rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Örtliche Unzuständigkeit des Finanzgerichts bei bindendem Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch des Arbeitnehmers gegen seinen (früheren) Arbeitgeber auf zutreffende Bescheinigung des erhaltenen Bruttolohnes und der Lohnsteuer beruht auf einer arbeitsrechtlichen Verpflichtung. Für derartige Streitigkeiten ist der Finanzrechtsweg im Sinne des § 33 FGO nicht geöffnet.
Der Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts ist nur hinsichtlich des Rechtsweges bindend. Die Bindungswirkung gilt nur soweit die Rechtswegentscheidung selbst reicht, also hinsichtlich der Frage, welcher der verschiedenen Rechtswege zulässig ist.
Alle anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen muss das Gericht, an das verwiesen ist, selbst prüfen. Innerhalb seines Rechtsweges ist das Gericht, an das verwiesen worden ist, nicht gehindert, den Rechtsstreit aus Gründen der örtlichen, sachlichen oder funktionellen Zuständigkeit weiter zu verweisen.
Ist in einem finanzgerichtlichen Verfahren der Beklagte keine Behörde, sondern eine natürliche Person, muss die Vorschrift des § 38 FGO dahingehend ausgelegt werden, dass gem. § 155 FGO in Verbindung mit §§ 12, 13 ZPO entscheidend der Wohnsitz des Beklagten ist.
Normenkette
FGO §§ 33, 38, 155; GVG § 17a; ZPO §§ 12-13
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Berichtigung einer vom beklagten Arbeitgeber erteilten Lohnsteuerbescheinigung.
Der verheiratete Kläger ist von Beruf Tischlermeister. Er hat eine erwachsene Tochter, für die ihm kein Kinderfreibetrag zusteht. Er ist in der ...(K) krankenversichert und wohnt im Bereich des Finanzamts Hamburg-...(A).
Der Beklagte ist Geschäftsführer einer Hamburger Baufirma und wohnt in Schleswig-Holstein.
Die Beteiligten verband ein befristetes Arbeitsverhältnis. Es gibt keinen schriftlichen Arbeitsvertrag. Das Arbeitsverhältnis wurde durch folgenden, beim Arbeitsgericht Hamburg - 17 Ca 512/04 - abgeschlossenen Vergleich beendet:
"VERGLEICH 1. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Beklagten zu 2) endete mit Ablauf des 20. August 2004. 2. Die Parteien sind sich einig, das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ein Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 15. April 2004 bis zum 20. August 2004 nicht bestanden hat. Der Kläger verzichtet auf seine Rechte aus dem Teil-Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 16. November 2004 - 17 Ca 512/04 - und nimmt die Klage gegen die Beklagte zu 1) zurück. Die Beklagte zu 1) nimmt den Verzicht an. 3. Die Parteien sind sich einig, dass dem Kläger gegen den Beklagten zu 2) als Vergütung für den Zeitraum vom 15. April 2004 bis zum 20. August 2004 ein Betrag von 5.690,61 EUR netto zusteht. Die Parteien sind sich weiter einig, dass der Kläger diesen Nettobetrag bereits erhalten hat. 4. Der Beklagte zu 2) verpflichtet sich, die sich aus der Nettovergütung von 5.690,61 EUR ergebenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge an die zuständigen Stellen (Finanzamt und Krankenkasse) abzuführen. 5. Der Beklagte zu 2) verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem Kläger für den Zeitraum vom 15. April 2004 bis zum 20. August 2004 ordnungsgemäß abzurechnen, auf der vom Kläger einzureichenden Lohnsteuerkarte und dem Sozialversicherungsnachweis zu bescheinigen und die Abrechnungen sowie die Lohnsteuerkarte und den Sozialversicherungsnachweis dem Kläger zu übersenden. 6. Der Beklagte zu 2) nimmt die Klage in dem Rechtsstreit beim Arbeitsgericht Hamburg - 17 Ca 616/04 - zurück. 7. Damit sind alle Ansprüche der Parteien gegeneinander aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung sowie dieser Rechtsstreit erledigt."
Der Beklagte erteilte dem Kläger eine Lohnsteuerbescheinigung für die Dauer der Beschäftigung vom 15.04.2004 bis 20.08.2004. Eingetragen war ein Bruttoarbeitslohn von 7.240,30 Euro und eine einbehaltene Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer von 0,00 Euro. Als Anschrift war ... (Herr B), X-Straße, Hamburg angegeben. In der Abrechnung der Brutto-Netto-Bezüge Jahresabrechnung 2004 ist die Lohnsteuer nach der Klasse III berechnet worden. Es wurde ein Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung insgesamt in Höhe von 1.527,70 Euro errechnet und ein ausgezahlter Nettolohn in Höhe von 5.690,60 Euro berechnet. Außerdem wurde mitgeteilt, dass das Finanzamt, an das die Lohnsteuer abgeführt wird, das Finanzamt Hamburg-...(F) sei.
Der Kläger hat am 26.01.2005 Klage beim Arbeitsgericht Hamburg erhoben. Er begehrte die Berichtigung der erteilten Lohnsteuerbescheinigung. Insbesondere beantragte er, dass die Lohnsteuer auf der Grundlage der Lohnsteuerklasse IV zu berechnen sei.
Der Beklagte rügte die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts.
Durch Beschluss vom 07.07.2005 hat sich das Arbeitsgericht Hamburg für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Finanzgericht Hamburg verwiesen. Die arbeitsrechtliche Nebenpflicht werde inhaltlich durch Regelungen des EStG ausgestaltet. Es gebe keine konkrete arbeitsrechtliche Vorschrift, die bestimme, wie eine Lohnsteuerb...