Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Veranlagung: Kein Wechsel der Veranlagungsart bei bestandskräftiger Einzelveranlagung eines Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Das Veranlagungswahlrecht von Ehegatten kann nicht abweichend ausgeübt werden (hier Antrag auf Zusammenveranlagung nach getrennter Veranlagung eines Ehegatten), wenn für einen Ehegatten die Steuer bereits bestandskräftig im Wege der Einzelveranlagung festgesetzt worden ist.
Normenkette
EStG i.d.F. vom 08.10.2009 § 26; EStG i.d.F. vom 08.10.2009 § 26a; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin im Streitjahr 2010 mit ihrem Ehemann zusammen zu veranlagen ist.
Die Klägerin ist seit 2009 verheiratet. Am 21. Mai 2012 reichte sie ihre Einkommensteuererklärung für 2010 ein und beantragte die getrennte Veranlagung. Mit Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 4. Juni 2012 setzte der Beklagte die Einkommensteuer mit 0 Euro fest. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 6. Juni 2012, mit dem die Klägerin zugleich die Zusammenveranlagung beantragte. Mit Entscheidung vom 21. Juni 2012 verwarf der Beklagte den Einspruch mangels Beschwer als unzulässig, weil die Steuer mit 0 Euro festgesetzt worden sei. Den Antrag auf Zusammenveranlagung lehnte er ebenfalls am 21. Juni 2012 ab, weil die Einzelveranlagung des Ehemannes bereits bestandskräftig geworden sei.
Mit dem Einspruch vom 2. Juli 2012 machte die Klägerin geltend, dass der Beklagten aufgrund der Eintragung in der Lohnsteuerkarte des Ehemannes Kenntnis davon hätte erlangen können, dass eine Ehe bestanden habe und deshalb eine Einzelveranlagung nicht in Betracht gekommen sei. Den Einspruch wies der Beklagte am 12. September 2012 zurück. Der Ehemann habe in seiner am 10. Juni 2011 eingereichten Einkommensteuererklärung keinerlei Angaben zu seiner 2009 geschlossenen Ehe gemacht und sei folglich erklärungsgemäß einzelveranlagt worden. Der hiergegen erst am 5. Januar 2012 eingelegte Einspruch sei als unzulässig verworfen worden. Angesichts der bestandskräftigen Einzelveranlagung des Ehemannes sei nunmehr eine Zusammenveranlagung ausgeschlossen.
Am 15. Oktober 2012 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Ziel der Zusammenveranlagung. Die Voraussetzungen des § 26 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG a.F.) seien erfüllt. Eine Einzelveranlagung für Ehegatten sei nicht vorgesehen gewesen. Das Bestehen der Ehe habe sich aus der in der Lohnsteuerkarte des Ehemannes eingetragenen Lohnsteuerklasse III ergeben. Wegen der fehlerhaften Einzelveranlagung des Ehemannes müsse der Bescheid in einen solchen mit getrennter Veranlagung umgedeutet werden. Weil die Einkommensteuererklärung des Ehemannes nicht unterschrieben gewesen sei, habe der Beklagte nachgefragt und hierbei auch nach der Unterschrift der Ehefrau gefragt; auch deswegen habe eine Zusammenveranlagung erfolgen müssen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung vom 21. Juni 2012 und der Einspruchsentscheidung vom 12. September 2012 den Beklagten zu verpflichten, die Zusammenveranlagung der Klägerin mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer 2010 durchzuführen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.
Die die Klägerin betreffende Einkommensteuerakte nebst Rechtsbehelfsakte zur Steuernummer .../.../... hat vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet gem. §§ 90a Abs. 1, 79a Abs. 3 und 4 FGO durch die Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.
1. Der zulässigen Klage bleibt der Erfolg versagt. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, im Streitjahr eine Zusammenveranlagung durchzuführen.
a) Gem. § 26 Abs. 1 EStG a.F. können Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben und bei denen diese Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraumes vorgelegen haben, zwischen getrennter Veranlagung und Zusammenveranlagung wählen. Ehegatten werden getrennt veranlagt, wenn einer der Ehegatten die getrennte Veranlagung wählt (Absatz 2). Werden die nach Absatz 2 erforderlichen Erklärungen nicht abgegeben, wird unterstellt, dass die Ehegatten die Zusammenveranlagung wählen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) können sie dieses Wahlrecht bis zur Unanfechtbarkeit eines Berichtigungs- oder Änderungsbescheids ausüben und die einmal getroffene Wahl innerhalb dieser Frist frei widerrufen (BFH vom 24. Januar 2002 III R 49/00, BStBl II 2002, 408; vom 3. März 2005 III R 22/02, BStBl II 2005, 690; jetzt § 26a Abs. 2 Nr. 2 EStG in der an Veranlagungszeitraum 2013 geltenden Fassung). Dies gilt grds. unabhängig davon, inwieweit die Bestandskraft durchbrochen wird (vgl. BFH vom 19.05.1999 XI R 97/94, BStBl II 1999, 762 zur Änderung eines bestandskräftigen Bescheids nach § 10d Abs. 1 EStG).
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die getrennte Veranlagung auch dann noch beantragt werden kann, wenn ein gegenüber dem einen Ehegatten ergangener ...