rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbrauchsteuerentstehung im Freihafen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Freihafen Hamburg gehört zum Verbrauchsteuergebiet. Zollrechtlich handelt es sich um eine Freizone nach Art. 167 Zollkodex. Umsatzsteuerrechtlich handelt es sich gem. § 1 Abs. 2 UStG um Drittland.

2. Für verbrauchsteuerpflichtige Waren, die sich in einem Steuerlager im Freihafen befinden, entsteht die Verbrauchsteuer mit der Entnahme aus dem Steuerlager, sofern sich keine Steuerbefreiung oder Steueraussetzung anschließt. Dies gilt auch, wenn die Waren nur innerhalb des Freihafens befördert werden.

3. Eine der Entnahme aus dem Steuerlager nachfolgende Beförderung erfolgt nur dann unter Steueraussetzung, wenn sie mit einem elektronischen Verwaltungsdokument nach Art. 21 RL 2008/118/EG erfolgt. Die Verwendung eines Lieferzettels nach § 27 ZollV führt nicht dazu, dass die Beförderung als unter Steueraussetzung erfolgt gilt.

 

Normenkette

TabStG § 1 Abs. 1, § 4 Nr. 2, § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 1, 2 Nr. 1; BierStG § 1 Abs. 1, § 3 Nr. 2, § 9 Abs. 1, § 14 Abs. 1, 2 Nr. 1; BranntwMonG § 130 Abs. 1, § 132 Nr. 2, § 138 Abs. 1, § 143 Abs. 1, 2 Nr. 1; UStG § 1 Abs. 2; ZK Art. 167, 3; ZollV § 27; RL 2008/118/EG Art. 21

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Verbrauchsteuerbescheid.

Die Antragstellerin hat ihren Firmensitz im Freihafen Hamburg und betreibt dort ein Steuerlager. Sie handelt mit Schiffsbedarf. Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 15.02.2011 bis 25.05.2011 beförderte sie unversteuert Schiffsbedarf - u. a. tabak-, bier- und branntweinsteuerpflichtige Waren - mit Lieferzetteln nach § 27 ZollV an bezugsberechtigte Schiffe, ohne dass ein begleitendes Verwaltungsdokument ausgestellt worden wäre.

Mit Steuerbescheid vom 30.09.2011 forderte der Antragsgegner von der Antragstellerin Tabaksteuer, Biersteuer und Branntweinsteuer in Höhe von insgesamt 11.035 €. Die Steuern seien entstanden, weil verbrauchsteuerpflichtige Waren durch Entnahme aus dem Steuerlager der Antragstellerin in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt worden seien, ohne dass sich ein weiteres Verfahren der Steueraussetzung angeschlossen habe.

Mit Schreiben vom 10.10.2011 legte die Antragstellerin gegen den Steuerbescheid Einspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist.

Ebenfalls mit Schreiben vom 10.10.2011 beantragte die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheides. Zur Begründung führte sie aus, es sei zutreffend, dass der Freihafen zum Verbrauchsteuergebiet gehöre, gleichwohl befänden sich die im Freihafen befindlichen Waren nicht im Wirtschaftskreislauf (freien Verkehr). Der Freihafen gehöre gemäß § 1 Abs. 2 UStG auch nicht zum Inland. Nach Art. 7 Abs. 1, Abs. 2 der Richtlinie 2008/118/EG entstehe der Verbrauchsteueranspruch mit der Überführung der verbrauchsteuerpflichtigen Ware in den freien Verkehr bzw. mit der unrechtmäßigen Entnahme aus dem Verfahren der Steueraussetzung. In jedem Fall müsse die Ware in den freien Verkehr gelangen, dies sei im Streitfall jedoch nicht geschehen. Zwar hätten die Waren wegen § 27 Abs. 9 S. 1 ZollV nur unter Steueraussetzung an bezugsberechtigte Schiffe abgegeben werden dürfen, auch reiche der Schiffzettel nach § 27 Abs. 12 ZollV nicht aus, diese Pflichtverletzung führe aber nicht dazu, dass die Waren in den freien Verkehr des Verbrauchsteuergebietes entnommen worden seien. Vielmehr seien sie aus dem Steuerlager innerhalb des Freihafens an einen Bezugsberechtigten im Sinne von § 27 Abs. 2 ZollV abgegeben worden.

Mit Bescheid vom 14.10.2011 lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung ab. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, es habe sich um verbrauchsteuerpflichtige Gemeinschaftswaren gehandelt, die sich im Steuerlager der Antragstellerin befunden hätten. Steuergebiet sei die Bundesrepublik Deutschland. Dass sich das Steuerlager in einer Freizone befunden habe, sei unerheblich. Die Steuern seien mit der Entnahme der verbrauchsteuerpflichtigen Waren aus dem Steuerlager entstanden, da sich kein weiteres Steueraussetzungsverfahren angeschlossen habe. Für die Beförderung derartiger Waren unter Steueraussetzung seien ein begleitendes Verwaltungsdokument oder ein als begleitendes Handelsdokument für die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung gekennzeichnetes Handelspapier oder das elektronische Verwaltungsdokument vorgeschrieben. Ausnahmen gebe es nicht. Hierauf sei die Antragstellerin in der Vergangenheit bereits mehrfach hingewiesen worden. Dies habe sie nicht beachtet. Vielmehr habe sie die Waren, ohne sie der zuständigen Ausfuhrzollstelle zu gestellen, mit einem Lieferzettel für Schiffsbedarf an Bord von Seeschiffen geliefert. Der Lieferzettel sei kein für die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Steueraussetzungsverfahren zugelassenes Beförderungsdokument.

Am 28.10.2011 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Sie wiederholt die Begründung ihres behördlichen An...

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