Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Auszahlung von Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
Kindergeld wird nach bisheriger Rechtslage rückwirkend längstens nur für sechs Monate vor Antragstellung gezahlt. Auf diese insoweit eindeutige Gesetzeslage muß in einem Merkblatt nicht ausdrücklich hingewiesen werden. Es ist bei Antragstellung eine Prognose über die Einkünfte des Kindergeldberechtigten zu treffen und ggf. geleistetes Kindergeld wieder zurückzuzahlen, falls entgegen der Prognose der Grenzbetrag überschritten wird.
Normenkette
EStG § 66 Abs. 3
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die - rückwirkende - Festsetzung und Auszahlung von Kindergeld für den am 19.8.1973 geborenen Sohn S des Klägers.
Am 14.1.1997 beantragte der Kläger für S Kindergeld für das Kalenderjahr 1996. Zuvor war wegen Wegfalls der Voraussetzungen nach altem Recht mit bestandskräftigem Bescheid vom 16.8.1995 die Kindergeldfestsetzung aufgehoben worden. Seinem Antrag fügte der Kläger Nachweise bei, aus denen sich ergab, daß sich S bis Oktober 1996 in der Berufsausbildung befand und Einkünfte von nicht mehr als 12.000 DM im Kalenderjahr 1996 bezog.
Mit Bescheid vom 6.2.1997 setzte der Beklagte Kindergeld von monatlich 200 DM lediglich für die Zeit von Juli bis Oktober 1996 fest. Zur Begründung führte er aus, daß die Leistung von Kindergeld ab November 1996 wegen nicht mehr gegebener Ausbildung des Kindes entfallen müsse. Im übrigen könne für die Monate Januar bis Juni 1996 Kindergeld nicht geleistet werden, weil dieses nach dem Gesetz rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt werden könne, in dem der Antrag bei der Familienkasse gestellt worden sei.
Gegen den Bescheid legte der Kläger wegen des letzteren Gesichtspunkts am 10.2.1997 Einspruch ein, der mit der Einspruchsentscheidung vom 17.4.1997 zurückgewiesen wurde. Hierbei bezog sich der Beklagte auf den bereits im Erstbescheid vertretenen Rechtsstandpunkt.
Am 30.4.1997 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er im wesentlichen vorträgt: In der Broschüre des Bundesfamilienministeriums werde nur auf die Einkunftsgrenze, nicht aber auf die Beschränkung der Rückwirkung hingewiesen. Die Sechsmonatsfrist sei unlogisch, da naturgemäß erst jeweils am Jahresende die Einkünfte des Kindes feststünden. Deshalb habe er, der Kläger, auch keine Veranlassung gesehen, ggf. vorab einen formlosen Antrag zu stellen, sondern abgewartet, bis die Einkunftsverhältnisse feststanden. Im übrigen sei unabhängig von der Gesetzesformulierung zu fragen, welche Absichten der Gesetzgeber mit der Sechsmonatsfrist verfolgt habe.
Der Kläger beantragt, unter Änderung des Bescheides vom 6.2.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.4.1997 den Beklagten zu verpflichten, Kindergeld für den Sohn S von Januar 1996 bis Oktober 1996 in Höhe von monatlich 200 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die bereits im Vorverfahren vertretene Rechtsauffassung.
Dem Senat hat ein Band Kindergeldakten ... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet über die form- und fristgerecht erhobene und auch sonst zulässige Klage ohne mündliche Verhandlung gemäß § 90 a FGO durch Gerichtsbescheid.
Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat der Beklagte den Kindergeldanspruch des Klägers in der Zeit von Januar bis Juni 1996 verneint.
Zwar wird gemäß § 66 Abs. 2 EStG im Grundsatz Kindergeld vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. § 66 Abs. 3 EStG enthält indessen eine gesetzliche Ausschlußfrist, wonach Kindergeld rückwirkend längstens nur für sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt wird, in dem der Antrag auf Kindergeld bei der Behörde eingegangen ist. Da der Kläger den Antrag bei der Familienkasse erst im Januar 1997 stellte, muß nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut dem Begehren des Klägers der Erfolg versagt bleiben. Zwar mag der Kläger sich aus seiner Sicht vernünftig verhalten haben, als er den Zeitpunkt abwartete, zu dem feststand, ob die Einkünfte seines Sohnes den Grenzbetrag von 12.000 DM (§§ 63 Abs. 1 Satz 2, 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) erreichten. Nach der Gesetzeslage mußte er aber eine Prognose treffen, wobei ihm zugemutet wurde, aufgrund eines bereits zu Beginn des Jahres 1996 gestellten Antrags geleistetes Kindergeld wieder zurückzahlen zu müssen, falls sich die Prognose nachträglich als unzutreffend herausstellen sollte.
Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte auf diese insoweit eindeutige Gesetzeslage in einem Merkblatt hinwies oder hätte hinweisen müssen. Es gibt keinen Rechtssatz dahingehend, daß gesetzlich nicht gegebene oder erloschene Ansprüche wegen nicht ausreichender behördlicher Information gleichwohl bejaht werden müssen. Hinzu kommt, daß in § 66 Abs. 3 EStG lediglich die bereits seit langem bestehende Regelung des § 9 Abs. 2 BKGG a.F. unverändert übernommen worden ist. Insoweit hat der Gesetzgeber keine Neuregelung geschaffen.
Daß im Gesetzgebungsverfahren beabsichtigt ist, ab 199...