016 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, welche Unterlagen noch fehlten.
Am 14.06.2016 forderte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin den Antragsgegner auf, bis zum 15.06.2016 12 Uhr mitzuteilen, ob er die Steuernummer erteilen werde.
Am 28.06.2016 legte die Antragstellerin diverse Unterlagen vor und beantwortete Fragen des Antragsgegners. U. a. legte die Antragstellerin einen Geschäftsplan vor, demgemäß in 2016 Umsatzerlöse in Höhe von 2,5 Mio. € und ein Rohergebnis von 500.000 € prognostiziert wurden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Schreiben und die Anlagen verwiesen.
Mit Schreiben vom 30.06.2016 teilte der Antragsgegner mit, dass noch nicht alle Fragen ausreichend beantwortet seien. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, wieso die Angaben der Antragstellerin bei ihrer steuerlichen Erfassung in erheblicher Weise vom Businessplan abwichen und wer der Lieferant der angeblichen Rechnung vom 25.05.2016 sein solle, da dieser nicht im Internet ermittelbar sei.
Am 12.07.2016 hat die Antragstellerin bei Gericht beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 114 Finanzgerichtsordnung (FGO), das Finanzamt zu verpflichten, ihr vorläufig eine Steuernummer, die auch als Umsatzsteuernummer gilt, zu erteilen.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, ihr Antrag auf einstweilige Anordnung sei zulässig und begründet. Sie, die Antragstellerin, habe einen Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer. Dieser ergebe sich aus ihrer beruflichen Betätigungsfreiheit. Das sei eindeutige Rechtsprechung. Nach dieser Rechtsprechung sei es ausreichend, dass der Unternehmer erste Handlungen ausführe, die auf die Erbringung entgeltlicher Leistungen gerichtet seien. Dazu gehörten bereits Vorbereitungshandlungen. Sie, die Antragstellerin, habe ausreichend die geplante Geschäftsaufnahme dargelegt. Der Antragsgegner verlange ohne rechtlich nachvollziehbaren Grund weitere Nachweise und verzögere hierdurch die Erteilung der Steuernummer. Damit verletzte der Antragsgegner ihr Grundrecht auf Berufsfreiheit. Nicht nur die Versagung, sondern auch die Verzögerung der Erteilung der Steuernummer stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr Grundrecht dar, denn sie, die Antragstellerin, könne deshalb nicht die von ihr bereits geplanten Geschäfte tätigen.
Es sei auch ein Anordnungsgrund gegeben, denn sie, die Antragstellerin, habe dargelegt, dass bereits erste Geschäfte konkret in Planung seien.
Die verwaltungsinterne Bezeichnung des Antragsgegners als Risikofall bewirke keine a...